Abschiedsschmerz: Was bei Kindern gegen Tränen im Kindergarten hilft
Wenn Kinder im Kindergarten in Tränen ausbrechen, nachdem sich ihre Eltern von ihnen verabschiedet haben, ist das meist kein Grund zur Besorgnis, wie Diplom-Psychologe Bodo Reuser im Gespräch mit der Nachrichtenagentur „dpa“ erläutert. „Übergänge sind immer etwas, das Kindern mehr oder weniger stark zu schaffen macht”, so der Experte. Leidet das Kind jedoch sehr unter der Trennung von den Eltern, sollten diese behutsam nachfragen, warum ihr Kind so ungern allein im Kindergarten bleibt. Hilfe und Unterstützung finden sie bei Erziehern und Beratungsstellen.
Tränenreiche Abschiede im Kindergarten sind meist nur eine Phase, die mehrere Tage bis Wochen dauern kann
Die kleine Mira weint bitterlich, als sich ihre Mutter Sabine von ihr verabschiedet. Das dreijährige Mädchen geht seit zwei Wochen in den Kindergarten. Der Abschiedsschmerz macht ihr sehr zu schaffen. Sabine hat ein schlechtes Gewissen, weil sie Mira trotzdem dort lässt. „Bitte bleib hier Mama, geh nicht weg“, wiederholt das Kind mehrmals. Dabei kullern ihr dicke Tränen über die Wangen.
Reuser, der die Psychologische Beratungsstelle für Erziehungsfragen der Evangelischen Kirche in Mannheim leitet, kennt Situationen wie diese aus seiner täglichen Arbeit. Er rät Eltern dazu, sich Zeit für die Eingewöhnung ihrer Kinder im Kindergarten zu nehmen. Zu Beginn sollten sie dort bleiben. „Diese Phase dauert in der Regel mehrere Tage bis Wochen”, erläutert der Psychologe.
Auch Sabine ist zu Beginn bei Mira im Kindergarten geblieben. Die Probleme fingen erst an, als das Mädchen alleine dort bleiben sollte. Schon abends erklärte sie ihrer Mutter, dass sie nicht mehr dorthin gehen will. Reuser zufolge sind die Tränen beim Abschied häufig nur eine Momentaufnahme. „Das Kind hat in dem Augenblick vielleicht ein Gefühl von Unsicherheit oder sich auch darin verbissen: ‘Ich will jetzt nicht hier sein’.” Eltern sollten ihr Kind aber deshalb nicht mit nach Hause nehmen. Vielmehr gehe es darum, ihm zu signalisieren: „Wir schaffen das!“
Eltern sollten behutsam nachfragen, warum das Kind nicht mehr in den Kindergarten gehen will
Auch bei Kindern, die schon länger in den Kindergarten gehen, kann Abschiedsschmerz auftreten. Meist stecken dem Psychologen zufolge aber keine gravierenden Probleme dahinter. Häufig sind es „ganz normale Alltagsgeschichten”, wie ein Streit mit den Freunden. Eltern sollten einfühlsam nachfragen und gemeinsam mit dem Kind nach einer Lösung suchen. „Die meisten Eltern haben ein sehr gutes Bauchgefühl, ob etwas nicht stimmt oder das Kind schlicht keine Lust hat in den Kindergarten zu gehen”, erklärt Sabine Lente von der Fachberatung für evangelische Tageseinrichtungen für Kinder in Bonn im Gespräch mit der Nachrichtenagentur. „Fiel der Abschied schwer, sollte das Kind spätestens eine halbe Stunde später wieder getröstet sein.“
Lässt sich das Kind nicht beruhigen oder wirkt es längere Zeit bedrückt, ist es ratsam, mit den Erziehern darüber sprechen. So kann beispielsweise geklärt werden, ob es häufig Streit mit bestimmten Kindern gibt oder andere Auffälligkeiten im Verhalten bestehen. Gemeinsam mit den Erziehern könne dann an einer Lösung gearbeitet werden, erläutert Reuser. „Wenn ich im Gespräch das Gefühl habe, dass die Erzieherin die Situation deutlich anders wahrnimmt als ich, gibt es auch die Möglichkeit, in einer Beratungsstelle eine Einschätzung und Lösungsansätze zu erfragen.“
Für diese Möglichkeit hat sich auch Sabine entschieden und eine Lösung gefunden: Nachdem sich eine der Erzieherin vier Wochen lang morgens gezielt mit dem Kind beschäftigt und es an die Hand genommen hat, besserte sich Miras Abschiedsschmerz. Mittlerweile geht sie gerne Kindergarten. (ag)
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