Forscher finden biologische Ursache: Seufzen, um zu überleben
Stress in der Arbeit oder Sorgen zu Hause: Oft sind es belastende Situationen, die dafür sorgen, dass wir seufzen. Meist hat so ein Seufzer eine befreiende oder erleichternde Wirkung.Gibt es aber noch mehr Gründe dafür?
Seufzer wegen Kummer und Problemen
Viel zu viel Arbeit, Sorgen wegen der Familie, Ärger in der Beziehung: In den meisten Fällen sind es Kummer und Probleme, die dafür sorgen, dass wir immer wieder mal laut aufseufzen. Die Lungenflügel werden dabei voll Luft gesaugt, die dann schnell und geräuschvoll ausgeatmet wird. Schon seit längerem beschäftigen sich auch Wissenschaftler damit, warum wir das eigentlich tun. Manche meinen, es könnte damit zu tun haben, dass Menschen mit einem Seufzer versuchen, Mitmenschen unbewusst zu zeigen, dass sie Hilfe benötigen. Es könnte aber auch einfach nur von innerer Anspannung befreien. US-amerikanische Forscher haben nun einen biologischen Grund fürs Seufzen ausgemacht.
Für unsere Lungenfunktion von großer Bedeutung
Wie die Wissenschaftler der University of California (UCLA) und der Stanford University im Fachjournal „Nature“ berichten, ist das unwillkürliche Seufzen für unsere Lungenfunktion enorm wichtig. Durch das tiefe Atmen blasen sich nämlich zuvor zusammengefallene Lungenbläschen wieder auf. Dies ist lebensnotwendig, denn „wenn sie kollabieren, dann stören sie die Fähigkeit der Lunge, Sauerstoff und Kohlendioxid auszutauschen“, erklärte Jack Feldman, Neurowissenschaftler der UCLA in einer Mitteilung seiner Hochschule. Das Seufzen, das doppelt so viel Luftvolumen in die Lunge bringt wie ein normaler Atemzug, sei der einzige Weg, sie wieder aufzublasen. „Wenn Sie nicht seufzen, kann ihre Lunge im Laufe der Zeit nicht mehr atmen“, so Feldman. „Eines der wichtigsten Ziele in der Neurowissenschaft ist es, herauszufinden, wie das Gehirn Verhalten steuert. Unsere Erkenntnisse geben uns Einblicke in die Mechanismen, denen wesentlich komplexere Verhaltensweisen zugrunde liegen könnten“, erläuterte der Forscher.
Atemzentrum kontrolliert Art der Atemzüge
Auch der Biochemiker Mark Krasnow vom Howard Hughes Medical Institute hob in der Mitteilung die Bedeutung ihrer Arbeit hervor. „Im Gegensatz zu einem Schrittmacher, die nur regelt, wie schnell wir atmen, kontrolliert das Atemzentrum im Gehirn auch, welche Art von Atemzug wir nehmen“, so Krasnow. Seien es regelmäßige Züge, Seufzer oder auch Gähnen, Schnüffeln oder Husten. Aus normalen Atemzügen werden so tiefe. Den Angaben zufolge funktioniert dieses System auch bei Mäusen.
Nicht alle seufzen gleich
Interessant ist auch eine ältere Untersuchung, die eine Idee dafür liefert, warum wir bei Kummer oder auch aus Erleichterung heraus seufzen. Psychologen rund um Disa A. Sauter vom Max-Planck-Institute für Psycholinguistik in den Niederlanden verglichen dafür die Laute, die beispielsweise Briten bei Zorn, Ärger, Trauer, aber auch Freude oder Erheiterung ausstoßen mit denen eines Naturvolks in Namibia. Wie sie in den „Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America“ (PNAS) berichteten, zeigte sich, dass sich die Probanden beider Volksgruppen zwar auch ohne Worte in dieser Sache gut verstanden, es jedoch Unsicherheiten beim Seufzen gab. Die Menschen aus dem Naturvolk konnten demnach vor allem das Seufzen, das britische Probanden als Zeichen von Erleichterung von sich gaben, nur schwer identifizieren. Die Wissenschaftler nehmen an, dass positive Erfahrungen in der Evolutionsgeschichte meist nur mit Mitgliedern der eigenen Gruppe geteilt wurden und deshalb auch innerhalb dieser Gruppe besser verstanden werden.
Seufzen hilft Babys einen regelmäßigen Atemrhythmus zu entwickeln
Bei Babys hilft Seufzen einen regelmäßigen Atemrhythmus zu entwickeln. Das hat ein internationales Forscherteam um David Baldwin vom Universitätsspital in Bern herausgefunden. In der Fachzeitschrift „Journal of Applied Physiology“ berichteten sie über ihre Ergebnisse. Die ungewöhnlich tiefen Atemzüge dienen demnach dem Atemkontrollzentrum im Gehirn als eine Art Reset-Schalter, der den Rhythmus unterbricht, wenn die Atemzüge zu langsam und gleichförmig werden. Auf diese Weise entsteht auf Dauer ein stabiler Atemrhythmus, der aber variabel genug ist, um kurzfristig auf Veränderungen im Sauerstoffbedarf reagieren zu können. (ad)
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