Zusammenhang zwischen Bildungsniveau, Intelligenz und Kurzsichtigkeit überprüft
Brillenträger vermitteln bei vielen Menschen einen klugen Eindruck. Ist das ein Mythos oder gibt es tatsächlich einen Zusammenhang zwischen dem Tragen einer Brille und kognitiver Intelligenz? Dieser Frage ist ein Forscherteam der Universitätsmedizin Mainz nachgegangen. Sie wiesen nach, dass tatsächlich ein Kontext besteht – allerdings ein indirekter.
Die Intelligenz an sich hat keinen Einfluss hat auf die Entwicklung einer Kurzsichtigkeit. Doch je höher das Bildungsniveau, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, auf eine Brille angewiesen zu sein. Zu diesem Ergebnis kommt das Forscherteam der Universitätsmedizin Mainz im Rahmen der „Myopia and Cognitive Performance: Results From the Gutenberg Health Study“. Veröffentlicht wurden die Studienergebnisse in dem Fachmagazin „Investigative Ophthalmology & Visual Science“.
Myopie die häufigste Augenkrankheit
Kurzsichtigkeit ist mit Abstand die häufigste Augenerkrankung, wobei starke Kurzsichtigkeit auch eine der Hauptursachen von Sehbehinderungen bildet, berichtet die Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU). Zudem sei die Myopie „eng verbunden mit einem erhöhten Risiko, Folgeerkrankungen wie Netzhautablösung, Makuladegeneration, vorzeitigem Grauen Star und Glaukom zu erleiden.“ Das Wissen um die Ursachen der Erkrankung spiele eine zentrale Rolle für die frühzeitige Diagnose und somit ebenfalls für die Behandlung. Denn im Frühstadium lasse sich die Kurzsichtigkeit gut therapieren, wenn auch nicht heilen.
Sind Kurzsichtige nicht nur gebildeter, sondern auch intelligenter?
Laut Professor Dr. Norbert Pfeiffer, Direktor der Augenklinik und Poliklinik der Universitätsmedizin Mainz, war aus früheren Studien bereits bekannt, „dass ein hohes Bildungsniveau häufig mit der Entwicklung einer Kurzsichtigkeit einhergeht.“
In der aktuellen Studie unter gemeinsamer Leitung von Prof. Pfeiffer, Professor Dr. Alireza Mirshahi, Direktor der Bonner Augenklinik Dardenne, und Professor Dr. Josef Unterrainer, Leiter der Medizinischen Psychologie und Medizinischen Soziologie der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, haben die Wissenschaftler nun untersucht, ob nicht nur das Bildungsniveau sondern auch die Intelligenz Auswirkungen auf die Entwicklung einer Kurzsichtigkeit hat.
Für ihre Untersuchung nutzten die Forscher die Daten aus der Gutenberg-Gesundheitsstudie der Universitätsmedizin Mainz. Diese ist eine der weltweit größten Studien im Bereich bevölkerungsbasierter Forschung, so die Mitteilung der JGU. In der Subkohorte wurden die Daten von rund 4.000 Personen im Alter zwischen 40 und 79 Jahren untersucht. Die kognitiven Fähigkeiten wurden anhand des sogenannten Turm von London (TOL)-Tests bewertet, der in 20 Minuten die Fähigkeit logisch zu denken, zu planen und Probleme zu lösen misst. Außerdem kontrollierten die Forscher die Sehkraft der Probanden, wobei nach Studiendefinition ab einer Stärke von kleiner/gleich minus 0,5 Dioptrien eine Kurzsichtigkeit vorlag.
Scheinbarer Zusammenhang zwischen Kurzsichtigkeit und Intelligenz
In den Tests erzielten die „Teilnehmer mit einer Myopie als durchschnittliches Ergebnis einen Wert von 14“, während „die Vergleichsgruppe der Nichtkurzsichtigen einen Wert von nur 12,9“ erreichte, so die Mitteilung der JGU. Darüber hinaus habe sich gezeigt, dass mit steigendem Dioptrie-Wert auch das Ergebnis in dem TOL-Test besser wurde. „So erreichten die stark kurzsichtigen Teilnehmer mit mehr als sechs Dioptrien einen Durchschnittswert von 14,6“, berichtet die JGU. Zunächst schien demnach ein klarer Zusammenhang zwischen der Intelligenz und der Kurzsichtigkeit gegeben.
Bildungsdauer der entscheidende Einflussfaktor
„Für sich alleine betrachtet, hängt die kognitive Leistungsfähigkeit, und damit die Intelligenz, mit dem Auftreten der Kurzsichtigkeit zusammen“; berichten die Wissenschaftler. Dieser scheinbare Zusammenhang zwischen Kurzsichtigkeit und besserem Abschneiden im TOL-Test habe sich jedoch aufgelöst, wenn der Einfluss der Anzahl an Bildungsjahren berücksichtigt wurde.
Die Forscher stellten fest, dass die Anzahl der Bildungsjahre in einem direkteren und stärkeren Zusammenhang mit einer Kurzsichtigkeit steht als die kognitive Leistungsfähigkeit. Die Intelligenz sei nur durch den Einfluss des Bildungsgrades mit einer Myopie verbunden. „Das Bildungsniveau eines Menschen und nicht seine Intelligenz ist in erster Linie entscheidend für die Entwicklung einer Kurzsichtigkeit“, berichten die Wissenschaftler. Bei zwei gleichermaßen intelligenten Menschen werde also derjenige wahrscheinlicher kurzsichtig und stärker fehlsichtig, der länger zur Schule geht und der den höheren Schulabschluss hat.
Professor Pfeiffer kommt zu dem Schluss, dass durch die aktuelle Studie die Bedeutung der Bildung im Zusammenhang mit einer Myopie weiter hervorgehoben werde. Nun ist zu klären, wie dieser Zusammenhang entsteht. In kommenden Untersuchungen sei daher zum Beispiel zu untersuchen, welchen Einfluss das Arbeiten am Bildschirm oder die Nutzung von Smartphones haben, so der Studienautor weiter. (sb, fp)
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