Warum karzinogene Stoffe das Risiko für Krebs erhöhen
Aus Beobachtungsstudien und Laboruntersuchungen weiß man, dass bestimmte Substanzen und Umweltgifte das Risiko für Krebs erhöhen. Wie dieser Prozess abläuft, ist im Detail noch nicht ausreichend verstanden. Ein englisches Forschungsteam konnte nun bei einem häufig vorkommenden Schadstoff nachvollziehen, wie die krebserregende Wirkung zustande kommt.
Forschende der University of Birmingham entschlüsselten, warum der Umweltschadstoff Benzopyren (BPDE), der beispielsweise in Abgasen sowie in gegrilltem Fleisch und Fisch vorkommt, krebserregend wirkt. Die Arbeitsgruppe zeigte, dass BPDE direkt die DNA-Sequenz stört, wodurch krebserregende Mutationen gefördert werden. Die Forschungsergebnisse wurden in dem renommierten Fachjournal „Nature Communications“ vorgestellt.
Benzopyren gehört zu den häufigsten Umweltschadstoffen
Jeder Mensch kommt über Umweltschadstoffe oder Strahlung in Kontakt mit geringen Mengen von krebserregenden Substanzen. Eine der am weitesten verbreiteten karzinogenen Schadstoffe ist Benzopyren. Diese Chemikalie ist im Rauch von Holzöfen oder in Abgasen von Fahrzeugen und Fabriken enthalten, entsteht aber auch beim Verbrennen von Holzkohle – beispielsweise beim Grillen. Das BPDE krebserregend wirkt, ist zwar schon lange bekannt, erst jetzt fanden Forschende jedoch heraus, warum das so ist.
Wirkung von Umweltgiften besser vorhersagen
„Unsere Studie hat neue Erkenntnisse über die Auswirkungen der Benzopyren-Exposition in Zellen ergeben, was für das Verständnis der Umweltursachen von Krebs und der Krebsentwicklung im Allgemeinen wichtig ist“, betont die korrespondierende Studienautorin Dr. Eva Petermann vom Institut für Krebs- und Genomikwissenschaften der Universität Birmingham. Das Verständnis solcher Mechanismen könne dazu beitragen, negative Auswirkungen der Umweltverschmutzung besser vorherzusagen und zu erkennen.
Fehler werden kopiert
Bekannt war bereits, dass BPDE während der DNA-Synthese Mutationen verursachen kann, weil es einen Prozess namens Transläsionssynthese aktiviert – eine Art Notfallmechanismus, bei dem die DNA-Synthese trotz des Vorhandenseins nicht reparierter Schäden fortgesetzt wird, wodurch Fehler kopiert werden und so das Risiko für Mutationen steigt.
Das Reparaturprogramm der DNA
Fehler in der DNA werden gewöhnlich durch einen Prozess namens homologe Rekombination (HR) repariert. Dabei kopieren HR-Proteine unbeschädigte Teile des Genoms und tauschen diese in der beschädigten DNA aus. Die aktuelle Studie zeigt erstmals, dass Benzopyren auch auf diesen Prozess einzuwirken scheint und mithilfe eines Proteins namens PrimPol einen ungewöhnlichen HR-Prozess anstößt, aus dem letztendlich vermehrte Mutationen resultieren, die wiederum die Grundlage zur Krebsbildung darstellen.
Nicht jeder Mensch scheint gleichermaßen anfällig zu sein
Das PrimPol-Protein wird beim Menschen über das PRIMPOL-Gen kodiert. Die Forschungsergebnisse legen nahe, dass Personen mit bestimmten PRIMPOL-Varianten empfindlicher auf die Expostition von Karzinogenen reagieren und so anfälliger für Krebs durch Umweltgifte sein könnten. (vb)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- University of Birmingham: New study could help to better predict which individuals are more susceptible to cancer-causing agents in the environment (veröffentlicht: 17.11.2020), birmingham.ac.uk
- Ann Liza Piberger, Akhil Bowry, Richard D. W. Kelly, et al.: PrimPol-dependent single-stranded gap formation mediates homologous recombination at bulky DNA adducts; in: Nature Communications, 2020, nature.com
Wichtiger Hinweis:
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