Was tun, wenn verschluckte Dinge im Hals stecken bleiben?
Dass Kinder Gegenstände in den Mund nehmen und unabsichtlich verschlucken ist wahrlich keine Seltenheit. Doch auch Erwachsenen passiert das – und zwar öfter als oft gedacht. Ärzte berichten nicht nur über verschluckte Fischgräten oder Knochen sondern auch über Besteck, Batterien oder gar Gebissteile. Vieles davon kann gefährlich werden.
Wenn etwas unbeabsichtigt im Magen landet
Vieles was man in den Mund nimmt, landet unbeabsichtigt im Magen. Das passiert nicht nur Kindern, sondern auch vielen Erwachsenen. Bei manchen Gegenständen, wie etwa bei verschluckten Magneten, sollte man schnell zum Arzt gehen. Andere Dinge wie Löffel, Käsepieker oder Rasierklinge klingen sogar noch weitaus gefährlicher. Häufig ist dann selbst Medizinern nicht genau klar, was in solchen Fällen zu tun ist: Abwarten, den Gegenstand endoskopisch entfernen oder gar operieren? Klar ist: Bei einer verschluckten Knopfbatterie muss sofort gehandelt werden, bei einer kleinen Murmel nicht unbedingt. Doch wie entfernt man ein Steakstück, wie eine Rasierklinge? Laut einer aktuellen Pressemitteilung haben Wissenschaftler aus ganz Europa unter Federführung der Ulmer Universitätsklinik für Innere Medizin I nun für die Europäische Fachgesellschaft (European Society of Gatrointestinal Endoscopy, ESGE) eine Leitlinie zu dem Thema veröffentlicht. Sie gibt nach Auswertung der zur Verfügung stehenden internationalen Fachliteratur Diagnose- und Therapieempfehlungen.
Manche Menschen verschlucken Gegenstände absichtlich
Nicht nur Kinder, auch Erwachsene, insbesondere ältere Menschen, verschlucken Gegenstände, die unter anderem zu Thoraxschmerzen führen. Die Wissenschaftler schätzen, dass es von 100.000 Menschen jährlich rund 13 Personen trifft. „Häufig werden Gebissteile oder ungeeignete Bestandteile des Essens verschluckt, beispielsweise ein zu großes Stück Steak vom Grill oder Fischgräten. Wir haben aber auch Patienten, die eine Glasscherbe verschlucken oder mit Käse und Traube zusammen den spitzen Plastikpieker“, berichtet Prof. Dr. Alexander Meining, Leiter der Endoskopie an der Ulmer Universitätsklinik für Innere Medizin I, der die Leitlinie federführend im Team mit seinem Ulmer Kollegen Dr. Michael Birk und Wissenschaftlern aus ganz Europa erarbeitet hat.
„Ein besonderer Fall sind Menschen mit psychischen Erkrankungen, die absichtlich Gegenstände verschlucken, vom langen Eislöffel bis hin zu Pflaster oder Rasierklingen“, so Meining. Die neue Leitlinie gibt nicht nur Empfehlungen zum passenden Diagnoseverfahren, sondern auch zur Dringlichkeit und zu den verschiedenen Bergungsmöglichkeiten.
Bei verschluckten Batterien oder Magneten sofort zum Arzt
„Wenn jemand eine Knopfbatterie verschluckt, muss der Arzt sofort handeln, denn durch elektrische oder chemische Reaktionen können die Magen- oder Darmschleimhäute geschädigt werden. Auch Magneten müssen sofort entfernt werden, da sie mit ihrer Anziehungskraft beispielsweise zwei Darmschlingen zusammenkleben und verletzen können“, erläutert Meining. Scharfe und große Gegenstände müssen ebenfalls lokalisiert und je nach Lage entfernt werden. Es gibt dazu spezielle endoskopische Instrumente mit verschiedenen Greifarmen, mit Schlingen oder Körbchen zum Schutz des umgebenden Gewebes. Wenn ein ungefährlicher Gegenstand noch vor dem Magen sitzt, lässt er sich mitunter in den Magen hineinschieben. Allerdings muss ein Gegenstand im Extremfall durch eine Operation entfernt werden.
„Wichtig ist auch zu wissen, wann man nichts unternehmen, sondern nur beobachten muss, nämlich im Regelfall bei kleineren stumpfen Gegenständen“, so Professor Meining. Hat man etwas Ungenießbares verschluckt, sollte man wenn möglich einen identischen Gegenstand, also beispielsweise noch einen Käsepieker, mit zum Arzt bringen. Das erleichtert Diagnose und Therapie.
Stift 25 Jahre lang im Magen
„Wir haben von Kollegen bereits viele positive Rückmeldungen zur Leitlinie erhalten, die jetzt in der Onlineausgabe der Fachzeitschrift Endoscopy publiziert wurde. Jeder Arzt kann plötzlich mit einem solchen Fall konfrontiert sein und muss dann schnell klug handeln, hier kann die Leitlinie helfen“, freut sich Professor Meining. Der Leitende Ärztliche Direktor des Universitätsklinikums Ulm, Prof. Dr. Udo X. Kaisers, fügt an: „Internationale wissenschaftliche und klinische Erkenntnisse für die tägliche Arbeit der Ärzte aufzubereiten, ist eine wichtige Aufgabe der Universitätsmedizin, die hier fundiert und praxisnah umgesetzt wurde.“ Im Jahr 2011 war über einen der ungewöhnlichsten Fälle eines verschluckten Gegenstands berichtet worden. Damals berichteten Mediziner im Fachjournal „British Medical Journal Case Reports” über eine Britin, die im Jahr 1986 einen Filzstift verschluckte. Dieser landete im Magen und blieb dort ganze 25 Jahre. Als ihn Ärzte 2011 aus der Patientin holten, stellten sie fest, dass der Stift auch nach einem Vierteljahrhundert im Magen immer noch schrieb. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.