Wachsender Überschuss bei den Krankenkassen in Milliardenhöhe
22.11.2012
Die finanziellen Rücklagen der Krankenkasse steigen weiter an. Laut Medienberichten hat der Überschuss bei den Ersatz- und Ortskrankenkassen erneut um eine Milliarde Euro zugelegt. Die Zahlen für die Betriebs- und Innungskrankenkassen lagen noch nicht vor, lassen jedoch eine ähnlich positive Entwicklung erwarten. Die Anfang November vom Bundestag beschlossene Abschaffung der Praxisgebühr dürfte demnach keine besondere finanzielle Belastung für die Krankenkassen darstellen.
Sowohl die Ärzteschaft als auch die Apothekerverbände hatten sich in dem Honorarstreit mit den gesetzlichen Krankenversicherungen angesichts der Milliardenüberschüsse bei den Versicherungen darüber beschwert, dass Krankenkassen keine Sparkassen seien, sondern die überschüssigen Gelder in die Versorgung der Patienten investieren sollten. Die nun von der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (FAZ) veröffentlichten Quartalszahlen der Ersatz- und Ortskrankenkassen sowie der Knappschaft dürften hier wie Wasser auf die Mühlen der Kritiker wirken. Denn der Überschuss der genannten Krankenkassen ist im dritten Quartal 2012 erneut um rund eine Milliarde Euro gestiegen, berichtet die „FAZ“ unter Berufung auf Kreise der Krankenkassen.
Überschuss der Krankenkasse steig erneut um eine Milliarde Euro
Die gesetzlichen Krankenversicherungen verzeichneten im ersten Halbjahr 2012 bereits einen Anstieg der Finanzreserven um 2,7 Milliarden Euro auf insgesamt 21,8 Milliarden Euro. Die Zuweisungen aus dem im Jahr 2009 eingeführten Gesundheitsfonds an die einzelnen Krankenkassen waren demnach deutlich höher als die Ausgaben der Versicherungen. Dieser drastische Überschuss veranlasste die Politik, eine Abschaffung der Praxisgebühr zu beschließen. Ab dem kommenden Jahr müssen Versicherte beim Arztbesuche daher nicht mehr zehn Euro pro Quartal bezahlen. Den Krankenkassen gehen auf diese Weise rund zwei Milliarden Euro Einnahmen pro Jahr verloren, doch angesichts der verzeichneten Überschüsse wird dies voraussichtlich keine existenzielle Bedrohung der Krankenversicherungen mit sich bringen. Tatsächlich ist auch für das Jahr 2013 durchaus mit einer positiven finanziellen Entwicklung bei den Kassen zu rechnen. Zumal im Gesundheitsfonds an sich bis zum Jahresende laut Angaben des Schätzerkreises der gesetzlichen Krankenversicherung zwölf Milliarden Euro Überschuss auflaufen werden.
Forderungen der Ärzte und Apotheker angesichts der Überschüsse der Krankenkassen
Bei den Leistungsträgern im Gesundheitssystem werden angesichts der Überschüsse der gesetzlichen Krankenversicherungen vermehrt Forderungen nach einer deutlichen Honoraranpassung laut. So haben die Ärzte bereits einen heftigen Honorarstreit mit den Krankenkassen hinter sich, der in einem Schiedsspruch endete und die Apothekerschaft befindet sich derzeit in der Auseinandersetzung mit den Versicherungen über die angemessene Höhe des zu leistenden Zwangsrabatts. Die Krankenkassen zeigten sich in den Verhandlungen bislang wenig nachgiebig, vermutlich auch, weil viele der Verantwortlichen noch die finanziell äußerst schwierigen zurückliegende Jahre in Erinnerung haben. Derartig hohe Überschüsse sind für sie eine vollkommen neue Erfahrung.
Krankenkassen weiter im Sparzwang?
Auch bleibt zu bedenken, dass bei besonders großzügigen Zugeständnissen der Krankenkassen an die Leistungsträger die Reserven relativ schnell wieder aufgebraucht wären. Hinzu kommt, dass die Krankenkassen im Zuge des demografischen Wandels in den kommenden Jahren beziehungsweise Jahrzehnten erhebliche Kostensteigerungen erwarten und daher kaum bereit scheinen, die jetzigen Überschüsse vollständig an die Leistungsträger des Gesundheitssystems oder die Patienten auszuschütten. Allerdings haben einige Krankenversicherungen wie beispielsweise die finanziell besonders gut dastehende Techniker Krankenkasse (TK) bereits angekündigt, einen Teil der Überschüsse als Prämien an die Versicherten weiterzugeben. (fp)
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Bild: Thorsten Freyer / pixelio.de
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