Schnell aufeinander folgende Schwangerschaften ein Risiko für Mutter und Kind?
Eine Schwangerschaft und die anschließende Geburt sind für den Körper mit erheblichen Belastungen verbunden, so dass dieser sich zunächst regenerieren sollte, bevor eine erneute Schwangerschaft folgt. Doch wie lange braucht der Körper hierfür? Und welche Risiken bergen geringe zeitliche Abstände zwischen der Geburt und einer erneuten Schwangerschaft?
Wissenschaftler der University of British Columbia (UBC) und der Harvard T.H. Chan School of Public Health haben in einer aktuellen Studie untersucht, wie sich der zeitliche Abstand zwischen der letzten Geburt und einer neuen Schwangerschaft auf die Gesundheit von Mutter und Kind auswirkt. Mindestens ein Jahr Pause sollte demnach eingehalten werden, um unnötige Gesundheitsrisiken zu vermeiden. Ihre Ergebnisse haben die Mediziner in der Fachzeitschrift „JAMA Internal Medicine“ veröffentlicht.
Fast 150.000 Schwangerschaften ausgewertet
Viele Paare wünschen sich mehrere Kinder und stehen hierbei vor der Frage, wie lange sie nach der ersten Geburt am besten warten sollten. Die US-Wissenschaftler haben in ihrer aktuellen Studie nun eine Bewertung unter medizinischen Gesichtspunkten vorgenommen. Sie analysierten hierfür bei 148.544 Schwangerschaften die Auswirkungen des zeitlichen Abstandes zwischen den Schwangerschaften auf die Risiken für Mütter und Babys. Die Daten wurden aus Geburtsdatensätzen, Rechnungscodes, Krankenhausdaten, Verschreibungsdaten und Zensusdatensätzen zusammengestellt.
Erhöhtes Risiko der Müttersterblichkeit
Das Forschungsteam um Hauptautorin Laura Schummers von der University of British Columbia stellte fest, dass Frauen im Alter über 35 Jahren, die sechs Monate nach einer früheren Geburt schwanger wurden, ein Risiko von 1,2 Prozent (12 Fälle pro 1.000 Schwangerschaften) für Müttersterblichkeit oder schwere Morbidität aufwiesen. Bei einer Wartezeit von 18 Monaten zwischen den Schwangerschaften reduzierte sich dieses Risiko auf 0,5 Prozent (fünf Fälle pro 1.000 Schwangerschaften).
Vermehrte Frühgeburten bei geringem Schwangerschaftsabstand
Bei jüngeren Frauen (20 bis 34 Jahre) stellten die Forschenden ein deutlich erhöhtes Risiko für Frühgeburten fest (8,5 Prozent) fest, wenn zwischen den Schwangerschaften nur ein Abstand von sechs Monaten eingehalten wurde. Lag der Abstand bei mindestens 18 Monate, sank das Risiko auf 3,7 Prozent (37 Fälle pro 1.000 Schwangerschaften). Auch bei Frauen im Alter über 35 Jahren war das Risiko für spontane Frühgeburten bei lediglich sechsmonatigem Schwangerschaftsabstand erhöht – rund sechs Prozent im Vergleich zu 3,4 Prozent bei einem Abstand von 18 Monaten.
Risiko für die Kinder vor allem bei jüngeren Frauen erhöht
Ein erhöhtes Risiko für unerwünschte fötale und kindliche Folgen durch zu geringen Schwangerschaftsabstand war vor allem bei den jüngeren Frauen festzustellen (2 % nach 6 Monaten gegenüber 1,4% nach 18 Monaten), während die älteren Frauen hier nur geringe Unterschiede aufwiesen (2,1 % nach 6 Monaten gegenüber 1,8 % nach 18 Monaten).
Zwölf bis 18 Monate Pause einplanen
Insgesamt habe die „Studie ein erhöhtes Risiko für Mutter und Kind festgestellt, wenn Schwangerschaften eng beieinander liegen, auch für Frauen, die älter als 35 Jahre sind“, betont die Hauptautorin der Studie, Laura Schummers, in einer Pressemitteilung der UBC. Die Ergebnisse seien für ältere Frauen besonders wichtig, da sie oft dazu neigen würdem, ihre Schwangerschaften in engeren Abständen zu planen. Zwölf bis 18 Monate scheinen die ideale Zeitspanne zwischen der Geburt und einer erneuten Schwangerschaft zu sein, berichtet die Expertin.
Ursachen für die erhöhten Gesundheitsrisiken unklar
Wieso die kurzen Schwangerschaftsabstände zu erhöhten Gesundheitsrisiken führen, geht aus der aktuellen Studie zwar nicht hervor, aber die Wissenschaftler haben hier einige Vermutungen. So spiegeln „kurze Schwangerschaftsabstände möglicherweise ungeplante Schwangerschaften wider, insbesondere bei jungen Frauen“, erläutert Dr. Sonia Hernandez-Diaz, Professorin für Epidemiologie an der Harvard T.H. Chan School of Public Health. Dies könne mit Faktoren wie einer schlechteren Geburtsvorbereitung einhergehen.
Einhaltung des Schwangerschaftsabstandes beachten
„Ob die erhöhten Risiken darauf zurückzuführen sind, dass unser Körper keine Zeit hat, sich zu erholen, wenn wir kurz nach der Entbindung schwanger werden, oder auf Faktoren, die mit ungeplanten Schwangerschaften verbunden sind“, bleibe zwar unklar, aber die Empfehlungen seien hiervon unabhängig, so Hernandez-Diaz. Es gelte die Empfängnisverhütung unmittelbar nach der Geburt zu verbessern und auf ungeschützten Geschlechtsverkehr zu verzichten.
Belegbare Aussagen zum idealen Schwangerschaftsabstand
Die aktuellen Studienergebnisse bieten Müttern zum ersten Mal belegbare Aussagen, um den idealen Abstand zwischen ihren Schwangerschaften zu bestimmen, betont Dr. Wendy Norman von der University of British Columbia. „Das Erreichen dieses optimalen Einjahresintervalls sollte für viele Frauen machbar sein und lohnt sich eindeutig, um Komplikationsrisiken zu reduzieren“; so das Fazit der Expertin. Die Studie sei die bislang umfassendste Bewertung, wie der Schwangerschaftsabstand die Müttersterblichkeit, schwere Morbidität und lebensbedrohliche Komplikationen bei der Schwangerschaft und Entbindung beeinflusst. (fp)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.