Stresshormone lösen zahlreiche Reaktionen im Organismus aus
Wissenschaftler am Berliner Max-Planck-Institut für molekulare Genetik (MPIMG) untersuchen die Reaktionen im Körper, die bei der Freisetzung von Stresshormonen ausgelöst werden. Zu den typischen Stressreaktionen gehören eine erhöhte Herzfrequenz, beschleunigter Atem und steigender Blutdruck. Die Forscher berichten, wie Stresshormone in den Blutkreislauf ausgeschüttet und zu den verschiedenen Gewebe- und Zelltypen im Körpers transportiert werden. Letztendlich ist der gesamte Körper diesen Hormonen ausgeliefert.
Obwohl der gesamte Organismus mit den gleichen Stresshormonen konfrontiert wird, reagieren Zellen mit unterschiedlichen physiologischen Maßnahmen. Fettzellen mobilisieren beispielsweise Energiereserven und Zellen des Immunsystems fahren ihre Aktivität herunter. Warum die Zellen so unterschiedlich auf Stress reagieren, war bisher weitgehend unklar. Sebastiaan Meijsing und sein Team haben in ihren Forschungsarbeiten nun einen sogenannten Enhancer entdeckt, der eine Regulationsfunktion hat und die Aktivität von Genen beeinflussen kann.
Wie reagieren die Zellen auf Stresssignale?
Das MPIMG-Forscherteam untersuchte insbesondere die sogenannten Enhancer. Das sind bestimmte Regionen im Genom, die eine Regulationsfunktion haben und die Aktivität von Genen beeinflussen können. Die Wissenschaftler entdeckten dabei, dass ein einzelner Enhancer in verschiedenen Zelltypen unterschiedliche Stressreaktionen regulieren kann.
Dieselben Enhancer können unterschiedliche Reaktionen hervorrufen
Um die Funktion der Enhancer genauer zu untersuchen, entfernte das Forscherteam die Enhancer aus dem Genom von Lungenzellen. Danach überprüften sie, wie sich das Verhalten der Zellen verändert, wenn sie Stresshormonen ausgesetzt werden. Anhand dieser Untersuchungen konnten mehrere Enhancer identifiziert werden, die für die stressbedingten Veränderungen verantwortlich sind. Danach überprüften die Wissenschaftler die Aktivität der selben Enhancer in Knochenzellen und stellten dabei überraschenderweise fest, dass die selben Enhancer unterschiedliche Reaktionen auslösen. So wurde in den Lungenzellen ein DNA-Abschnitt (Transkript) aktiviert, welcher eine große Entfernung zu dem Enhancer aufweist. Dagegen aktivierten die selben Enhancer in Knochenzellen ein Transkript in unmittelbarer Nähe.
Toaster oder Wasserkocher?
Sebastiaan Meijsing probiert in einer Pressemittelung des Berliner Max-Planck-Instituts die Forschungsergebnisse auch für Laien verständlich zu machen: „Stellen sie sich vor, sie hätten nur eine Steckdose, mit der sie entweder ihren Toaster oder ihren Wasserkocher betreiben können“, so Meijsing. Beides würde funktionieren, man müsse sich aber für ein Gerät entscheiden. So ähnlich sei die Situation in diesen zwei Zelltypen. Der untersuchte Enhancer könne entweder den benachbarten oder den weiter entfernt liegenden DNA-Abschnitt aktivieren.
Wie trifft der Enhancer die Entscheidung, welcher Abschnitt aktiviert wird?
„Für die von uns untersuchte Region gibt es Hinweise, dass die Faltung des Genoms in den Knochenzellen eine Wechselwirkung des Enhancers mit der benachbarten DNA-Region ermöglicht“, erklärt Meijsing. Dagegen sei in den Lungenzellen das Genom so gefaltet, dass der Enhancer nur mit dem weiter entfernt liegenden Abschnitt der DNA interagieren könne. Eine solche „Wiederverwendung“ von bereits vorhandenen Enhancern für verschiedene Gene ermögliche dem Organismus, verschiedene Produkte als Reaktion auf Stress zu generieren.
Die dreidimensionalen Faltung des Genoms
Bei der Ausbildung verschiedener Zellarten kommt es zu unterschiedlichen dreidimensionalen Faltungen des Genoms. Diese Unterschiede ermöglichen verschiedene Interaktionsvorgänge zwischen Enhancern und den Genen beziehungsweise den Transkripten. Diese unterschiedliche Nutzung der selben Enhancer in unterschiedlichen Zelltypen kann laut Meijsing zu den vielfältigen physiologischen Stressreaktionen im menschlichen Körper beitragen.
Stress bewältigen
Viele Formen von Stress können die Gesundheit negativ beeinflussen. Gerade Leute, die beruflich oder privat häufigem und anhaltendem Stress ausgesetzt sind, sollten einen entsprechenden Umgang mit diesem lernen. Hierfür stehen verschiedene Übungen und Maßnahmen zum Stressabbau zur Verfügung. Bewährte Entspannungsverfahren sind zum Beispiel:
- Autogenes Training,
- Progressive Muskelrelaxation,
- Yoga,
- und Meditation.
(vb)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.