Tipps zum Umgang mit Zeckenstichen: Erhöhte Gefahr durch Zecken wegen spätem Sommerbeginn
20.06.2013
Viele Menschen, die derzeit das schöne Wetter genießen, begeben sich dabei in manchen Gegenden in die Gefahr, einen Zeckenstich abzubekommen. Dies kann schwerwiegende Folgen haben. Denn wegen dem späten Sommerbeginn, so warnt das FSME-Netzwerk, ist die Gefahr einer Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) deutlich gestiegen.
FSME-Schutzimpfung
Monatelang feuchtes Wetter hierzulande und der daraus folgende ziemlich späte Sommerbeginn haben die Zecken Population explodieren lassen und so dazu beigetragen, das in vielen Gegenden Deutschlands die Gefahr einer Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) deutlich gestiegen ist. Den gefährlichen Erreger tragen etwa fünf Prozent der Zecken in sich. Obwohl der Name vermuten lässt, das die Krankheit nur im Frühsommer auftritt, kann es in Mitteleuropa sehr wohl das ganze Jahr über, mit Ausnahme von kalten Wintermonaten, zu Infektionen kommen. Gegen diese Virusinfektion gibt es seit einigen Jahren im Gegensatz zur Borreliose (die auch vor allem durch Zecken übertragen wird) einen Impfschutz, auch in der Naturheilkunde stehen einige Mittel, u. a. zur Prophylaxe, zur Verfügung. Laut dem FSME-Netzwerk-Mitbegründer Ralph Brodel ist die Gefahr durch Zeckenstiche zu erkranken, deutlich gestiegen. So sei etwa jede zwanzigste Zecke mit dem Erreger belastet und die Gebiete in denen Gefahr besteht, würden sich deutlich ausweiten. Der Neurologe Frank Erbguth vom Klinikum Nürnberg erklärt, dass sich im Gegensatz zur Borreliose, die sich mit Antibiotika behandeln lasse, bei FSME nur die Symptome gelindert werde können.
Lediglich eine Impfung biete einen nahezu vollständigen Schutz. Erbguth rät deswegen: „Wer sicher gehen will, sollte es tun.“ Bei den über 50-Jährigen biete eine Impfung einen Schutz von bis zu drei Jahren und bei jüngeren Menschen bis zu fünf. Und auch obwohl bei älteren Menschen die Impfmoral eher sinkt, haben in Bayern und Baden-Württemberg rund 16 bis 20 Prozent der Menschen damit vorgesorgt. In den beiden Bundesländern besteht deutschlandweit mit die höchste Gefährdung.
Richtiger Umgang mit Zeckenstichen
Kommt es zu einem Zeckenstich, umgangssprachlich auch Zeckenbiss genannt, ist es für einen Schutz vor FSME bereits zu spät, da hilft auch ein rasches Entfernen des Blutsaugers nicht mehr. Denn bei einem Stich gelangen die Erreger, die in den Speicheldrüsen der Spinnentiere sitzen, sofort in den menschlichen Körper. Deshalb gilt, sich idealerweise davor zu schützen, überhaupt gestochen zu werden. Am besten schützt man sich, wenn man beim Aufenthalt in der Natur lange Hosen und Oberteile mit langen Ärmeln trägt, um es den Zecken zu erschweren, an die Haut zu kommen. Da die Parasiten neben FSME auch diverse andere Krankheiten verbreiten können, ist es immer ratsam, nach einem Stich vorsichtig damit umzugehen. Man sollte nach jedem Natur-Aufenthalt seinen Körper nach den Tierchen absuchen. Dabei ist vor allem auf die Achselhöhlen, Kniekehlen, den Hals und den Kopf zu achten, denn da saugen sie sich gern fest.
Wenn man eine Zecke schnell bemerkt und zügig entfernt, besteht zumindest für Lyme-Borreliose kaum Gefahr, da sich die Erreger dafür in Magen und Darm der Spinnentiere befinden und erst nach 12 bis 24 Stunden in die Wunde geraten, so der Landesverband Niedersachsen/Bremen der Johanniter-Unfall-Hilfe. Beim Entfernen ist es wichtig, die Zecke so nah wie möglich an der Haut anzufassen, zu lockern und langsam nach oben hinauszuziehen. Mit einer Zeckenkarte oder -pinzette gelingt dies am besten.
Vor allem Süddeutschland betroffen
Die FSME-Risikogebiete liegen vor allem im südlichen Teil der Republik. Erbguth und Brodel erklärten, dass auch fast im gesamten Frankenland eine Infektionsgefahr besteht. Das Nachbarland Österreich gilt komplett als Zecken-Endemiegebiet, wobei sich die FSME in den Alpen auf die größeren Täler beschränkt. Beachtlich ist, dass dort trotz der weiten Verbreitung verhältnismäßig wenig Personen an FSME erkranken, was an der hohen Impfrate von rund 90 % liegt. In Deutschland wurden letztes Jahr zwar lediglich 195 FSME-Erkrankungen festgestellt, der Wissenschaftsjournalist Ralph Brodel warnt jedoch davor, „Russisch Roulette“ zu spielen: „Fast alle im FSME-Netzwerk hatten nur einen Zeckenstich.“ Wenn man einmal infiziert ist, lasse sich sich der Krankheitsverlauf nicht mehr beeinflussen. Bewusstseinsstörungen, dauerhafte Lähmungen und in seltenen Fällen sogar der Tod können die dramatischen Folgen sein.
Persönlicher Leidensweg
Die Vorsitzende des FSME-Netzwerks, Evelyn Bachmann, musste am eigen Leib erfahren, wie schlagartig ein Zeckenstich das Bisherige Leben verändern kann. Mitte Juni 2006 war sie mit Hunden spazieren und wischte sich, ohne sich was dabei zu denken, eine Zecke von der Wade. Ein paar Tage später bekam die damals 44-Jährige Kopfschmerzen. Die mittlerweile 51-Jährige erinnert sich: „Ich dachte zunächst, dass ich vielleicht eine Sommergrippe habe.“ Aber dann wurden die Beschwerden heftiger: „Ich habe plötzlich nur noch Sternchen gesehen und konnte nicht mehr laufen und sprechen.“ Sie wurde mit dem Verdacht auf ein Hirngerinnsel ins Krankenhaus gebracht und drei Tage später ergab ein Bluttest die Diagnose FSME. „Es war ein Albtraum. Ich habe nur noch gestöhnt. Diese Angstzustände wünscht man niemandem“, so Bachmann. Es dauerte einige schmerzhafte Monate, bis sie wieder zurück in ein normales Leben fand. Sie erklärt: „Ich hatte Glück. Ich habe ein starkes Immunsystem.“ Allerdings hat sie bis heute mit den Folgen der Krankheit zu kämpfen. So vermeidet sie etwa längere Autofahrten, denn spätestens nach drei Stunden zwingen sie Konzentrationsschwächen zu einer Pause. Frau Bachmann gründete 2009, nachdem sie selbst die Krankheit erlitten hatte, das FSME-Netzwerk, um sich mit anderen Betroffenen auszutauschen und diese zu unterstützen. (ad)
Bild: Urs Flükiger / pixelio.de
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