Neue Verfahren ermöglichen Einblicke zu den körpereigenen Oxidantienin
Der Oxidationszustand im Organismus steht in engem Zusammenhang mit der Ernährung, körperlicher Aktivität, Infektionen, Krebs und möglicherweise auch dem Altern, so die aktuelle Mitteilung des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) in Heidelberg. Wissenschaftler des DKFZ haben zwei neue biologische Messsysteme entwickelt, mit denen krankheitsrelevante Veränderungen im Oxidationszustand der Zellen besser analysiert werden können.
Um die Bedeutung der Oxidantien und Antioxidantien für die menschliche Gesundheit ranken sich den Angaben der Forscher zufolge „viele Irrtümer und Mythen.“ So werde den Oxidantien traditionell eher eine schädlich Wirkung zugesprochen, während Antioxidantien als gesundheitsfördernd gelten. „Doch schon seit vielen Jahren wissen Forscher, dass körpereigene Oxidantien als essentielle Botenstoffe mithelfen, die Funktionen des Organismus aufrechtzuerhalten“, berichtet das DKFZ. Die Art und Menge sowie die räumliche und zeitliche Konzentration der Oxidantien entscheiden hier laut Aussage der Experten über die Wirkung. „Deshalb interessiert uns, welche Zellen und Gewebe im Kontext des gesamten Organismus in welcher Situation und wie lange welche Oxidantien produzieren“, so der Zellbiologe Tobias Dick vom DKFZ.
Oxidationszustand bislang nur schwer messbar
Die exakte Erfassung des Oxidationszustandes ist für Mediziner angesichts des Zusammenhangs mit verschiedenen Erkrankungen von besonderem Interesse. Hier war die Entwicklung von leuchtenden Biosensoren, welche der Arbeitsgruppe um Tobias Dick bereits vor einigen Jahren gelungen war, laut Angaben des DKFZ „ein wichtiger Schritt, um die körpereigenen Oxidantien zu erforschen.“So ließen sich die Baupläne der Biosensoren in das Erbgut von Versuchstieren einsetzen und die ausgesendeten Lichtsignale der Sensoren zeigten die Anwesenheit ganz bestimmter Oxidantien an – „in Echtzeit und auf die einzelne Zelle genau“, berichtet das DKFZ. Allerdings war der medizinische Nutzen bisher gering, da die Lichtsignale das Gewebe nur auf kurze Distanz durchdringen können. So konzentrierte sich die Anwendung solcher Sensoren laut Aussage der Forscher bislang auf kleine oder durchsichtige Organismen. Beispielsweise seien die Sensoren besonders gut anwendbar bei Fruchtfliegen oder Zebrafischen. Für den Einsatz bei Mäusen, welche in der medizinischen Forschung einen wichtigen Modellorganismus bilden, waren die Sensoren hingegen weniger gut geeignet.
Verteilung der Oxidantien sichtbar gemacht
Dem Forscherteam um Tobias Dick ist es nun allerdings gelungen, die Schwierigkeiten bei der Erfassung des Biosensors zu beheben, indem sie dessen Zustand in entnommenem Gewebe dauerhaft konservierten. Hierfür nutzen die Wissenschaftler eine besondere Kombination aus Kälte und einer chemischen Behandlung . „So ließ sich auf einem fixierten Gewebeschnitt die räumliche Verteilung der Oxidantien sichtbar machen, so wie sie auch der Verteilung im lebenden Organismus entspricht“, berichtet das DKFZ. Die Ergebnisse der Forscher wurden in dem Fachmagazin „Science Signaling“ veröffentlicht. Die Wissenschaftler beschreiben in dem Beitrag als Beispiele die Verteilung von Oxidantien in einem wachsenden Tumor, die Reaktion der Leber auf eine Entzündung und die Reaktion von Muskelfasern auf Hunger. „Mit dem neuen Verfahren wollen die Forscher nun den Einfluss von Krankheiten und Wirkstoffen auf die Verteilung von Oxidantien im ganzen Körper studieren“, so die Mitteilung des DKFZ.
Echtzeit Messung des Oxidantienspiegels
Die Wissenschaftler um Tobias Dick widmeten sich in einer zweiten Studie einer Verbesserung der Empfindlichkeit der Biosensoren, um „kleinste stoffwechselbedingte Schwankungen der Oxidantienproduktion, wie sie beispielsweise bei Umstellung der Ernährung oder bei körperlicher Aktivität auftreten“, sichtbar zu machen. Hierfür entwickelten sie erstmals einen Biosensor auf Basis der sogenannten Peroxiredoxine, welche als Proteine mit der höchsten Empfindlichkeit gegenüber Wasserstoffperoxid bekannt sind. Die neuen Sensoren seien so beschaffen, dass sie auf die kleinste Zu- oder Abnahme des Oxidantienspiegels hochempfindlich reagieren, berichten die Wissenschaftler. Bei einem Test der Sensoren in Hefezellen ließ sich laut Angaben des DKFZ „sogar die Bewegung von Oxidantien zwischen einzelnen Strukturen innerhalb der Zelle mitverfolgen.“ Veröffentlicht wurde die zweite Studie in dem Fachmagazin „Nature Chemical Biology“. Das nächstes Ziel sei nun eine Zusammenführung der beiden Neuentwicklungen, um beispielsweise zu erforschen, wie eine minimal veränderte Produktion von Oxidantien mit der Entwicklung von Stoffwechselkrankheiten zusammenhängt. (fp)
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