Stiftung Warentest: Wechsel zur PKV oft nicht ratsam
21.02.2011
Seit Jahresbeginn ist es Arbeitnehmern mit einem überdurchschnittlichen Verdienst möglich, in die private Krankenversicherung zu wechseln. Die Einstiegstarife sind im Vergleich zu den gesetzlichen Krankenkassen meist günstiger. Die Stiftung Warentest hat die privaten Tarife genauer ausgewertet. Dabei zeigte sich, dass vor allem im Alter die Beiträge um ein Vielfaches steigen.
Seit Jahresanfang wurden im Zuge der Gesundheitsreform die Zugangsbedingungen für Arbeitnehmer für die private Krankenversicherung (PKV) deutlich gemindert. Versicherte können nun noch leichter von der gesetzlichen Krankenkasse in die PKV wechseln. Hierzu muss das Bruttoeinkommen mindestens 49.950 Euro brutto pro Jahr betragen. Statt der Drei-Jahres-Regel gilt nur noch ein Verdienstnachweis von einem Jahr. Das bedeutet, Arbeitnehmer müssen mindestens in einem Jahr den benannten Verdienst aufweisen. Für Beamte, Freischaffende und Selbstständige ist der Weg in die Private Krankenversicherung sowieso offen. Das Einkommen spielt dabei keine Rolle.
Für Beamte lohnt sich eine Private Krankenversicherung
Nach Auswertungen der Zeitschrift „Finanztest“ ist ein privater Krankenschutz für Beamte empfehlenswert. Beamte erhalten als Bedienstete des Staates eine Beihilfe zugesprochen. Für den restlichen Schutz müssen Beamte eine private Versicherung abschließen. Zumeist sind die PKV Angebote im Gegensatz zur gesetzlichen Krankenversicherung für Beamte günstig. Für Arbeitnehmer und Selbstständige könnte die PKV schnell ein finanzielles Risiko werden, da sie keine Beihilfe vom Steuerzahler erhalten. Vor allem bei Einzel-Selbstständigen schwankt das monatliche Einkommen stark.
Vorsicht vor Billigtarifen
Die Verbraucherschützer weisen darauf hin, dass von Billigtarifen unter 100 Euro im Monat Abstand genommen werden sollte. Diese Art von Lockangeboten enthalten kaum Leistungen, Versicherte müssen nämlich hohe Summen für Arztbehandlungen und Therapien dazu zahlen. Wird ein Versicherungsnehmer schwer oder chronisch krank, müssen hohe finanzielle Mittel aufgewendet werden und das wird sehr schnell, sehr teuer für den Betroffenen. In Einzelfällen müssen Frührentner über die Hälfte des Einkommens für die Krankenversicherung aufbringen. Experten warnen, dass sogar gut bewertete Tarife beim Eintrittsalter von Mitte 30 sich bis zur Rente mindestens verdreifachen.
Wer dennoch mit dem Gedanken spielt, in die private Krankenversicherung zu wechseln, sollte bedenken, dass ein ausreichender Gesundheitsschutz bei Beginn des Vertrages einige hundert Euro kosten sollte. Für Frauen sind im Allgemeinen die Beiträge höher, weil sie über eine durchschnittlich längere Lebenserwartung verfügen und häufiger einen Arzt konsultieren.
In der gesetzlichen Krankenkasse zahlen Versicherungsnehmer mit einem monatlichen Bruttoeinkommen ab 3712 Euro den Höchstbeitrag von 575 Euro. Erhebt die Krankenkasse einen Zusatzbeitrag, können noch weitere Kosten hinzu kommen. Gesundheitsexperten gehen davon aus, dass Kassenpatienten schon ab 2012/2013 flächendeckend Zusatzbeiträge zahlen müssen. Momentan erhebt nur einer Minderheit der Kassen einen Zusatzbeitrag.
Bei den Privaten Krankenversicherungen ist das Leistungsangebot per Vertrag lebenslang garantiert. Zudem werden Gesundheitsleistungen gewährt, die die Krankenkassen nicht kennen. Darunter fallen die allseits bekannten Chefarztbehandlungen, die Krankenhaus-Einzelbetten-Belegung, aber auch Behandlungsmethoden der Naturheilkunde. Dafür zahlen Privatpatienten in den meisten Fällen auch höhere Honorare für Ärzte, Krankenhäuser, Heilpraktiker und Arzneimittel. Wie hoch der Selbstbehalt ist, entscheidet die Tarifwahl.
Dafür sind die Kosten für eine PKV insgesamt betrachtet auch höher. Zwar sind die Beiträge für gut verdienende Angestellte in jungen Jahren noch günstiger, als bei der GKV. Im Alter steigen die Beiträge allerdings kräftig an. Dabei spielt das Einkommen des Privatversicherten keine Rolle. Die Gesetzlichen orientieren sich hingegen bei den Beiträgen an dem Monatseinkommen. Ein böses Erwachen könnte vor allem Rentnern drohen. Im Rentenalter reduziert sich das Einkommen um ein Vielfaches, während die Beiträge der PKV stark steigen. Die gesetzliche Krankenkasse beachtet zudem eine Veränderung der eigenen Lebenssituation. Verfügt der Ehepartner über kein eigenes Einkommen, kann er über die Familienversicherung mit versichert werden. Auch Kinder sind von Geburt an mitversichert. In der PKV muss im Gegensatz dazu ein zusätzlicher Krankenversicherungsschutz abgeschlossen werden.
Beiträge steigen durch demografischen Wandel
Die medizinische Forschung entwickelt sich von Jahr zu Jahr weiter. Viele neue Behandlungsmethoden werden entwickelt, die zum Teil sehr hohe Kosten verursachen. Auf der anderen Seite steigt die Lebenserwartung des Durchschnittsbürgers. Damit steigt unweigerlich auch die Versicherungszeit des Krankenschutzes an. Aus diesem Grund kalkulieren die Ökonomen der PKV von Jahr zu Jahr die Beiträge neu. Seit Jahren beobachten Experten einen kontinuierlichen Anstieg der Tarife. Experten gehen davon aus, dass selbst gute Tarife in den nächsten Jahren um ein Vielfaches ansteigen. In den nächsten 30 Jahren könnte sich Tarifbeitrag verdreifacht haben.
Diese Tatsache macht auch den gesetzlichen Kassen zu schaffen. Allerdings wird zum Einen der Krankenschutz paritätisch finanziert und zum anderen greift der Staat im Rahmen des Gesundheitsfonds den Gesetzlichen finanziell unter die Arme. Auch Kassenpatienten müssen sich auf steigende Beiträge einstellen. Hier orientieren sich jedoch die Beiträge immer am Einkommen des Versicherungsnehmers, so dass das finanzielle Risiko einigermaßen überschaubar bleibt. Erhöht die PKV den Beitrag, ist nur ein Tarifwechsel möglich. Hier unterscheiden sich in der Regel die Leistungen und Tarife nur unwesentlich im Vergleich. Als einziger Ausweg bleibt nur noch der Wechsel in einen günstigeren Tarif. Das Zurückkehren in die Gemeinschaft der gesetzlichen Krankenkassen ist nahezu ausgeschlossen.
Wer dennoch wechseln möchte, sollte sich im Klaren sein, dass dies weitreichende Folgen haben könnte. Über die weitere Lebensplanung sollten sich Wechsel-Willige genau im Klaren sein. Die unabhängige Stiftung Warentest stellt auf Wunsch nach den Vorgaben des Interessenten adäquate Tarife vor. Im Gegenzug muss eine Bearbeitungsgebühr von 18 Euro entrichtet werden. (sb)
Bild: Benjamin Klack / pixelio.de
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