Kenntnisse über die biologischen Eltern helfen bei der Persönlichkeitsentwicklung
Wer seine leiblichen Eltern nicht kennt, hat meist ein starkes Bedürfnis danach, mehr über die eigene Herkunft zu erfahren. Oft wird viel Zeit und Mühe in diese „Wurzelsuche“ investiert – was für Außenstehende manchmal nur schwer zu verstehen ist. Doch das Wissen um die biologische Herkunft ist ein wichtiger Teil der Identitätsentwicklung. Denn es hilft dabei, sich selbst besser kennen zu lernen und mehr über das eigene Leben zu erfahren.
Starker Wunsch nach Informationen über die Eltern
„Wer bin ich?“ und „Wo komme ich her“? Diese Frage ist bei Menschen, die ihre biologischen Eltern nicht kennen, meist besonders präsent. Viele begeben sich daher irgendwann auf die Suche nach ihren „Wurzeln“, um mehr über ihre Herkunft zu erfahren. Ob Internet-Recherchen, Gespräche mit Angehörigen oder das Durchblättern alte Fotoalben – oft wird alles versucht, um an Informationen zu gelangen. Außenstehende können dieses tiefliegende Bedürfnis oft nicht nachvollziehen, teilweise erscheint es sogar etwas spleenig, wenn sich jemand über Wochen nur noch mit der Suche nach seinen Eltern beschäftigt.
Gefühl der inneren Vollständigkeit fehlt
Dabei ist der Wunsch, zu erfahren, woher man kommt, ganz normal und auch gesund, denn „das Wissen um die genetischen Eltern ist für die Identitätsentwicklung wichtig”, erläutert Anja Kannegießer im Gespräch mit der Nachrichtenagentur „dpa“. Wie die Diplom-Psychologin und Vorsitzende der Sektion Rechtspsychologie beim Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen erklärt, helfe dieses dabei, Fragen im Zusammenhang mit der eigenen Persönlichkeit zu beantworten. Neben der Herkunft gehe es dabei auch um die eigene Zukunft und Fragen wie „Wohin gehe ich?”, „Welches ist der richtige Weg für mich?“ – denn wer seine genetischen Eltern nicht kennt, hat oft den Eindruck, sich selbst etwa fremd zu sein. Es klafft eine diffuse Lücke, welche sich anfühlt, als fehle ein Stück von einem selbst.
Ergebnislose Suche kann zu Frustration und Depressionen führen
Die Frage nach der Herkunft stelle sich der Expertin zufolge bei fast allen Betroffenen im Laufe ihres Lebens. Oft käme das Bedürfnis nach Informationen über die Eltern in bestimmten Phasen der Entwicklung auf, beispielsweise in der Phase der Pubertät oder wenn man selbst eine Familie gründet. Wie damit umgegangen wird, ist individuell verschieden und nicht bei jedem ist das Gefühl so stark ausgeprägt, dass er sich auf die Suche begibt. Anderen wiederum lässt das Wissen um die genetischen Eltern ein Leben lang keine Ruhe. Verläuft die Suche in diesem Fall ohne Erfolg, könne dies laut Kannegießer problematisch werden. Denn Studien hätten gezeigt, dass in der Folge oft ein tief empfundenes Gefühl der Frustration und Hilflosigkeit auftrete und daraus teilweise sogar eine Depression entstehe.
Um den Betroffenen bestmöglich zu helfen, sollten Verwandte und Freunde daher offen mit dem Thema umgehen, zuhören und ihre Unterstützung anbieten. „Die Erfahrung zeigt: Wenn das Umfeld das Thema leibliche Eltern völlig tabuisiert, ist der Wunsch häufig besonders groß, sie zu finden”, so Kannegießer. (nr)
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