Zecken sind hierzulande mittlerweile auch im Winter auf Wirtssuche, so dass bei Aufenthalten im Freien im Prinzip ganzjährig das Risiko eines Zeckenstichs besteht. Damit verbunden ist ein ganzjähriges Infektionsrisiko für durch Zecken übertragene Erkrankungen wie Borreliose oder Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME).
Die Winteraktivität von Zecken in Deutschland hat ein Forschungsteam um Professorin Dr. Christina Strube von der Tierärztlichen Hochschule Hannover (TiHo) in einer aktuellen Studie untersucht. Die Ergebnisse sind in dem Fachmagazin „Ticks and Tick-borne Diseases“ veröffentlicht.
Klima beeinflusst die Zeckenaktivität
Die klimatischen Bedingungen haben laut den Forschenden bekanntermaßen wesentlichen Einfluss auf die Aktivität von Zecken. So liegt der Schluss nahe, dass die seit Jahrzehnten steigenden Durchschnittstemperaturen sowie insbesondere die milden Wintern mit geringem oder häufig gänzlich ausbleibendem Schneefall die Zeckenaktivität erhöhen.
Vor allem zwei Zeckenarten sind bisher in Deutschland verbreitet, der Gemeine Holzbock (Ixodes ricinus) und die Wiesen- oder Buntzecke (Dermacentor reticulatus), wobei letztere seit einigen Jahren zunehmend vorkommt, berichtet das Team.
Bei der Buntzecke war bereits bekannt, das sie auch in den Wintermonaten aktiv ist, doch der Gemeine Holzbock wurde früher nur selten in den kälteren Monaten gefunden, so die Forschenden weiter. Wie aktiv die Zecken mittlerweile in den Wintermonaten tatsächlich sind, haben sie in der umfänglichen Untersuchungen ermittelt.
Drei verschiedene Erhebungen
„Wir konnten die winterlichen Aktivitäten dieser beiden Zeckenarten jeweils in drei verschiedenen Ansätzen beobachten: Im Freiland, mit sogenannten Zeckenplots und anhand von Zecken, die Tierärztinnen und Tierärzte uns schickten und die wir auswerteten“, berichtet Prof. Dr. Strube.
So wurden Flächen im Freiland von April 2020 bis April 2022 regelmäßig mit der Flaggenmethode beprobt, bei der ein Baumwolltuch über den Boden gezogen wird, so dass aktive Zecken auf die Unterseite des Tuchs klettern und anschließend abgesammelt und gezählt werden können, erläutern die Forschenden.
Die zur Beobachtung genutzten Zeckenplots seien quasi-natürliche Habitate im Freien, in denen aktive Zecken an dünnen Holzstäben emporklettern können, so dass sie an diesen Stäben einfach zu erkennen sind. Dreimal pro Woche erfolgte hier eine Zählung der aktiven Zecken.
Darüber hinaus wurde im Rahmen einer bundesweiten Einsendestudie von März 2020 bis Oktober 2021 der Befall von Haustieren erfasst. Knapp 20.000 Zecken, die vor allem Hunde und Katzen befallen hatten, haben Tierärztinnen und Tierärzte eingesandt, so dass die Forschenden die Aktivität in den Wintermonaten ermitteln konnten.
Zecken ganzjährig aktiv
Die Auswertung der Erhebungen zeigte, dass die Wiesenzecke über den Winter konstant aktiv ist, solange kein Schnee liegt. Nur „von einer geschlossenen Schneedecke lässt sie sich stoppen“, so Strube.
Der Gemeine Holzbock war laut den Forschenden in milden Wintern allerdings auch von Dezember bis Februar aktiv und vor allem im Februar könne ein deutlicher Anstieg der Aktivität beider Zeckenarten beobachtet werden.
„Die milden Winter sorgen dafür, das Zecken auch während der kalten Jahreszeit auf Wirtssuche gehen. Das bedeutet, dass Haustiere nunmehr ganzjährig vor Zecken geschützt werden sollten. Und natürlich sollten auch Menschen im Winter achtsam sein und sich nach Aufenthalten im Freien auf Zecken absuchen“, fasst Prof. Strube zusammen.
Weil Zecken verschiedene Infektionskrankheiten übertragen können, bestehe für Menschen und Tiere inzwischen ein ganzjähriges Infektionsrisiko. Für Tiere seien dabei insbesondere die Babesiose und Anaplasmose sowie in geringerem Maß die Borreliose von Bedeutung, für Menschen die Borreliose und FSME. (fp)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover (TiHO): Keine Winterpause für Zecken in Deutschland (veröffentlicht 16.11.2023), tiho-hannover.de
- Julia Probst, Andrea Springer, Anna-Katharina Topp, Michael Bröker, Heike Williams, Hans Dautel, Olaf Kahl, Christina Strube: Winter activity of questing ticks (Ixodes ricinus and Dermacentor reticulatus) in Germany − Evidence from quasi-natural tick plots, field studies and a tick submission study; in: Ticks and Tick-borne Diseases, Volume 14, Issue 6, November 2023, sciencedirect.com
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.