Vegane Ernährung für Kinder: Das müssen Eltern beachten
Immer mehr Menschen hierzulande ernähren sich ohne Tierprodukte. Zum einen leben viele aus moralischen und ethischen Gründen vegan, andere aber auch der Gesundheit zuliebe. Experten sind sich jedoch nicht einig, ob man dem Körper durch diese Ernährungsweise wirklich Gutes tut. Vor allem umstritten ist, ob sich auch Kinder vegan ernähren sollten. Eltern müssen hier einiges beachten.
Fleischfreie Ernährung aus gesundheitlichen Gründen
Vegane und vegetarische Ernährung in Deutschland wird immer populärer. Die Lebensmittelbranche kann bei fleischlosen Produkten beeindruckende Wachstumszahlen vorweisen, Und auch künftig erwarten Experten dabei einen wahren Boom. Aus gesundheitlichen Gründen sprechen viele Gründe für eine fleischfreie Ernährungsweise. So kamen verschiedene wissenschaftliche Studien zu dem Ergebnis, dass dadurch das Risiko von Diabetes, Krebs, Bluthochdruck, Herzinfarkt, Schlaganfall sowie anderen Herz-Kreislauf-Erkrankungen gesenkt werden kann. Zudem haben viele Vegetarier beziehungsweise Veganer bessere Blutdruckwerte und sind seltener von Übergewicht oder Adipositas betroffen. Unter Experten bleibt aber umstritten, ob vegane Ernährung gut oder schlecht ist. Vor allem wenn es dabei um Kinder geht.
Keine eindeutigen Ernährungsempfehlungen für Kinder und Jugendliche
Viele Veganer in Deutschland kennen das Problem, dass eindeutige Ernährungsempfehlungen für Kinder und Jugendliche fehlen. Eine Onlinepetition veganer Eltern forderte die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) vor kurzem auf, ihre Richtlinien zu überarbeiten und die rein pflanzliche Kost aufzunehmen. Antje Gahl, Sprecherin der DGE, erklärte, dass man den gesteigerten Bedarf an Informationen sehe. „Doch bisher fehlen uns wirklich aussagekräftige Studien zur Ableitung von konkreten Empfehlungen.“ Sie räumte ein, dass eine vegane Ernährung für Kinder bei einem vielseitigen Speiseplan durchaus möglich sei. „Doch eine generelle Empfehlung können wir derzeit aus Vorsichtsgründen nicht aussprechen.“
Kinder haben spezielle Erfordernisse
Die wissenschaftlich ausgearbeitete vegane Ernährungspyramide des Deutschen Vegetarierbundes (Vebu) liefert einen Überblick über vegane Kost. Diese ist jedoch für den Bedarf von Erwachsenen ausgelegt. Deswegen bietet der Vebu jetzt zusätzlich einen ersten Überblick über bisherige Ernährungsempfehlungen für Kinder und Jugendliche an. Torsten Spranger, Pressesprecher im Bremer Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte, will nun auf Bundesebene anregen, Empfehlungen für die Ernährung von Kindern und Jugendlichen zusammenzustellen. „Kinder sind schließlich keine kleinen Erwachsenen und haben besonders in den Wachstumsphasen ganz spezielle Erfordernisse für Kalorienbedarf und Nährstoffversorgung.“ Der Leiter der Abteilung Stoffwechsel und Ernährung im Dr. von Haunerschen Kinderspital der Universität München, Berthold Koletzko, nannte Schwachpunkte: „Kleine Kinder können die vielen Ballaststoffe in der Pflanzenkost noch nicht so gut verwerten, das faserreiche Gemüse landet häufig fast unverdaut wieder in der Windel.“ Dies ist ein Grund, warum sich viele Experten gegen eine vegane Ernährung für Kleinkinder aussprechen.
Ausgewogener und bunter Speiseplan erforderlich
Bei Kindern sei es ohnehin schon schwer, genau einzuschätzen, ob sie genügend essen, um erforderliche Nährstoffe und Kalorien für Wachstum und Entwicklung aufzunehmen. Bei vegan lebenden Kindern werde dies noch komplizierter: „Einige Nährstoffe, wie zum Beispiel Eisen oder Zink, sind aus pflanzlichen Quellen für den Körper nicht so gut verwertbar wie aus tierischen Produkten“, erläuterte Professor Andreas Hahn, Leiter des Instituts für Lebensmittelwissenschaft und Humanernährung der Leibniz Universität Hannover. „Wir haben in Studien festgestellt, dass selbst eine hohe Aufnahme von pflanzlichem Eisen vielfach nicht ausreicht, um Mangelerscheinungen zu vermeiden. Mit einer reinen Pflanzenkost fällt es schwer, die Nährstoffversorgung sicherzustellen.“ Hahn meinte: „Allenfalls mit einem profunden Ernährungswissen ist es möglich, Kinder auf veganem Weg gesund zu ernähren.“ Erforderlich sei ein sehr ausgewogener und bunter Speiseplan, der nicht nur Obst und Gemüse, sondern auch Nüsse, Samen, viel Getreide und Supplemente enthält. Ohne gezielte Nährstoffergänzung gehe es seiner Meinung nach nicht.
B12-Mangel bei Kindern kann schnell zu irreparablen Schäden führen
Veganer sollten unbedingt einem Vitamin-B12-Mangel vorbeugen. Das Vitamin kommt fast nur in tierischen Produkten vor. Grundsätzlich wichtig, ist es zu wissen, welche Lebensmittel die meisten Nährstoffe enthalten. Bei Erwachsenen können die B12-Speicher zwar viele Jahre halten, doch bei Kindern kann ein Mangel schon in kurzer Zeit zu neurologischen Schäden und Blutarmut führen. „Bis Eltern das bei ihrem Kind bemerken, können schon irreparable Schäden entstanden sein“, erklärte Koletzko. In seiner Münchner Klinik hat er bereits einige Kinder mit B12-Mangel betreut. Trotzdem hat er für die ethischen Motive vegan lebender Eltern hohen Respekt: „Eine pflanzlich basierte Kost hat zudem auch viele gesundheitliche Vorteile.“ Allerdings muss sie bei Kindern gut geplant und begleitet sein. Der Experte empfiehlt Eltern, mit dem betreuenden Kinderarzt offen über die vegane Ernährung zu sprechen sowie alle vorgeschriebenen Untersuchungen wahrzunehmen. Des Weiteren rät Koletzko aufgrund des erhöhten Nährstoffbedarfs zur Gabe eines Multinährstoffpräparats mindestens bis zum Schuleintritt: „Dieses sollte neben dem obligatorischen Vitamin B12 auch Eisen, Zink und Jod und möglichst auch Vitamin D enthalten.“ (ad)
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Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.