Was tun, wenn beim Partner die Lust auf Sex nachlässt?
In einer langen Partnerschaft ist es nicht ungewöhnlich, dass der eine gerne Sex hätte, der andere jedoch nicht. Wenn solche Situationen jedoch zum Dauerzustand werden, kann dies der Beziehung dauerhaft schaden. Experten raten in solchen Fällen, sich dem Problem möglichst frühzeitig zu stellen.
Am Anfang kann es oft gar nicht genug sein
Finden Paare zusammen, können sie anfangs oft gar nicht genug Sex haben. Vielen ist es dann schon fast zu wenig, nur einmal täglich miteinander zu schlafen. Doch mit den Jahren schwindet die Lust auf körperliche Liebe. Wenn dies nur bei einem Partner der Fall ist, kann das auf Dauer zu schweren Konflikten führen. Experten raten in solchen Fällen, möglichst früh nach den Ursachen zu suchen und sich bei Beziehungsproblemen auf die Stärken der Partnerschaft zu konzentrieren.
Um das Sexleben qualitativer und besser zu gestalten, kann es helfen, im Alltag mehr Zeit miteinander zu verbringen. So berichteten Wissenschaftler vor kurzem in der Fachzeitschrift „Journal of Marriage and Family“ über eine Studie, derzufolge gemeinsame Hausarbeit zu mehr Sex führt. In einer Mitteilung der Nachrichtenagentur dpa haben Fachleute mehr Tipps für Paare, bei denen die Lust auf Sex nachgelassen hat.
Stress im Job kann Appetit auf Sex mindern
Christoph Joseph Ahlers, Klinischer Sexualpsychologe in Berlin und Mitglied des Vorstandes der Deutschen Gesellschaft für Sexualmedizin, Sexualtherapie und Sexualwissenschaft, meint: „Das Kernproblem besteht darin, dass die Partner sich in ihrem Lebensalltag aus den Augen und so auch aus den Händen verlieren.“ Er erklärt: „Man guckt einander nicht mehr richtig an, verliert das gegenseitige Ansehen und dadurch auch die Lust, miteinander zu schlafen.“
Durch Stress im Beruf oder bei frischgebackenen Eltern, die sich in den ersten Wochen voll auf das Baby konzentrieren, kann es bei einem der beiden dazu kommen, dass der sexuelle Appetit sinkt. Doch auch Schlafmangel, Erkrankungen der Leber oder der Schilddrüse, altersbedingte hormonelle Veränderungen oder Angst vor Schmerzen beim Sex tragen mitunter dazu bei, dass ein Partner auf die Avancen des anderen abweisend reagiert.
In ruhigen Momenten möglichst humorvoll nachfragen
Betroffene neigen häufig dazu, ihre sexuellen Probleme auf rein körperliche Befindlichkeiten zurückzuführen und wenden sich an ihren Hausarzt. „Dies ist als erster Schritt auch richtig, um Ursachen zu untersuchen beziehungsweise auszuschließen“, erläutert die Gynäkologin und Psychotherapeutin Regina Hellwig, die Beraterin beim Landesverband Hamburg von pro familia ist. Zwar können die verordneten Therapien dann manchmal helfen, doch längst nicht immer, da die eigentlichen partnerschaftlichen Probleme ungelöst bleiben. Das Problem taucht schnell erneut auf. „Ein erster Schritt kann dann sein, in einem ruhigen Moment freundlich und möglichst humorvoll nachzufragen“, meint Kirsten von Sydow, die eine Professur für Klinische Psychologie und Psychotherapie an der Psychologischen Hochschule Berlin (PHB) hat.
Nach dem Warum sollte allerdings nur gefragt werden, wenn man die Antwort auch verkraften kann. „Zum Beispiel kann der eine Partner eine deutliche Gewichtszunahme beim anderen als erotisch abtörnend erleben“, so von Sydow.
Gemeinsam nach Lösungen suchen
Wenn dann gemeinsam nach Lösungen gesucht wird, stellt sich beim Reden womöglich heraus, das die Anspannung im Job als regelrechter Liebeskiller wirkt. In manchen Fällen hilft es Betroffenen gemeinsam darüber nachzudenken, wie die Aufgaben im Beruf anders angegangen werden können. Mitunter sind es jedoch auch Medikamente wie Bluthochdruckmittel oder die Pille, die die Lust dämpfen. Ist dies die Ursache für anhaltende sexuelle Probleme, sollte der Arzt nach möglichen Alternativen zu den jeweiligen Präparaten befragt werden. Wird wegen einem Neugeborenen im Schlafzimmer auf Geschlechtsverkehr verzichtet, kann die Lösung sein, das Baby ins Kinderzimmer auszuquartieren.
Miteinander übereinander sprechen
Doch auch wenn sich viele Paare unterhalten – etwa über die Nachbarn oder den Garten – kommt es laut Ahlers darauf an, miteinander übereinander zu sprechen. „Die sexuellen Wünsche und Bedürfnisse, aber auch Ängste und Befürchtungen des anderen und die eigenen Belange kommen in aller Regel nicht zur Sprache“, so der Psychologe. Aus Angst, Scham oder Unsicherheit scheuen sich viele Menschen, Beziehungsgesprächen über die eigene Sexualität zu führen. Meist trauen sie sich nicht, dem anderen ihre sexuellen Gedanken und Fantasien mitzuteilen. Doch Ahlers hebt hervor: „Eine solche Intimkommunikation ist Voraussetzung für den Erhalt einer sexuellen Beziehung.“ Findet sie nicht statt, kann es sein, dass der Sex zum Erliegen kommt.
Für manche ist eine Paartherapie sinnvoll
Manche fühlen sich aber schlicht überfordert. So zeigen Studien, dass Frauen heute beim Sex experimentierfreudiger und selbstbewusster sind, als noch vor ein oder zwei Generationen und die Erfüllung ihrer Wünsche und Erwartungen einfordern. Dadurch können sich manche Männer unter Druck gesetzt fühlen, der Höhepunkt bleibt aus. Hier kann eine Paar- und Sexualberatung hilfreich sein, sagt Hellwig.
Der Sexualpsychologe Ahlers hält nichts davon, das Liebesleben durch einen Besuch im Swingerklub anzufeuern oder es mit ständig wechselnder Reizwäsche zu versuchen: „Das ist der Versuch, im Außen zu kompensieren, was im Inneren fehlt.“ Vielmehr sollten sich Paare mit einem sexuellen Problem fragen, was sie in sexueller Hinsicht mit- und voneinander wollen. „Solange die beiden Partner freundlich und humorvoll mit ihrem Problem umgehen können, gibt es keinen Anlass für eine Paartherapie“, erläutert von Sydow. Kommt ein Paar aber nicht allein mit dem Problem klar, und findet sich immer wieder in eskalierenden Konflikten, kann eine solche Therapie sinnvoll sein. „Auch wenn mindestens einer stark unter der Situation leidet und nicht mehr weiter weiß, ist eine Paartherapie angezeigt“, empfiehlt von Sydow. (ad)
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Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.