Gefährliche Keime aus Indien und Südostasien
16.01.2015
Reisende schleppen immer häufiger multiresistente Keime aus Indien und Südostasien in ihre Heimatländer ein. Eine Studie von Mikrobiologen des Universitätsklinikums Leipzig zeigt, dass ein Drittel aller Fernreisenden in Risikogebieten gefährliche Bakterien, gegen die kaum ein Antibiotikum wirkt, unbemerkt mit nach Hause bringen. Wie genau die Übertragung der multiresistenten Keime erfolgt, ist jedoch noch unbekannt. Einfache Hygienemaßnahmen wie gründliches Händewaschen und die Verwendung verpackter Getränke während der Reise bieten den Forschern zufolge keinen ausreichenden Schutz.
Multiresistente Keime aus Indien und Südostasien können bei immungeschwächten Menschen gefährliche Infektionen verursachen
Innerhalb eines Zeitraums von zwölf Monaten untersuchten die Forscher das Risiko der Einschleppung von Bakterien (Erreger-Import) durch Fernreisen. „Wir konnten dabei erstmals für Deutschland in einer größeren Kohorte zeigen, dass fast ein Drittel der Reisenden nach der Heimkehr aus Gebieten mit hoher Erregerdichte tatsächlich Träger multiresistenter Erreger ist“, erläutert Dr. Christoph Lübbert, Leiter des Fachbereichs Infektions- und Tropenmedizin am Universitätsklinikums Leipzig. Der Experte für Gastroenterologie, Infektiologie und Tropenmedizin wertete Daten von 225 Urlaubern vor und nach einer Reise in Gebiete mit hohem Vorkommen multiresistenter Erreger (MRE) aus. „Das betrifft vor allem den indischen Subkontinent und Südostasien sowie verschiedene Länder in Afrika und Mittel- bzw. Südamerika, in denen diese problematischen Erreger deutlich häufiger als bei uns auftreten“, berichtet Lübbert. Der Internist konzentrierte sich bei der Untersuchung auf sogenannte ESBL-bildende Bakterien, die Resistenzen gegen die Mehrzahl der verfügbaren Antibiotika aufweisen. Während die Darmbakterien für gesunde Menschen ungefährlich sind und keine Beschwerden verursachen, können die Erreger bei immungeschwächte Personen lebensbedrohliche Infektionen verursachen.
Übertragungswege der multiresistenten Keime sind noch unklar
Wie der Internist weiter berichtet, seien die genauen Übertragungswege der gefährlichen Bakterien aber noch nicht vollständig geklärt. „Unsere Studie liefert hier einige Hinweise, denn weder gründliche Händehygiene noch die ausschließliche Verwendung verpackter Getränke während der Reise hatten eine überzeugende Schutzwirkung“, so Lübbert.
Die Auswertung der Daten zeigte, dass die Erreger am häufigsten nach Indienreisen eingeschleppt werden. Mehr als 70 Prozent der Reisenden in dieser Region waren Träger der multiresistenten Bakterien. Knapp 50 Prozent der Reisenden in Südostasien trugen ebenfalls die Keime in sich. Eine während des Auslandsaufenthaltes erworbene Durchfallerkrankung (Gastroenteritis) erhöht dabei das Übertragungsrisiko, so ein weiteres Ergebnis der Studie, die im renommierten Fachmagazin „International Journal of Medical Microbiology" veröffentlicht wurde.
Insgesamt wurde bei 30,4 Prozent der 225 gesunden Probanden (Durchschnittsalter: 34 Jahre) eine Besiedelung mit ESBL-bildenden Bakterien festgestellt. „Dieser Wert bestätigt ähnliche aktuelle Untersuchungen in Skandinavien und den Niederlanden und ist höher als bislang angenommen,“ erklärt der Experte für Tropenmedizin. Frühere Studien gingen von deutlich geringeren Raten aus, die zwischen 14 und 25 Prozent lagen.
Aufnahmescreening für multiresistente Keime bei Reisenden aus Indien und Südostasien in Krankenhäusern dringend notwendig
„Unsere Studie zeigt, dass der Kampf gegen multiresistente Erreger ein globales Herangehen erfordert, um künftig erfolgreich sein zu können“, betont Lübbert. „Ein systematisches Aufnahmescreening für ESBL-bildende Bakterien bei Patienten, die innerhalb der letzten sechs Monate in Indien oder Südostasien waren, kann in Einrichtungen des Gesundheitswesens und vor allem in Krankenhäusern dem Risiko einer unbemerkten Übertragung wirksam vorbeugen.“ Der Internist rät zudem zur Isolierung der Patienten bis die Untersuchungsergebnisse vorliegen. „Auch ein Screening für Beschäftigte in der Lebensmittelindustrie und Gastronomie nach solchen Reisen könnte eine vorbeugende Maßnahme für die Zukunft darstellen“, so Lübbert. (ag)
Bild: Cornelia Menichelli / pixelio.de
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