Welche Rolle spielt die Aktivität für den BMI?
Manche Menschen haben von Natur aus einen sehr niedrigen BMI. Lange wurde angenommen, dass sie körplich aktiver sind. In Wirklichkeit essen sie offenbar einfach weniger und weisen einen höheren Ruhestoffwechsel auf.
In einer neuen Studie unter Beteiligung von Fachleuten der University of Aberdeen wurden Menschen mit einem sehr niedrigen BMI untersucht. So wollte man herausfinden, warum diese Personen so schlank sind und welche Rolle die Nahrungsaufnahme, der Stoffwechsel und das Aktivitätsniveau dabei spielen. Die Ergebnisse wurden in dem Fachjournal „Cell Metabolism“ veröffentlicht.
Teilnehmende musste Fragebögen beantworten
Für die Studie wurden insgesamt 173 Personen mit einem normalen BMI (zwischen 21,5 und 25) und 150 Menschen mit einem BMI unter 18,5 rekrutiert. Mit der Hilfe von Fragebögen wurden dabei Personen mit Essstörungen, sich absichtlich beim Essen zurückhaltende Menschen und mit HIV infizierte Personen ausgeschlossen.
Zusätzlich wurden Menschen ausgeschlossen, welche innerhalb der letzten sechs Monaten an Gewicht abgenommen hatten, weil dieser Gewichtsverlust eventuell auf eine Krankheit zurückzuführen sein könnte. Als letzte Gruppe wurden Menschen ausgeschlossen, welche Medikamente einnahmen.
Die Teilnehmenden standen für einen Zeitraum von zwei Wochen unter medizinischer Beobachtung. Dabei wurde die Nahrungsaufnahme mit einer isotopenbasierten Technik gemessen, berichten die Forschenden. Die körperliche Aktivität der Teilnehmenden wurde mit einem auf Beschleunigungsmessung basierenden Bewegungsmelder gemessen.
Menschen mit sehr niedrigem BMI deutlich weniger aktiv
Bisher wurde von Fachleuten häufig angenommen, dass Personen mit einem sehr niedrigen BMI körperlich aktiver sind, als Menschen mit einem normalen BMI. Die Ergebnisse der neuen Studie zeigen jedoch, dass Menschen mit einem extrem niedrigem BMI deutlich weniger aktiv sind, verglichen mit Personen mit einem normalen BMI, so das Team.
Die Teilnehmenden mit einem sehr niedrigem BMI zeigten eine um 29 Prozent geringere Aktivität, verglichen mit Menschen mit einem normalen BMI, erläutern die Forschenden.
Zusätzlich stellten die Forschenden fest, dass Menschen mit einem sehr niedrigem BMI weniger Nahrung zu sich nehmen, als dies bei Personen mit einem BMI im Normalbereich der Fall war. So zeigte sich, dass die gesunden untergewichtigen Personen im Vergleich zur Kontrollgruppe mit normalem BMI insgesamt zwölf Prozent weniger Nahrung konsumierten.
Erwartungen wurden nicht bestätigt
„Wir hatten erwartet, dass diese Menschen sehr aktiv sind und einen hohen Aktivitätsstoffwechsel haben, der mit einer hohen Nahrungsaufnahme einhergeht“, erläutert Studienautor Professor John Speakman in einer Pressemitteilung.
„Es hat sich herausgestellt, dass etwas ganz anderes vor sich geht. Sie hatten eine geringere Nahrungsaufnahme und eine geringere Aktivität sowie einen überraschenderweise höher als erwarteten Ruheumsatz, der mit erhöhten Schilddrüsenhormonen zusammenhing“, erklärt der Mediziner weiter.
Die untergewichtigen Teilnehmenden wiesen einen höheren Ruhestoffwechsel auf, einschließlich eines erhöhten Ruheenergieverbrauchs und einer erhöhten Schilddrüsenaktivität, berichten die Forschenden.
Schlanke Teilnehmende mit guter Herzgesundheit
„Obwohl diese sehr schlanken Menschen ein niedriges Aktivitätsniveau aufwiesen, waren ihre Marker für die Herzgesundheit, einschließlich Cholesterin und Blutdruck, sehr gut“, so die Studienautorin Sumei Hu.
„Das deutet darauf hin, dass ein niedriger Körperfettanteil wichtiger als körperliche Aktivität sein kann, wenn es um die nachgelagerten Folgen geht“, fügt die Medizinerin hinzu.
Weitere Forschung zu diesem Thema wird sich mit der Art der Nahrung, dem erlebten Sättigungsgefühl und genetische Unterschieden zwischen normalgewichtigen und gesunden untergewichtigen Personen befassen, berichtet das Team.
Vorläufige Analysen deuten auf sogenannte Einzelnukleotid-Polymorphismen in bestimmten Genen hin, die eine Rolle spielen könnten. Als diese genetischen Veränderungen bei Mäusen repliziert wurden, wiesen die Tiere einige Aspekte des Phänotyps auf, der bei menschlichen Teilnehmenden beobachtet wurde, so die Fachleute.
„Der nächste Schritt besteht darin, mehr über den Phänotyp selbst zu erfahren und die Mechanismen, die ihn hervorrufen, besser zu verstehen“, fügt Professor Speakman hinzu. (as)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Sumei Hu, Xueying Zhang, Marina Stamatiou, Catherine Hambly, Yumeng Huang, et al.: Higher than predicted resting energy expenditure and lower physical activity in healthy underweight Chinese adults; in: Cell Metabolism (veröffentlicht 14.07.2022), Cell Metabolism
- Cell Press: People with low BMI aren’t more active, they are just less hungry and “run hotter” (veröffentlicht 14.07.2022), Cell Press
Wichtiger Hinweis:
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