Bietet Virtual Reality neue Wege aus der Sucht?
Deutschland qualmt immer noch gern. Über 25 Prozent der Bevölkerung hängen am Glimmstengel. Studien zufolge, hat sich Deutschland in die Top 10 der Länder mit den höchsten Raucherzahlen pro Kopf gequalmt. Gängige Methoden zum Entzug scheinen trotz leichtem Rückgang nicht wirklich effektiv zu sein. Ein deutsches Forscherteam geht nun neue Wege und entwickelte eine Rauchentwöhnung mit Hilfe der virtuellen Realität.
Forschende der Universität Siegen programmierten eine Virtual Reality-Anwendung, die Nutzern helfen soll, ihre Nikotinsucht zu besiegen. Das Team möchte in der virtuellen Realität eine starke emotionale Ebene ansprechen, die dem Nutzer mehr Kraft gibt, nicht zur Zigarette zu greifen. Dazu entführt die Anwendung die Anwender in eine andere Welt, wo sie sich von suchtauslösenden Faktoren entfernen können.
Rauchen – nach wie vor eine beliebte Sucht
Immer noch rauchen über 25 Prozent der Bevölkerung in Deutschland. Der Tabakkonsum ist mit Abstand beliebter als jede andere Droge. Dank der Beliebtheit ist Tabak auch gleichzeitig die gefährlichste Droge. Einer von zehn Todesfällen wird weltweit durch Rauchen verursacht, zeigte eine Studie im Fachjournal „The Lancet“ im Jahr 2017. Deutschland liegt hier sogar über dem Schnitt. Bei dem neuen Virtual Reality-Prokejkt „ANTARES“ sollen Rauchende trainieren können, wie sie sich dem Griff zur Zigarette widersetzen können.
Mit virtuellem Training den Drang besiegen
Wie die Forschenden aus Siegen berichten, versetzt die Anwendung den Nutzer in eine künstliche Welt. Hier wird er an verschiedenen Orten mit Objekten konfrontiert, die normalerweise zum Rauchen animieren, wie beispielsweise ein Feuerzeug, ein Aschenbecher oder auch eine Zigarette. Daneben gibt es auch solche Gegenstand, die nichts mit dem Rauchen zu tun haben. Der Anwender soll nun alle nikotinbezogenen Objekte optisch verkleinern und ihnen so eine geringere Relevanz geben. Andere Objekte sollen stattdessen optisch vergrößert werden, erläutert das Projektteam.
Das Konzept des Approach-Avoidance-Trainings verstärken
„Aus früheren Studien wissen wir bereits, dass ein solches Training – auch bekannt als ,Approach-Avoidance-Training‘ – am Computer einen kleinen Effekt auf das Rauchen haben kann“, berichtet Psychologie-Professor Dr. Tim Klucken in einer Pressemitteilung. Diesen Effekt möchte das Team durch die virtuelle Realität steigern.
Virtual Reality-Therapie
Der Anwender wird mithilfe einer Virtual Reality-Brille komplett in eine andere Welt entführt. „Die emotionale Ebene wird daher viel stärker angesprochen, als wenn man vor dem klassischen Desktop-Computer sitzt“, ergänzt Professor Dr. Dr. Björn Niehaves, der ebenfalls an dem Projekt beteiligt ist. Das Potenzial, welches die virtuelle Realität zur Therapie bietet, sei derzeit noch nicht ausreichend erforscht.
Eine neue Ebene ansprechen
Nach Angaben der Wissenschaftler kann mit Virtual Reality das impulsive und emotionale System des Anwenders erreicht werden. Herkömmliche Nikotintherapien würden stattdessen nur auf das reflexive System abzielen. Mit anderen Worten: Das darlegen von rationalen Argumenten reiche bei vielen Menschen nicht für einen Rauchstopp aus. „Bei Sucht ist das impulsive System viel wichtiger, als das reflexive“, so Klucken. Menschen würden in vielen Fällen ganz plötzlich und impulsiv zur Zigarette greifen, beispielsweise wenn sie Stress oder sich gestritten haben.
Als Ergänzung zur herkömmlichen Therapie
„Unsere Anwendung ist allein sicherlich keine Wunderwaffe“, merkt Klucken an. Jedoch erhoffen sich die Forschenden, dass eine Kombination aus der Virtual Reality-Anwendung mit bekannten Raucherprogrammen zur besseren Rauchentwöhnung führt.
Teilnehmende gesucht
Im nächsten Schritt des Projektes wird das Team um Professor Niehaves testen, welche Version bei den Nutzern am besten akzeptiert wird. Dazu werden aktuell auch noch Raucherinnen und Raucher zwischen 18 und 65 Jahren gesucht, die seit mindestens sechs Monaten rauchen und mindestens sechs Zigaretten pro Tag konsumieren. Wer Interesse am teilnehmen hat, kann sich bei der Universität Siegen melden.
Wer lieber nicht zur VR-Brille greifen möchte, findet in dem Artikel „das Rauchen aufgeben” Unterstützung. (vb)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.