Verunreinigtes Schmerzmittel verursachte bereits 170 Fälle von Meningitis in den USA
12.10.2012
Es ist der größte Pharma-Skandal seit Jahrzehnten: Durch ein verunreinigtes Schmerzmittel, dass zahlreichen Patienten in den USA dicht neben den Rückenmarkskanal gespritzt wurde, gelangten Erreger in die Rückenmarksflüssigkeit, wo sie lebensgefährliche Entzündungen der schützenden Häute im Hirn und Rückenmark (Hirnhäute) verursachten. Bislang forderte das verunreinigte Schmerzmittel mit dem Wirkstoff Methylprednisolonsind 14 Menschenleben. Angaben der zuständigen Gesundheitsbehörden des Centers for Disease Control and Prevention (CDC) zufolge sind derzeit 170 Menschen erkrankt. Die Behörden rechnen jedoch mit weiteren Fällen. Einige US-Mediziner gehen sogar von mehr als 30.000 Betroffenen aus.
Ostküste der USA bleibt größter Krankheitsherd der Meningitiswelle
Nach derzeitigem Kenntnisstand stieg die Zahl der Erkrankten von 135 Meningtisfällen auf 170. 14 Menschen überlebten die sehr wahrscheinlich durch das veruneinigte Schmerzmittel des Herstellers NECC ausgelöste Hirnhautentzündung nicht. Während zunächst vor allem die Ostküste der USA betroffen war, erreichte die Infektionswelle inzwischen auch das weit von den anderen Krankheitsherden liegende Idaho. Der Unternehmenssitz von NECC lieg in Massachusetts im Nordosten der USA und hat das betroffene Präparat vermutlich vor allem im näheren Umkreis in den Handel gebracht.
Die meisten Hinhautentzündungen traten bislang im Bundesstaat Tennessee auf. 44 Erkrankte und 6 Todesfälle verzeichneten die Behörden in dem Südstaat. In Virginia wurden bisher 27 Erkrankungen und ein Todesfall registriert. Auch Michigan gehört mit 28 Erkrankten und drei Todesopfern zu den größten Krankheitsherden. Nicht nur in den USA rätseln Pharmazeuten, Mediziner und Behörden, wie es zu der Pharma-Katastrophe kommen könnte.
Wie konnte verunreinigtes Schmerzmittel Meningitiswelle auslösen?
Im Verdacht steht das Pharma-Unternehmen NECC, das das verunreinigte Schmerzmittel hergestellt haben soll. Das Präparat war von einem Pilz befallen, der bei zahlreichen Patienten eine folgenschwere Meningitis verursachte. Wird eine solche Infektion nicht frühzeitig behandelt, stirbt der Patient.
In den USA wird nun über sogenannte „Compounding Pharmacies“ diskutiert, die aufgrund eines Schlupfloches in der Regulierung der Branche große Mengen von Medikamenten herstellen und verkaufen können und dabei kaum einer Aufsicht und Kontrolle unterliegen. Auch NECC gehört zu diesen Pharma-Herstellern. Das System wurde ursprünglich geschaffen, um spezielle Patientenbedürfnisse bei Medikament berücksichtigen zu können. Das kann beispielsweise notwendig sein, wenn ein Arzneimittel an die Bedürfnisse von Kindern angepasst werden muss. Entsprechende Lizenzen erhalten die Unternehmen vom jeweiligen Bundesstadt, so dass die nationale Lebens- und Arzneimittel-Behörde der USA keine Kontrolle über die Herstellung der Präparate hat.
NECC konnte sein Mittel deutlich günstiger anbieten als reguläre Pharma-Unternehmen, die nicht zu den „Compounding Pharmacies“ gehören. Eine „NECC-Dosis“ des verunreinigten Schmerzmittels wurde für 25 Dollar auf den Markt gebracht, während das gleiche Produkt des Pharma-Konzerns Pfizer 46 Dollar kostet. (ag)
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Bildnachweis: Andrea Damm / pixelio
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