Mehr Technik, bessere Arbeit? Folgen der Digitalisierung im Krankenhaus
Die Digitalisierung betrifft nahezu alle Berufsfelder und wird auch die Arbeit in Krankenhäusern künftig deutlich verändern. In einer aktuellen Studie der Hans-Böckler-Stiftung haben Wissenschaftler untersucht, wie verbreitet der Einsatz moderner Geräte wie PC, Smartphone und Tablet bei den Beschäftigten in Pflege und Medizin in den deutschen Kliniken bereits ist und welche Auswirkungen die digitale Technik auf Arbeitsprozesse, Aufgabenfelder und auf die Arbeitsbelastung der Beschäftigten hat.
Die Arbeit in deutschen Krankenhäusern wird schon heute in erheblichem Umfang durch die Digitalisierung beeinflusst, so die Mitteilung des Instituts Arbeit und Technik (IAT/Westfälische Hochschule) zu den aktuellen Studienergebnissen. Die Sozial- und Pflegewissenschaftler um Michaela Evans, Professor Dr. Josef Hilbert und Christoph Bräutigam vom IAT hatten für die Studie im Auftrag der Hans-Böckler-Stiftung den Einsatz der digitalen Medien im Klinikalltag untersucht. Die Ergebnisse der Studie hat die Stiftung in einem eigenen Beitrag veröffentlicht.
Einblick in den Digitalisierungsalltag
Im Rahmen einer deutschlandweiten Online-Befragung wurden 648 Klinikbeschäftigte befragt, von denen 79 Prozent in der Pflege tätig waren, sechs Prozent als Ärzte und die übrigen in Assistenzberufen, im therapeutischen Bereich oder in Verwaltung und Technik. Des Weiteren erfolgten interviewgestützte Betriebsrecherchen in zwei Krankenhäusern. „Die Studie ermöglicht damit aufgrund der qualitativen Daten einen außergewöhnlich detaillierten und empirisch fundierten Einblick in den Digitalisierungsalltag deutscher Krankenhäuser“, so die Mitteilung des IAT.
Einsatz digitaler Technologien weit verbreitet
Das Ergebnis der Befragung war laut Aussage der Forscher durchaus überraschend. Die Digitalisierung spiele „im Arbeitsalltag der Beschäftigten eine deutlich größere Rolle spielt, als bislang gedacht.“ So würden mehr als 70 Prozent der Beschäftigten regelmäßig digitale Technik „in den Bereichen Kommunikation, Logistik, Management und Personal, Patientenversorgung, Information und Qualifizierung“ nutzen. Besonders häufig finden digitale Medien zur Recherche von Fachinformationen, Materialanforderungen, Diagnosen und der Verwaltung von Patientendaten Anwendung, berichte die Forscher.
Arbeitsprozesse im Umbruch
Der IAT-Pflegewissenschaftler Christoph Bräutigam kommt zu dem Schluss, dass der Umgang mit digitaler Technik für die Beschäftigten längst zum Arbeitsalltag gehört. „Fast 90 Prozent unserer Befragten gaben an, dass sie neuen Technologien gegenüber offen eingestellt sind“, so der Experte weiter. Die Annahme, dass etwa Pflegekräfte neuen Technologien skeptisch begegnen, habe sich nicht bestätigt. Insgesamt seien die Aufgabenkomplexe und Arbeitsprozesse im Krankenhaus durch die Digitalisierung im Umbruch. Dies habe sich auch daran gezeigt, dass 37 Prozent der Befragten angaben, aufgabenrelevante Informationen würden in ihrem Arbeitsbereich ausschließlich digital vermittelt.
Zusätzliche Belastung statt Erleichterung?
Die digitalen Medien sind in den Arbeitsalltag nicht nur integriert, sondern haben maßgeblichen Einfluss auf dessen Gestaltung. So erklärten 42 Prozent der Befragten, dass die Zahl der Arbeitssituationen, in denen der Computer den nächsten Schritt im Arbeitsprozess vorgibt, gestiegen sei. „26 Prozent können sogar den nächsten Arbeitsschritt immer häufiger nicht mehr selbständig planen“, berichten die Wissenschaftler weiter. Die Arbeitsanweisungen seien bei 57 Prozent der Probanden zunehmend per E-Mail oder SMS eingegangen. Eine spürbare Entlastung bringen die neuen Technologien für die Beschäftigten bislang aber offenbar nicht mit sich. Vielmehr gaben drei Viertel der Befragten an, „dass das Aufgabenspektrum am Arbeitsplatz größer geworden ist und häufig mehrere Aufgaben parallel erledigt werden müssen.“
Nutzen digitaler Technik bislang eher diffus
Der Einsatz von Smartphones und Tablets führt aus Sicht der Beschäftigten nicht selten zu ungewollten Störungen und Arbeitsunterbrechungen, so die Mitteilung des IAT. Hier seien die eigentlich beabsichtigten positiven Effekte in der Praxis bisher nur begrenzt erkennbar. Die Leiterin des IAT-Forschungsschwerpunkts „Arbeit und Wandel“, Michaela Evans, betont, dass der konkrete Nutzen digitaler Technologien für Zeitersparnis, mehr Effektivität und qualitative Verbesserungen bei der Patientenversorgung für die Beschäftigten in der Praxis derzeit eher diffus bleibe. „Es ist bislang unklar, wie digitale Technik konkret zur Entlastung und Aufwertung der Arbeit beitragen kann“, so das Fazit der Expertin. (fp)
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