Traditionelle Tibetische Medizinischen als alternative Heilmethode
15.10.2014
Nachdem die Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) mittlerweile auch hierzulande in vielen Bereichen des Gesundheitswesens Einzug gehalten hat und einzelne Praktiken wie beispielsweise die Akupunktur heute in der modernen Medizin durchaus eine wesentliche Rolle spielen, entdeckt die Medizin derzeit Verfahren der Traditionellen Tibetische Medizin (TTM) neu. Zwar bleiben die theoretischen Grundlagen der TTM in vielen Bereichen durchaus umstritten, doch insbesondere der ganzheitliche Ansatz findet auch bei vielen Ärzten Unterstützung.
„Die TTM ist rund 3000 Jahre alt und hat gemeinsame Ansätze mit der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) sowie dem indischen Ayurveda“, zitiert die Nachrichtenagentur „dpa“ die erste Vorsitzende der Akademie für Traditionelle Tibetische Medizin in Heidelberg, Anna Grütte. Entgegen der verbreiteten Annahme sei die „TTM kein spirituelles, sondern ein medizinisches System, das man in Tibet an Universitäten studiert.“ Die Basis bilde die Konstitutionslehre mit den körperlichen Grundeigenschaften, den sogenannten Doshas (Wind, Galle und Schleim). Geraten die Doshas aus dem Gleichgewicht, sind entsprechende Erkrankungen die Folge. Hier spielt in der TTM auch die geistige Grundhaltung eine wesentliche Rolle, da durch sogenannte Geistesgifte ein Ungleichgewicht der Doshas begünstigt wird.
Schleim-, Wind- und Galletypen
Zu den verschiedenen Konstitutionstypen in der Traditionelle Tibetischen Medizin erläutertet der Allgemeinmediziner und TTM-Anwender Frank Ludwig aus Berlin gegenüber der „dpa“, dass sich grob drei Konstitutionstypen unterscheiden lassen. Der Schleimtyp, welcher zu Übergewicht neige und dabei eher ruhig und etwas langsamer sei. Der Windtyp mit schlanker Figur sowie sehr aufmerksamem, kreativem, aber auch nervösem und unruhigen Gemüt. Und der Galletyp, welcher einen athletischen Körperbau habe und vom Gemüt eher angespannt aber auch zielorientiert ist. Bei der Geburt verfügt nach Annahmen der TTM jeder Mensch über ein individuelles Gleichgewicht der drei Doshas, dass seinen Typ bestimmt. Störungen des individuellen Dosha-Gleichgewichts sind Ursache für Erkrankungen. Eine ganzheitliche Betrachtung der Patienten ist dabei unerlässlich, da nur so die Ursachen für die Störungen des Gleichgewichts der Körperenergien ermittelt werden können. Es werde also nicht nur ein Symptom wie Hustenbehandelt, sondern der Mensch als Ganzes gesehen, berichtet die „dpa“ unter Berufung auf die Vorsitzende der TTM-Akademie in Heidelberg.
Gleichgewicht der Körperenergien entscheidend
Störungen des Dosha-Gleichgewichts können gemäß der TTM zum Beispiel durch einen ungesunden Lebenswandel mit viel Stressoder einer Ernährung, die nicht dem eigenen Typ entspricht, hervorgerufen werden, berichtet Grütte. Um die Ursachen für das gestörte Gleichgewicht der Körperenergien zu ermitteln, werde in der TTM eine ausführliches Gespräch mit den Patienten gesucht, um dessen Gewohnheiten, Lebensumständen, Ernährung und andere Einflussgrößen zu ermitteln. Das Verhalten der Patienten beziehungsweise deren Gemüt lasse dabei auch Rückschlüsse auf den jeweiligen Konstitutionstyp und die Störungen der Dosha-Gleichgewichts zu, so die Vorsitzende der TTM-Akademie. Der Allgemeinmediziner Ludwig erläuterte zur Vorgehensweise in der TTM, dass zum Beispiel bei einer schlanken, sehr angespannt wirkenden Patientin, die nicht gut schlafen kann, sich kraftlos fühlt und unter Angstzuständen leidet, aber gleichzeitig fünfmal die Woche Sport treibt, Zucker meidet, beruflich erfolgreich und ehrgeizig ist, von einem Windtyp auszugehen sei.
Ausführliche Anamnese und Pulsdiagnose
Nachdem die Lebensumständen der Patientin geklärt sind, werde mit Hilfe der sogenannten Pulsdiagnose der Energiefluss im Körper auf mögliche Störungen überprüft, berichtet die „dpa“. Hierfür lege der Therapeut drei Finger an bestimmte Stellen des linken und des rechten Armes auf, um den Puls zu ertasten, wobei mit den Fingern mal stärkerer, mal schwächerer Druck ausgeübt werde. „Es braucht Jahre, um den Puls differenzieren zu können und sehr viel Erfahrung, um ihn lesen zu können“, zitiert die Nachrichtenagentur den Mediziner. Geübten Therapeuten gebe die Pulsdiagnose jedoch Aufschluss über den Zustand aller Organe. Im Fall der genannten Beispielpatientin habe die Lebensweise zu einer unverhältnismäßigen Gewichtung des Doshas Wind geführt, wodurch die Frau überlastet sei und auf Dauer ihre Kraft verliere. Daher werde der Therapeut sie ermutigen, nicht so streng zu leben, berichtet die „dpa“ unter Berufung auf Berliner Arzt. Dies beziehe sich auch auf die Ernährung. Statt des Zuckerverzichts solle sich die Patientin gelegentlich etwas Schokolade gönnen. „Wir schreiben keine Diät vor, sondern prüfen, was zu dem Patienten passt“, so die Vorsitzende der TTM-Akademie in Heidelberg gegenüber der „dpa“. Voraussetzung für eine erfolgreiche Behandlung sei jedoch die Bereitschaft der Patienten, ihren Lebenswandel und ihre Ernährung umzustellen.
Zweifel an der Wirksamkeit der Traditionellen Tibetischen Medizin
In dem Beitrag der Nachrichtenagentur „dpa“ kommen allerdings auch kritische Stimmen zu Wort, die eine Wirkung der TTM verneinen. „Es wird argumentiert, dass solche Verfahren schon seit Jahrhunderten funktionieren“, doch „es gibt nicht einen wissenschaftlichen Beweis dafür, nur Behauptungen“, zitiert die Nachrichtenagentur den Direktor des Deutschen Cochrane Zentrums in Freiburg, Professor Gerd Antes. Das Cochrane Zentrum ist Teil eines internationalen Netzwerks von Wissenschaftlern und Ärzten, das sich den Grundsätzen der evidenzbasierten Medizin verschrieben hat. Mangels wissenschaftlicher Studien zur Wirkung der TTM liegen hier bislang allerdings keine evidenzbasierten Ergebnisse vor. So sind die Zweifel an der Wirksamkeit der Verfahren durchaus nachvollziehbar, auch wenn Prof. Antes in seinen Äußerungen ebenfalls mit nicht belegbaren Zahlen argumentiert. „Es hat bei zwei Menschen geklappt und 98 Mal bleibt die Behandlung ohne Wirkung, aber das wird nicht bekannt“, zitiert die „dpa“ den Mediziner. Das bei einigen Menschen einzelne Therapieansätze helfen können, bestreitet jedoch auch Antes nicht. (fp)
Bild: Rainer Sturm / pixelio.de
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