Wissenschaftliche Fortschritte bei Lepra-Forschung:Ursprüngen der Lepra auf der Spur
14.06.2013
In vielen Teilen der Welt, allen voran in Indien, Afrika und Brasilien, leiden nach wie vor Millionen von Menschen an Lepra. Wissenschaftler kamen jetzt anhand der Analyse des Erbguts von mittelalterlichen Lepra-Bakterien den Ursprüngen der Infektionskrankheit näher.
Gemeinsamer Vorfahre vor 4.000 Jahren
Obwohl Lepra als heilbar gilt, leben weltweit bis zu vier Millionen Menschen mit Verstümmelungen, die durch Lepra verursacht wurden. Die Symptome der chronischen Infektionskrankheit variieren von Patient zu Patient sehr stark. Im Frühstadium kommt es zu den typischen unscharf abgegrenzten Flecken auf der Haut. Früher wurde die Krankheit Aussatz genannt, da die Betroffenen „ausgesetzt“ wurden und außerhalb menschlicher Siedlungen leben mussten. Genetiker setzten nun auf die DNA-Entschlüsselung des Erregers und konnten anhand von mittelalterlichen Lepra-Bakterien feststellen, dass sich das Erbgut über die Jahrhunderte kaum verändert hat. Darüber hinaus analysierte man, dass viele der Bakterien auf einen gemeinsamen Vorfahren zurückgehen, der vor 4.000 Jahren lebte, so das Team um den Tübinger Evolutionsgenetiker Johannes Krause im Journal „Sciencexpress". Für die Untersuchungen konnte das Forscherteam auf fünf sehr gut erhaltene mittelalterliche Skelette sowie aktuelle Proben von lebenden Lepra-Kranken zurückgreifen. Den Forschern sei es dabei erstmalig gelungen, komplette Genome des Erregers Mykobakterium leprae aus unterschiedlichen Epochen zu rekonstruieren.
Kaum Veränderungen in den letzten Jahrtausenden
Über Jahrtausende hinweg habe es kaum Mutationen im Erbgut des Erregers gegeben und dies lasse laut Krause Rückschlüsse auf die Krankheit zu. So beispielsweise die Erkenntnis, dass die Lepra jahrtausendelang relativ gleichmäßig verbreitet war und nicht wie etwa die Pest in mehreren Pandemien aufgetreten ist. Die starke Verbreitung von Lepra im Mittelalter sei nicht auf den Krankheitserreger, sondern auf die sich veränderten Lebensumstände der Menschen zurückzuführen. Die Ausbreitung habe zugenommen, als im 10. Jahrhundert die Menschen in immer größeren Siedlungen zusammenlebten. Und im 14. Jahrhundert sei sie durch verbesserte Hygienestandards eingedämmt worden, so Krause. Es sei bei der Forschung am Lepra-Genom auch klar geworden, dass die DNA von Bakterien selbst unter ungünstigen Umweltbedingungen viel länger erhalten bleibe als die von Säugetieren. „Damit sollte es möglich sein, die Krankheit bis in ihre prähistorischen Ursprünge zurückzuverfolgen", so Krause.
Viele Menschen ohne Zugang zu wirksamen Medikamenten
Erkenntnisse über Ursprünge und Veränderungen der Krankheit können für die Medizin von Relevanz sein. Ist etwa bekannt, wie schnell Bakterien mutieren, dann fällt es auch leichter, abzuschätzen, wie schnell sie etwa resistent gegen neue Antibiotika werden. Der Professor meinte, es sei noch nicht klar, ob es nun Forschungsprojekte geben werde, die versuchen, die DNA-Entschlüsselung des Lepra-Erregers für die Medizin nutzbar zu machen. Es sei aber denkbar, dass für jeden Patienten mit Hilfe einfacher DNA-Analysen ein passendes Antibiotikum ermittelt werden könne. Jährlich erkranken weltweit immer noch mehr als 200.000 Menschen an Lepra. Nach Angaben der Deutschen Lepra- und Tuberkulosehilfe (DAHW) haben bis zu vier Millionen Menschen durch Lepra verursachte Verstümmelungen. Am häufigsten tritt die Krankheit in Indien auf, aber auch in Afrika und in Südamerika, so zum Beispiel in Brasilien ist sie verbreitet. Auch in den USA kommt es noch zu Lepra-Fällen, dort seien Gürteltiere dafür verantwortlich, dass es zu Erkrankungen kommt. In Europa besteht noch das speziell für die Behandlung Lepra-Kranker eingerichtete Sanatorio San Francisco de Borja in spanischen Dorf Fontilles im Hinterland der Costa Blanca. Grundsätzlich ist Lepra zwar heilbar aber vor allem in den armen Regionen der Welt haben viele Menschen keinen Zugang zu den helfenden Medikamenten. Mit Hilfe der Arzneien könnten die Lepra-Erreger in 6 bis 18 Monaten vollständig abgetötet werden. (sb)
Bild: Andreas Dengs, www.photofreaks.ws / pixelio.de
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.