Haarausfall durch COVID-19?
Relativ viele Menschen erleiden nach einer Erkrankung an COVID-19 plötzlich Haarausfall. Die Dermatologin Dr. Shilpi Khetarpal von der Cleveland Clinic (USA) erläutert, wieso COVID-19 zu Haarausfall führen kann, wie viele Menschen betroffen sind und was dagegen unternommen werden kann!
„Haarausfall und Haarverlust können die Folge einer Reihe von Erkrankungen sein, darunter auch COVID-19“, berichtet die Expertin. Im Gegensatz zu anderen Haarausfallerkrankungen gehen mit dem Haarausfall jedoch bei COVID-19 keine Symptome wie Rötung, Schuppenbildung, Juckreiz oder Brennen auf der Kopfhaut einher.
Haare wachsen und fallen aus
Zunächst sei festzuhalten, dass zu jedem Zeitpunkt etwa 90 Prozent unserer Haare wachsen, etwa fünf Prozent ruhen und und fünf Prozent ausfallen. „Aber wenn ein großes Stressereignis, eine Krankheit oder ein Schock eintritt, können bis zu 50 Prozent der Haare in die Ausscheidungsphase gedrängt werden“, erläutert Dr. Khetarpal.
COVID-19 kann Haarausfall bedingen
Auch eine Erkrankung an COVID-19 bedeutet Stress für den Körper. Und so hat eine Studie bereits gezeigt, dass ein „signifikanter Prozentsatz“ der COVID-19-Erkrankten einen gewissen Haarausfall entwickelt, berichtet die Expertin. Einer weiteren Studie zufolge sei bei bis zu 60 Prozent der erkrankten Personen ein Haarausfall festzustellen.
Dieser COVID-19-assoziierte übermäßige Haarausfall sei meist ein bis zwei Monate nach der Erkrankung feststellbar. „Ob COVID-19, Grippe oder Streptokokken – jede Art von Krankheit oder Fieber kann zu einer Veränderung der Haare führen“, betont Dr. Khetarpal.
Dies liege daran, dass der Körper, wenn er sich auf die Bekämpfung von Viren oder Bakterien konzentriert, nicht so viel Energie auf Dinge wie das Haarwachstum verwendet. Zudem können laut der Expertin andere Folgen von COVID-19 auch zu Haarausfall und Haarverlust führen, wie zum Beispiel:
- Gewichtsverlust,
- Nährstoffmangel,
- Emotionaler Stress,
- Schlafstörung,
- bestimmte Medikamente.
Des Weiteren könne der Stress, den das Leben in der COVID-19-Pandemie mit sich bringt, zu Haarausfall führen, ohne das man selbst erkrankt ist, so Dr. Khetarpal.
Und nicht zuletzt habe eine Forschungsarbeit einen Zusammenhang zwischen COVID-19-Impfstoffen und Alopecia areata (kreisrunde Haarausfall) bei einer sehr kleinen Gruppe der Geimpften gezeigt. Bei den untersuchten Personen sei aber nicht auszuschließen, dass sie möglicherweise bereits ein höheres Risiko für Alopezie aufwiesen.
Wie lange wird der Haarausfall anhalten?
Laut den bisherigen Forschungsergebnissen klingt der Haarausfall nach der COVID-19-Impfung innerhalb von zwei bis sechs Monaten wieder ab, so Khetarpal. Dies sei allerdings eine lange Zeit, in denen die Haare fehlen, und könne zusätzlichen emotionalen Stress auslösen, der schlimmstenfalls weiteren Haarverlust mit sich bringt.
„Wenn Menschen zum ersten Mal ihr Haar verlieren, kann das für sie sehr belastend und beunruhigend sein“, betont Dr. Khetarpal.
Der Haarausfall nach COVID-19 oder infolge von Stress und anderen Ursachen sei glücklicherweise jedoch meist reversibel. „Die Haare, die ausgefallen sind, werden durch neue, gesunde Haare ersetzt”, so die Dermatologin.
„Die Menschen haben vielleicht das Gefühl, dass ihr Haar dünner wird, aber mit der Zeit normalisiert sich die Haardichte wieder, vorausgesetzt, der Haarausfall ist nicht auf Medikamente oder einen Nährstoffmangel zurückzuführen“, erläutert Dr. Khetarpal.
Maßnahme gegen Haarverlust
Dennoch sind Menschen, die unter Haarausfall leiden, vielleicht besorgt und möchten wissen, was sie tun können, um dem Haarausfall entgegenzuwirken und ihr Haar wieder normal wachsen zu lassen. Meist empfehle sie Betroffenen, zunächst ihren Stress in den Griff zu bekommen, so Dr. Khetarpal.
Natürlich gebe es Stressfaktoren, die wir nicht kontrollieren können, aber man könne einiges unternehmen, um zu versuchen, den Stress zu reduzieren. Unterschiedliche Entspannungsmethoden bieten sich hier an und Bewegung, eine ausgewogene Ernährung mit viel Eiweiß und ausreichend Wasser können ebenfalls einen Beitrag leisten.
Wenn der Haarausfall sehr stark ist oder die Haare nicht mehr nachwachsen, seien auch noch weitere Maßnahmen möglich, wie beispielsweise die Einnahme von Minoxidil. Dies wird als topische Lösung oder Schaum auf die Kopfhaut aufgetragen und soll das Nachwachsen von Haaren unterstützen. Hier gilt es jedoch die potenziellen Nebenwirkung abzuwägen.
Auch könne die Einnahme bestimmter Vitaminpräparate dazu beitragen, den Gehalt an wichtigen Nährstoffen zu erhöhen, die das Nachwachsen der Haare fördern. Eines dieser Vitamine ist Biotin, ein wasserlösliches B-Vitamin, so die Expertin.
Wenn jemand einen Mangel an Vitamin D oder Eisen hat, könne dies ebenfalls Haarverlust verursachen, erläutert Dr. Khetarpal weiter. Daher empfehle sie, mit einem Multivitaminpräparat sicherzustellen, dass genügend der benötigten Nährstoffe aufgenommen werden.
Zu den weiteren Möglichkeiten, die bei starkem Haarverlust nach COVID-19 genutzt werden können, zähle nicht zuletzt ein Verfahren, bei dem Thrombozyten aus dem Blutplasma entnommen und in die Kopfhaut injiziert werden, um die Haarregeneration zu fördern.
Behandlungsschritte ärztlich abklären
Wer unter Haarverlust nach COVID-19 leidet und dagegen angehen möchte, sollte die bestehenden Möglichkeiten mit einer Ärztin beziehungsweise einem Arzt besprechen, empfiehlt die Expertin. Bei ihren Patientinnen und Patienten beginne sie zunächst mit den einfachsten Dingen und anschließend sei es möglich, weitere ergänzende therapeutische Schritte einzuleiten.
„Wir stellen sicher, dass Sie keinen Mangel an Nährstoffen oder Vitaminen haben. Dann empfehlen wir Ihnen vielleicht Minoxidil, wenn Sie ein Kandidat sind, und gehen von dort aus weiter. Wir fangen mit diesen einfachen Dingen an und können dann weitere hinzufügen“, so Dr. Khetarpal. (fp)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Kai-Che Wei, Chao-Chun Yang: Hair loss and COVID-19; in: Dermatologica Sinica (veröffentlicht 29.12.2021), dermsinica.org
- Zeinab Aryanian, Kamran Balighi, Parvaneh Hatami, Zeinab Mohseni Afshar, Nessa Aghazadeh Mohandesi: The role of SARS-CoV-2 infection and its vaccines in various types of hair loss; in: Dermatologic Therapy (veröffentlicht 09.03.2022), onlinelibrary.wiley.com
- Margaret E. Scollan, Alyssa Breneman, Neha Kinariwalla, Yssra Soliman, Soundos Youssef, Lindsey A. Bordone, Stephanie M. Gallitano: Alopecia areata after SARS-CoV-2 vaccination; in: JAAD Case Reports (veröffentlicht 14.12.2021), jaadcasereports.org
- Cleveland Clinic: How COVID-19 Might Be Causing Your Hair Loss (veröffentlicht 05.08.2022), health.clevelandclinic.org
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.