Menschen mit hohem Arbeitspensum trinken öfter in riskanten Mengen
15.01.2015
Wer viel arbeitet, trinkt oft auch viel Alkohol. Zu diesem Ergebnis ist nun eine internationale Metaanalyse gekommen, für welche insgesamt mehr als 80 Studien ausgewertet wurden. Demnach sei die Vorliebe für alkoholische Getränke umso höher, je mehr Stunden wöchentlich gearbeitet werden. Somit würden gerade Menschen, die sehr viel arbeiten, häufiger in gesundheitsschädlichem Maße trinken.
Alkohol hilft vielen Arbeitnehmern beim Abschalten vom Büro-Alltag
Der Rotwein zum Essen nach einem langen Arbeitstag oder ein entspannendes Feierabend-Bier mit Kollegen in der Eckkneipe: Für viele Menschen gehört Alkohol zum normalen Alltag selbstverständlich dazu und bietet eine willkommene Unterstützung beim „Abschalten“ und „Runterkommen“ nach getaner Arbeit. Dies hat nun eine aktuelle Metaanalyse bestätigt, für welche 44 internationale Forscher insgesamt 81 Studien in Hinblick auf den Zusammenhang von Alkoholkonsum und Arbeitszeiten analysiert haben. Demnach steige jedoch der Hang zum Trinken alkoholischer Getränke wie Wein, Bier oder Spirituosen auch mit der Anzahl der Wochenarbeitsstunden – was vor allem für Vielarbeiter oft einen gesundheitsschädlichen Konsum bedeute.
Internationale Forscher werten mehr als 80 Studien aus
Wie die Wissenschaftler aus verschiedenen Ländern im "British Medical Journal" berichten, hatten sie für ihr umfassendes Projekt zwei unterschiedliche Datensätze verwendet. Zum einen untersuchten sie 61 Studien mit insgesamt 333.693 Teilnehmern aus 14 Ländern, bei welchen durch Fragen nach Arbeitsstunden und Alkoholkonsum der „Status Quo“ erhoben worden war. Ergänzend analysierten die Forscher die Daten von 20 „prospektiven“ (vorausschauenden) Studien, an welchen in neun Ländern insgesamt 100.602 Probanden teilgenommen hatten, die zu Beginn der Untersuchung Alkohol in „normalen“ Menschen konsumiert hatten. Im weiteren Verlauf war bei diesen Studien dann geprüft worden, ob bzw. inwiefern sich das Trinkverhalten in Hinblick auf die Arbeitszeiten veränderte und ob Vielarbeiter insgesamt mehr trinken als andere.
Ab 49 Wochenstunden wird öfter in riskanten Mengen getrunken
Das Ergebnis: Wer mehr als 49 Stunden pro Woche arbeitet, würde eher dazu tendieren, Alkohol in Mengen zu konsumieren, welche für die körperliche und seelische Gesundheit schädlich sein könnten. Die Wissenschaftler hatten bei Männern mehr als 21 Drinks sowie bei Frauen mehr als 14 Drinks wöchentlich als Grenzwert gesetzt – wobei ein Drink je ein kleines Bier, 125ml Wein oder einen kleinen Schnaps bedeutete. Die verschiedenen Untersuchungen hatten dabei laut den Forschern immer ähnliche Ergebnisse hervorgebracht – selbst wenn der Studienaufbau völlig unterschiedlich gewesen sei. Demnach hatte es unter den Menschen, die mehr als die üblichen 35 bis 40 Stunden arbeiten, immer einen höheren Anteil an Personen mit einem riskanten Alkoholkonsum gegeben oder es hätten sich mehr Probanden in diese Richtung entwickelt,
so die Forscher um Marianna Virtanen vom Finnish Institute of Occupational Health im "British Medical Journal".
Studie bestätigt länger bestehenden Verdacht
Mit diesen Ergebnissen habe die Metaanalyse des internationalen Forscherteams den bereits seit längerem bestehenden Verdacht bestätigt, „dass unter den Arbeitnehmern mit langen Arbeitszeiten Alkohol wie eine schnell wirkende und effektive Möglichkeit für die Linderung arbeitsbedingter Beschwerden und Ärgernisse sowie für einen ausgeglicheneren Übergang zwischen Arbeitsleben und Freizeit erscheinen kann“, so Cassandra Okechukwu von der Harvard School of Public Health in einem Editorial zu der Studie im "British Medical Journal". Dabei hatte sich der hohe Konsum unter den Vielarbeitern den Wissenschaftlern nach längst nicht nur als reines Managerproblem gezeigt. Stattdessen war der Zusammenhang unabhängig von Geschlecht, Alter, Herkunft und sozialem Umfeld der Probanden deutlich geworden.
Ergebnisse auf über zwei Millionen Arbeitnehmer übertragbar
In den prospektiven Studien hatten demnach durchschnittlich 6,3 Prozent der Teilnehmer ein riskantes Verhältnis zu Alkohol entwickelt, wobei der Anteil unter den Vielarbeitern insgesamt 0,8 Prozent höher war als bei den Menschen mit „normalen“ Arbeitszeiten. Ein Unterschied, der laut Okechukwu auf den ersten Blick vernachlässigbar erscheinen könne. „Dieser Anstieg repräsentiert jedoch über 600 Arbeitnehmer, allein aus den prospektiven Studien. Wenn der Zusammenhang kausal ist, lässt sich dies in den 14 Ländern, welche die Studie repräsentiert, auf mehr als zwei Millionen Menschen der erwerbstätigen Bevölkerung übertragen, die einen riskanten Alkoholkonsum entwickeln“, so die Wissenschaftlerin weiter. „Diese gut designte Metaanalyse von Virtanen und ihren Kollegen unterstützt andere Hinweise darauf, dass lange Arbeitszeiten ein wichtiger Faktor für die Gesundheit der Arbeitnehmer sind“, schreibt Okechukwu. Dementsprechend sei nun „weitere Forschung notwendig, um einschätzen zu können, ob Präventionsmaßnahmen gegen riskanten Alkoholkonsum von Informationen über Arbeitszeiten profitieren könnten“, so die Wissenschaftler in ihrem Fazit. (nr)
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