Folgen ungesunder Ernährung für Darm und Gesundheit
Viele Erkrankungen sind mit einer ungesunden Ernährung verbunden. Neuste Forschungsergebnisse deuten nun darauf hin, welche Mechanismen für diese Verbindung verantwortlich sind und wie effektive Möglichkeiten zur Behandlung geschaffen werden können. Veröffentlicht wurden die entsprechenden Studienergebnisse in dem englischsprachigen Fachblatt „Nature Metabolism“.
Der menschliche Darm spielt eine wichtige Rolle bei der Aufrechterhaltung des Energiehaushaltes, erläutern die Forschenden der Technischen Universität München (TUM) und des Helmholtz Zentrums München in einer Pressemitteilung zu ihren neuen Studienergebnisse. Hierfür nutze der Darm spezielle Zellen, welche unter anderem die Absorption von Bestandteilen der aufgenommen Nahrung oder die Sekretion von Hormonen ermöglichen. Eine ungesunde Ernährung habe weitreichende Auswirkungen auf diese Darmzellen.
Darmzellen bilden sich regelmäßig neu
In Normalfall bilden sich diese Darmzellen bei Personen im Erwachsenenalter etwa alle fünf bis sieben Tage neu, so das Team. Die Fähigkeit zur Neubildung und darüber hinaus die Fähigkeit zur Bildung jeglicher Darmzellarten aus sogenannten Darmstammzellen spielt laut den Forschenden eine entscheidende Rolle für die natürliche Anpassungsfähigkeit des menschlichen Darms.
Eine ungesunde Ernährung, mit zu vielen fetthaltigen oder stark gezuckerten Nahrungsmitteln störe jedoch diese natürliche Anpassungsfähigkeit, was dann zur Entstehung von Fettleibigkeit, Typ-2-Diabetes und Krebs im Magen-Darmbereich führen kann. Bisher sei unklar geblieben, welche molekularen Mechanismen hinter dieser Fehlanpassung stecken, so das Team.
Rolle der Darmstammzellen
Man geht davon aus, dass die sogenannten Darmstammzellen eine wichtige Rolle bei dieser Fehlanpassung spielen, berichten die Fachleute. In Untersuchungen an Mäusen analysierten die Forschenden nun die Auswirkungen einer zucker- und fettreichen Ernährung auf den Körper der Tiere.
„Als erstes stellten wir fest, dass sich der Dünndarm bei der hochkalorischen Diät stark vergrößert“, erläutert Studienautorin Anika Böttcher vom Helmholtz Zentrum München. Die Fachleute erstellten daraufhin ein Profil von 27.000 Darmzellen von Mäusen, mit dessen Hilfe sie herausfanden, dass eine ungesunde Ernährung bei den Tieren dazu führte, dass sich deren Darmstammzellen schneller teilten und differenzierten. Auslöser sei eine Hochregulierung der entsprechenden Signalwege, welche auch bei vielen Formen von Krebs mit einem beschleunigten Wachstum von Tumoren verbunden ist.
„Dies könnte ein wichtiger Zusammenhang sein: Die Ernährung beeinflusst die Stoffwechselsignale, was zu einem übermäßigen Wachstum von Darmstammzellen und schließlich zu einem erhöhten Risiko für Magen-Darm-Krebs führt“, fasst Studienautorin Böttcher zusammen.
Diabetes durch Trägheit des Darms
Es gelang dem Team in der aktuellen Forschungsarbeit auch, seltene Arten von Zellen im Darm zu untersuchen, wie beispielsweise Zellen, welche Hormone absondern. So konnten die Forschenden nachweisen, dass eine ungesunde Ernährung die serotonin-produzierenden Zellen im Darm reduziert, was eine Trägheit des Darms bewirken kann, die typisch für Diabetes mellitus ist. Außerdem zeigte sich, dass eine solche Trägheit des Darms auch den Appetit erhöht.
Die Fachleute berichten weiter, dass sich die absorbierenden Zellen des Darms an eine fettreiche Ernährung anpassen und darüber hinaus ihre Funktionalität erhöhen, was auf direktem Weg eine Gewichtszunahme begünstige.
Eingeschränkte Behandlungsoptionen
Es sei bisher noch kein pharmakologischen Ansatz bekannt, welcher die Entstehung von Übergewicht und Diabetes verhindert oder in der Lage ist, die Erkrankung rückgängig zu machen. Zwar habe sich gezeigt, dass bariatrische Operationen zu einem dauerhaften Gewichtsverlust beitragen können und eine Remission von Diabetes zu erreichen, doch seien diese Operationen einerseits invasiv und nicht reversible, und andererseits mit hohe Kosten für das Gesundheitssystem verbunden.
Basis für neue Behandlungsansätze
Daher sei es wichtig alternative Therapieoptionen zu bariatrischen Operationen zu identifizieren. Neue, nicht-invasive Behandlungsmethoden könnten beispielsweise durch eine gezielte Regulation des sogenannten Serotoninspiegels auf hormoneller Ebene funktionieren, was nun in nachfolgenden Studien untersucht werden soll, so das Forschungsteam.
Insgesamt trage die Studie zu einem besseren Verständnis von Krankheitsmechanismen im Zusammenhang mit einer hochkalorischen Ernährung bei und „was wir herausgefunden haben, ist von entscheidender Bedeutung, um alternative nicht-invasive Therapien zu entwickeln“, betont Studienleiter Heiko Lickert vom Helmholtz Zentrum München.(as)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Alexandra Aliluev, Sophie Tritschler, Michael Sterr, Lena Oppenländer, Julia Hinterdobler, et al.: Diet-induced alteration of intestinal stem cell function underlies obesity and prediabetes in mice; in: Nature Metabolism (veröffentlicht 22.09.2021), Nature Metabolism
- Technische Universität München: Wie ungesunde Ernährung krank macht (veröffentlicht 19.11.2021), TUM
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.