Wie Nervenzellen mit Licht ein- und ausgeschaltet werden können
Krankheiten bis ins kleinste Detail verstehen, früher erkennen und die Therapien optimieren – dieses ambitionierte Ziel hat sich die medizinische Wissenschaft der Photonik auf die Fahne geschrieben. Licht ist hier das zentrale Element. Optische Systeme in der Diagnose und Therapie von Krankheiten haben bereits einen wichtigen Platz eingenommen. Ein deutsches Forschungsteam steigt nun noch tiefer in die Materie ein. Implantierbare Sonden sollen Zellfunktionen optisch aktivieren oder abschalten. So wollen die Forscher Einfluss auf zahlreiche Krankheiten nehmen.
Diese „Lichtsteuerung“ für Zellen eröffnet neue Möglichkeiten in der Diagnose und Therapie vieler Krankheiten. Auch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) hat sich mit 1,4 Millionen Euro an dem Projekt beteiligt. Wissenschaftler der Technische Universität Chemnitz sowie die Universitätsmedizin Göttingen sind maßgeblich an der Entwicklung des sogenannten optogenetischen Cochlea Implantat beteiligt, welches laut den Forschern bisher unerreichtes Potenzial in der Medizintechnik und der Neurowissenschaft eröffnet.
Die Reise ins Ich
Lebensvorgänge in Zellen und Geweben bis auf molekularer Ebene verfolgen und beeinflussen – ein Traum der Wissenschaft. Die implantierbaren Sonden kommen der Erfüllung dieses Traumes einen Schritt näher. Die Sonden ermöglichen eine lichtgesteuerte Kontrolle der Aktivität von Zellen. Wie ein Schalter, der durch Licht aktiviert wird, können so Nervenzellen einfach an- oder ausgeschaltet werden oder weitere Zellfunktionen optisch aktiviert werden.
Die Alternative zu Herz- und Hirnschrittmachern
Der Vorgang ähnelt im Prinzip der elektrischen Stimulation, wie sie beim Herz- oder Hirnschrittmacher angewendet wird. Dabei ist die Lichtsteuerung des Cochlea Implantats wesentlich präziser. Das Implantat erlaubt eine wesentlich genauere Kontrolle der Zellaktivitäten.
Aktive und passive Sonden
Die Wissenschaftler wollen sowohl aktive, als auch passive Sonden entwickeln, die die Umsetzung der Optogenetik im menschlichen Körper ermöglichen. Die „Aktiven Sonden“ sollen mit mikroskopisch kleinen Mikro-LED ausgestattet sein, die auf flexiblen Trägern angebracht sind. Bei den „Passive Sonden“ wird das Licht von Laserdioden über optische Polymer-Wellenleiter ins Gewebe geführt. Diese Wellenleiter-Sonden haben den Vorteil, dass die Sonde weiter vom Ort der Stimulation entfernt sein kann. Dies schafft mehr Freiheit bei der Wahl der Bauelemente, die als Implantat über viele Jahre im Körper einsatzfähig bleiben müssen.
Lichthören
Als eines der ersten Projekte wurde bereits ein Prototyp für das „Lichthören“ entwickelt. Dabei handelt es sich um ein optisches Cochlea-Implantat für schwersthörige Menschen. Dieses Implantat wird in die Hörschnecke des Innenohrs eingesetzt, wo es mit Hilfe der LEDs die Nervenzellen stimuliert. Das Team um Prof. Dr. Ulrich Theodor Schwarz und Prof. Dr. Karla Hiller ist maßgeblich für die Entwicklung der Sonden und miniaturisierten Lichtquellen-Arrays verantwortlich und erwartet eine baldige Marktfähigkeit. (vb)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.