Expertin erklärt, warum Frauen so selten in Führungspositionen arbeiten
Mit einem neuen Gesetz möchte die Politik in den nächsten Jahren den Anteil der Frauen in Führungspositionen stärken. Denn nach wie vor sind Männer in den Chefetagen deutlich überrepräsentiert. Doch wer als Frau die Karriereleiter hinauf steigen möchte, hat offenbar mit deutlich mehr Hindernissen zu kämpfen als die männlichen Kollegen. Im Gespräch mit der Nachrichtenagentur „dpa“ erläutert die Psychologin Alina Hernandez-Bark, warum Frauen immer noch so selten auf führendem Posten zu finden sind.
Neues Gesetz soll mehr Frauen in Führungspositionen bringen
Seit dem 1. Mai 2015 gilt das Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst. Mit diesem soll laut dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) mittelfristig der Anteil von Frauen in Führungspositionen deutlich verbessert und schließlich eine Gleichverteilung zwischen den Geschlechtern erreicht werden. Aus Sicht von Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig ein „[…] historischer Schritt für die Gleichberechtigung der Frauen in Deutschland” – der offenbar auch dringend notwendig ist. Denn wie das Bundesamt für Statistik mitteilt, war lediglich knapp jede dritte Führungskraft (29,0 %) im Jahr 2014 weiblich.
Machtbegriff entspricht nicht der weiblichen Geschlechtsrolle
Doch was ist der Grund für den niedrigen Anteil der Frauen in führenden Positionen? Dieser Frage hat sich die Psychologin Alina Hernandez-Bark in Rahmen ihrer Promotion angenommen und wurde für ihre Arbeit nun sogar für den Studienpreis der Körber-Stiftung nominiert. Wie Hernandez-Bark erklärt, sei zum einen laut verschiedener Studien bei Frauen in allen westlichen Ländern das Streben nach Macht weniger stark ausgeprägt als bei Männern. Trotz Erwerbstätigkeit und häufig besseren Bildungsabschlüssen seien demnach Autorität und Status weniger wichtig, wobei dies durch die Konnotation des Begriffs „Macht“ bedingt sei.
„Das ist nicht passend zu der Geschlechtsrolle der Frau. Frauen sollen lieb, nett und unterstützend sein, aber nicht dominant und auf den Tisch hauen und sagen, ich will nach oben“, so Hernandez-Bark gegenüber der „dpa“.
Negative Konsequenzen durch männlich-dominantes Verhalten
Laut der Psychologin gäbe es heute jedoch durchaus Veränderungen im Machtstreben, indem beispielsweise ehemals männliche Eigenschaften wie der Wunsch nach Unabhängigkeit auch bei Frauen toleriert würde. Dennoch gelte auch weiterhin, dass eine Frau „definitiv kein ausschließlich dominantes Verhalten“ zeigen sollte, sofern sie auf der Karriereleiter nach oben steigen wolle. „Denn sie wird dafür immer noch abgestraft. Sie wird weniger häufig eingestellt, weniger gemocht und häufiger gemobbt“, erklärt Hernandez-Bark.
Frauen führen zum Teil effektiver als ihre männlichen Kollegen
Auf dem „Weg nach oben“ würden Frauen zudem weit häufiger als Männer mit Hindernissen konfrontiert. Denn obwohl Frauen laut Studienergebnissen zum Teil sogar effektiver führen könnten, sei die Motivation aufgrund der vorherrschenden Geschlechterrollen geringer ausgeprägt als bei den männlichen Kollegen. Zudem bestünde in Hinblick auf die Möglichkeiten für eine entsprechende Position ein Nachteil, da die Rolle der Frau nach wie vor nicht mit den gängigen Vorstellungen von Führung vereinbar sei. In der Folge würde Frauen „unbewusst weniger das Potenzial für Führungsaufgaben zugeschrieben“, so die Expertin weiter. Wer bereits eine führende Rolle habe, müsse demnach einen „Spagat“ zwischen „typisch“ weiblichen und männlichen Eigenschaften erreichen: „Das bedeutet, sie müssen ihren Mitarbeitern gegenüber unterstützend sein. Gleichzeitig müssen sie kompetitiv und durchsetzungsstark gegenüber anderen Abteilungen sein. Bei der Auswahl von Führungspersonal ist das aber nicht unbedingt ein bewusster Prozess von Vorgesetzten und Personalern. Das ist das Schwierige daran“, fasst Hernandez-Bark die Problematik der weiblichen Führungsrolle zusammen.
Weibliche Rollenvorbilder für die Veränderung von Stereotypen
Um Frauen die gleichen Chancen zu bieten, müssten laut Hernandez-Bark zunächst weibliche Rollenvorbilder geschaffen werden, um unbewusste Prozesse und Stereotype verändern zu können. „Das bedeutet ganz konkret: Wie wird im Intranet über erfolgreiche Frauen im Unternehmen berichtet? Sind die präsent?“ Ein weiterer Aspekt sei die Berücksichtigung der Geschlechter in der Ausdrucksweise. Denn würde lediglich ein „Geschäftsführer“ gesucht, würden sich viele Frauen unbewusst weniger angesprochen fühlen. Grundsätzlich empfiehlt Hernandez-Bark Frauen die Karriere machen wollen, zum einen eine freundliche Art, um dem weiblichen Rollenklischee zu entsprechen. Zugleich sollten Frauen aber auch Entschlossenheit demonstrieren: „Sie sollte ihr Ziel kennen und das konsequent verfolgen, aber das nicht nach außen sehr dominant und fordernd kommunizieren.“ (nr)
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