Rauchen ist mit einer deutlichen Reduzierung gesunder Bakterien im Mund verbunden, was zu einem erhöhten Risiko für Herzkrankheiten und Parodontitis beitragen könnte. Die beeinträchtigte Mundflora scheint demnach ein wesentlicher Faktor bei den negativen Folgen des Rauchens.
In einer aktuellen Studie unter Beteiligung von Fachleuten der University of Michigan wurden durch das Rauchen bedingte Veränderungen in der Zusammensetzung der oralen Mikrobiota und die daraus resultierenden Veränderungen der Stoffwechselwege untersucht, welche für ein erhöhtes Erkrankungsrisiko verantwortlich sein könnten. Die Ergebnisse sind in der englischsprachigen Fachzeitschrift „Scientific Reports“ veröffentlicht.
Interesse an Mikrobiomforschung nimmt zu
Die sogenannte Mikrobiomforschung ist ein recht junges Gebiet und noch vor wenigen Jahrzehnten galten die Gemeinschaften von Billionen Mikroorganismen, welche auf und im Menschen vorkommen (vor allem im Verdauungstrakt) für die Wissenschaft als unbedeutend, berichten die Forschenden.
Mittlerweile sei jedoch bekannt, dass das sogenannte Mikrobiom eine wichtige Rolle für die Entwicklung und Gesundheit spielt. So bile insbesondere die Darmflora heute ein wichtiges Forschungsgebiet.
Verglichen mit dem Darm ist der Mund nur dünn mit Mikroorganismen besiedelt, die in ihrer Gesamtheit auch als Mundflora bezeichnet werden. Diese scheint jedoch ebenfalls weitreichende Auswirkungen auf die Gesundheit zu haben.
Speichelproben von mehr als 1.600 Menschen
Ob sich im Speichel Veränderungen der Mundflora identifizieren lassen, welche als Biomarker dienen und auf bestimmte Krankheiten hinweisen können, haben die Forschenden in ihrer Untersuchung auf Basis der Speichelproben von mehr als 1.600 Teilnehmenden untersucht.
Die Teilnehmenden wurde anhand ihres Raucherstatus in verschiedene Gruppen eingeteilt, je nachdem ob sie aktuell rauchten, mit dem Rauchen aufgehört hatten oder niemals mit dem Rauchen angefangen hatten.
Teilnehmende, welche das Rauchen aufgegeben hatten, wurden zudem befragt, wann sie mit dem Rauchen aufgehört hatten. Rauchende Teilnehmende wurden dagegen gefragt, wie viele Zigaretten sie täglich rauchten.
Veränderte mikrobielle Gemeinschaft im Mund
Das Team verwendete eine universell eingesetzte Technologie zur Identifizierung von Bakterien, um herauszufinden, welche Arten von Bakterien in welcher Häufigkeit im Mund der Teilnehmenden vorhanden waren.
Es zeigte sich, dass Menschen, die noch nie geraucht haben, in ihrem Mund eine deutlich andere mikrobielle Gemeinschaft aufwiesen als Personen, die aktuell rauchten oder vor kurzer Zeit mit dem Rauchen aufgehört hatten, berichtet das Team.
Rauchen reduziert aerobe Bakterien
Dabei habe das Rauchen von Zigaretten vor allem sogenannte aerobe Bakterien beeinflusst, welche dafür bekannt sind, dass sie Sauerstoff benötigen. Die Fachleute stellten fest, dass die Anzahl dieser Bakterien immer weiter abnahm, umso mehr Zigaretten die Teilnehmenden rauchten.
Wurde das Rauchen aufgegeben, vermehrten sich diese aeroben Bakterien allmählich wieder. Dabei galt laut dem Team: Je länger Menschen nicht rauchten, desto mehr aerobe Bakterien waren in deren Speichel vorhanden.
Es dauert nach Aussage der Forschenden fünf Jahre, bis sich die Anzahl der aeroben Bakterien im oralen Mikrobiom der Raucherinnen und Raucher nicht mehr von Menschen unterschieden, die in ihrem Leben noch nie geraucht hatten. Dies mache deutlich, dass die Auswirkungen des Rauchens auf die Bakterien im Mund über Jahre anhalten.
Risiko für Parodontitis und Herz-Kreislauf-Erkrankungen?
Da bekannt ist, dass rauchende Menschen ein erhöhtes Risiko für Parodontitis und Herz-Kreislauf-Erkrankungen aufweisen, stellt sich laut den Forschenden die Frage, ob die durch das Rauchen verursachten Veränderungen im oralen Mikrobiom eine Rolle bei diesem erhöhten Risiko spielen könnten.
Einige dieser Bakterien, hauptsächlich aerobe Bakterien, wandeln mit der Nahrung aufgenommenes Nitrat zu Stickoxid um und steht zu wenig Stickoxid zur Verfügung, kann dies zu schlecht durchblutetem Zahnfleisch und Herz-Kreislauf-Erkrankungen führen, erklären die Fachleute. Stickstoffmonoxid spiele zudem beispielsweise eine wichtige Rolle bei der Regulierung des Blutdrucks.
Je mehr die Teilnehmenden rauchten, umso weniger nitratreduzierende Bakterien seien in ihrem Mundraum vorhanden gewesen. Dies könnte eine zusätzlich Erklärung dafür bieten, warum rauchende Menschen ein höheres Risiko für Parodontitis und Herz-Kreislauf-Erkrankungen aufweisen.
Bisher ist dies jedoch lediglich eine Hypothese, die in weiteren Studien überprüft werden muss, resümiert Studienautor Giacomo Antonello in einer Pressemitteilung. (as)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Freida Blostein, Deesha Bhaumik, Elyse Davis, Martin Gögele, Roberto Melotti, et al.: Smoking and salivary microbiota: a cross-sectional analysis of an Italian alpine population; in: Scientific Reports (veröffentlicht 02.11.2023), Scientific Reports
- Eurac Research: What smoking does to oral bacteria (veröffentlicht 29.11.2023), Eurac Research
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.