Hält die Elektrostimulation als Trainingsmethode was sie verspricht?
16.06.2014
Bei der Elektromuskelstimulation (auch Elektromyostimulation, kurz EMS) sollen durch gezielte Reize bestimmte Muskeln gestärkt werden. Die ursprünglich vor allem zur Rehabilitation eingesetzte Technik hat sich mittlerweile zu einem Trend in der Fitnessindustrie entwickelt, mit der die Trainingsergebnisse deutlich verbessert werden sollen. Hier findet auch das sogenannte EMS-Ganzkörpertraining Anwendung, „bei dem elektrische Impulse gleichzeitig von den Oberschenkeln bis zu den Schultern eingesetzt werden“, berichtet die Nachrichtenagentur „dpa“.
Die EMS-Trainingsmöglichkeiten werden in verschiedenen modernen Fitnessstudios angeboten. Die Trainierenden erhalten eine spezielle saugfähige Radlerhose und ein entsprechendes T-Shirt. Darüber wird eine mit Elektroden bestückte, angefeuchtete Weste angelegt, welche durch Kabel an Oberschenkeln, Bauch, Rücken und Armen mit dem EMS-Gerät verbunden wird, so die Mitteilung der „dpa“. Den Sportwissenschaftler und Leiter der Abteilung Kraftdiagnostik und Bewegungsforschung an der Deutschen Sporthochschule Köln, Heinz Kleinöder, zitiert die Nachrichtenagentur mit der Aussage: „Es gibt mehrere Studien mit sehr positiven Ergebnissen.“
Stromimpulse sollen den Wirkungsgrad des Trainings erhöhen
Trainierende hinter großen Schaufensterscheiben in merkwürdig anmutender Sportbekleidung vollführen sonderbare Bewegungen. So erscheint die moderne Fitnessmethode EMS den Passanten in verschiedenen Deutschen Innenstädten. „Man sieht dabei ein bisschen aus, als wäre man in einer Taskforce“, erläutert der Inhaber eines solchen Studios in Berlin, Christian Musche, gegenüber der „dpa“. Durch die schwachen Stromimpulse sollen selbst kurze Trainingseinheiten eine beachtliche Wirkung erzielen. Heinz Kleinöder erklärte zu der Anwendung, dass bei den ersten Trainingseinheiten sehr viel Koordination gefragt sei, doch die Meisten würden sich schnell daran gewöhnen und „ab der zweiten Trainingseinheit lernen, mit dem Reiz zu spielen.“
Schwangerschaft, Herzschrittmacher, Infektionskrankheiten als Kontraindikation
Die Stromimpulse der EMS sind mit einem Kribbeln verbunden, dass durchaus ein wenig unangenehmem beziehungsweise gewöhnungsbedürftig sein kann. Generell ist laut Aussage von Kleinöder bei den EMS-Training eine gute Anleitung der Trainierenden sehr wichtig, um einen möglichst hohen Wirkungsgrad zu erreichen und unerwünschte Nebeneffekte zu vermeiden. Beispielweise ist EMS bei Patienten mit einem Herzschrittmacher oder während der Schwangerschaft, strikt kontraindiziert, erläuterte die Filialleiterin und Trainerin eines Fitnessstudios in Berlin, Yvonne Kröhl, gegenüber der „dpa“. Auch eine „bakterielle oder virale Erkrankung“ sei eine Kontraindikation.
Im Zweifelsfalls vor dem Training einen Arzt konsultieren
Zudem sollte laut Aussage von Kröhl bei vorliegenden Erkrankungen wie beispielsweise Diabetesvor der EMS ein Arzt konsultiert werden. Mittlerweile würden die meisten Ärzte diese Methode kennen und könnten demnach eine Einschätzung abgeben, erläuterte hierzu der EMS-Experte im Verband Deutscher Fitness- und Gesundheitsunternehmen, Johannes Pommerien. In Bezug auf die Anleitung durch die Trainer erläutertet Pommerien, dass diese „in der Regel“ durch die Gerätehersteller geschult würden und sich die Interessenten daher danach erkundigen sollten. Empfohlen wird von den Experten nicht mehr als eine EMS-Trainingseinheit pro Woche, wobei Kleinöder erklärte, dass diese nicht länger als 20 Minuten dauern sollte.
Fehlende Studien zur Wirkung von EMS
Ob die positiven Effekte der EMS sich auch für den Breitensport nutzen lassen, bleibt angesichts der fehlenden wissenschaftlichen Studien bislang offen. Fest steht jedoch, dass EMS bei Sportlern, die aufgrund einer Verletzung eine Trainingspause einlegen müssen, einen sinnvoll Begleittherapie darstellen kann. Auch die förderliche Wirkung bei der Rehabilitation von Muskelverletzungen ist eindeutig. Allerdings bedeutet dies keinesfalls, dass alle Patienten gleichermaßen von der EMS profitieren, erläuterte Prof. Holger Schmitt von der Deutschen Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention (DGSP) gegenüber der „dpa“. Schmitt setzt EMS zum Beispiel zur Rehabilitation nach Kreuzband-Operationen ein. Angesichts des minimalen Nebenwirkungsrisikos unter professioneller Anleitung sei gegen einen Versuch der begleitenden EMS jedoch wenig einzuwenden, so das Fazit des Mediziners. (fp)
Bildquelle: Stephanie Hofschlaeger / pixelio.de
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