Für Körper und Sinne: Öfter mal barfuß laufen
12.04.2014
Menschen, die öfter mal barfuß laufen, tun so etwas gegen Fehlstellungen wie Knick-, Senk- oder Spreizfüße. Das Barfußlaufen stärkt die Muskulatur, regt die Durchblutung an und schult sogar die Sinne. In sogenannten Barfußparks kann man auch auf Glasscherben gehen.
Barfußläufer mit olympischem Rekord
Im Jahr 1960 hatte sich kurz vor der olympischen Marathonentscheidung in Rom herausgestellt, dass die Schuhe eines äthiopischen Läufers zu sehr durchgelaufen waren. Da er in der ewigen Stadt keinen passenden Ersatz fand, entschied sich Abebe Bikila, wie in seiner Heimat barfuß zu laufen und gewann Gold in Rekordzeit. Auch der Chefarzt der Klinik für Orthopädie, Unfall- und Handchirurgie am Klinikum Osnabrück, Martin Engelhardt, kennt diese Geschichte. „Mit Barfußlaufen ist der Mensch per se schneller. Zu dieser Erkenntnis gibt es eine Menge wissenschaftlicher Studien“, so der Mediziner. Heutzutage liefen Leichtathleten zwar stets mit Schuhen, doch diese seien sehr leicht und hätten fast keine Fersenerhöhung, wie der Experte erklärte. „Sie sind also ganz dem natürlichen Fuß angepasst.“
Mehrheit der Bevölkerung hat Fußdeformationen
Für viele Alltagsschuhe lässt sich das jedoch nicht unbedingt behaupten. Engelhardt, der auch Präsident der Deutschen Triathlon Union (DTU) ist, meint: „Die Mehrheit unserer Bevölkerung hat Fußdeformationen, also Knick-, Senk- oder Spreizfüße.“ Das hänge damit zusammen, dass wir im Unterschied zu unseren Vorfahren, welche meist auf weichen Böden wie Waldwegen unterwegs waren, heutzutage kaum noch barfuß laufen. Daher empfehlen Ärzte, gelegentlich auch mal ohne Schuhe rumzulaufen. Durch das Tragen von Schuhen würden die vielen kleinen und großen Fußmuskeln kaum noch trainiert, was zu Fehlstellungen führe.
Bei Kindern sind Schuhe schnell zu klein
Patrik Reize, Ärztlicher Direktor der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie im Klinikum Stuttgart, ergänzt dazu: „Bei Kindern sind Schuhe oft schon kurz nach dem Kauf zu klein.“ Dadurch werde der Fuß gestaucht. Barfußlaufen trage dazu bei, der Rückbildung von Bändern, Sehnen und Muskeln entgegenzuwirken und fördere zudem eine gesunde Zehenstellung. Reize erklärte, dass es bei älteren Menschen bei der Bewegung mit nackten Füßen eher darum gehe, den Vorfußgang wiederherzustellen. Beispielsweise lässt sich damit die Sehnenplatte in der Fußsohle zwischen Vor- und Rückfuß trainieren, die Achillessehne unterstützen oder die Wirbelsäule entlasten. Somit wird die Gefahr von Rückenproblemen und Rückenschmerzen verringert. Zudem wirke sich die Stimulation an den Fußsohlen positiv auf die inneren Organe aus.
Im Barfußpark auf Glasscherben gehen
Der Mediziner schätzt Barfußparks, da sie dazu beitragen können, festgefahrene Verhaltensweisen zu verändern. Einer der größten dieser Parks liegt in Dornstetten im Schwarzwald, wo die jährlich rund 170.000 Besucher auf Untergründen wie Kies, Holz und Lehm oder auf Glasscherben gehen können. „Diese Scherben sind abgeschliffen und bilden eine geschlossene Oberfläche, man muss da also keine Bedenken haben“, erklärte Carolin Dircks, Leiterin des Tourismus- und Kulturamts in Dornstetten. „Man merkt Unebenheiten, aber das ist ein angenehmes Gefühl.“ Es sei für die meisten Menschen ein sogenanntes „Aha-Erlebnis“, wenn sie wieder anfingen zu spüren, da der Tastsinn beim Schuhetragen über die Jahre abstumpfe. „Die gehen da sehr entspannt raus“, so Dircks. Sie meint: „Ein Barfußpark ist ein Erlebnis für alle Sinne.“ Auch die Fußreflexzonen werden durch das Barfußlaufen angeregt und somit der ganze Körper. Zudem werde der Blutdruck reguliert.
Diabetiker müssen beim Barfußlaufen vorsichtig sein
Menschen, die schon lange nicht mehr barfuß rumgelaufen sind, sollten damit langsam beginnen, denn sonst könnte es laut Engelhardt zu Überlastungssymptomen kommen. Es helfe auch schon, mal in Socken durch die Wohnung zu gehen. Allerdings ist der Effekt des Barfußlaufens begrenzt, wenn die Ursache für Fehlstellungen deformierte Knochen sind. Vorsicht geboten ist jedoch bei bestimmten Krankheiten. So nennt Reize Diabetes und Polyneuropathie, ein Begriff für Erkrankungen, die oft mit Missempfindungen in den Zehen beginnen. Häufig ist bei Diabetikern das Schmerzempfinden gestört. Reize warnte, dass es zu Infektionen kommen könne, wenn sie die Verletzungen an Füßen nicht gleich bemerken. Barfußlaufen wird auch Menschen empfohlen, die Schweißfüße haben. Man sollte jedoch allgemein darauf achten, wo man rumläuft, da vor allem in manchen Gemeinschaftseinrichtungen eine Fußpilz-Gefahr droht. (sb)
Bild: Erika Hartmann / pixelio.de
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