Europäische Impfwoche: Deutscher Gesundheitsminister kritisiert Impfgegner
Im Gegensatz zu manch anderen europäischen Ländern besteht in Deutschland keine Impfpflicht. Laut Umfragen würde ein großer Teil der Bevölkerung eine solche Maßnahme zwar begrüßen, doch zahlreiche Gesundheitsexperten setzen lieber auf Aufklärung statt Impfpflicht. Auch im Rahmen der nun startenden Europäischen Impfwochen wird über den Nutzen von Schutzimpfungen aufgeklärt. Der deutsche Gesundheitsminister kritisiert Impfgegner.
Masern können einen schweren Verlauf nehmen
Erst vor wenigen Monaten wiesen Gesundheitsexperten auf die steigende Zahl der Masernfälle in Deutschland hin. Die Erkrankung wird von manchen Menschen noch immer als harmlose Kinderkrankheit abgetan. Doch die hochansteckende Krankheit befällt auch Erwachsene und kann einen sehr schweren Verlauf mit gravierenden gesundheitlichen Spätfolgen nehmen und in seltenen Fällen sogar tödlich enden. Der beste Schutz gegen die Krankheit ist die Masernimpfung. Doch noch immer haben viele Menschen in Deutschland keinen ausreichenden Impfschutz. Dies geht aus einer gemeinsamen Pressemitteilung des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG), der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) und des Robert Koch-Instituts (RKI) hervor.
Wirksamer Schutz gegen Infektionskrankheiten
„Impfungen zählen zu den wirksamsten Maßnahmen, um Infektionskrankheiten zu verhindern“, schreibt das BMG auf seiner Webseite.
„Schutzimpfungen haben nicht nur eine Wirkung auf die geimpften Personen selbst, sondern können indirekt auch nicht geimpfte Menschen vor einer Erkrankung schützen, da sie die weitere Verbreitung einer Infektionskrankheit stoppen oder verringern“, heißt es dort weiter.
Doch trotz schärferer Gesetze werden weiter zu wenige Kinder gegen Masern geimpft. Das geht aus den neuen Impfquoten für Schulanfänger hervor, die das RKI anlässlich der Europäischen Impfwoche vorgelegt hat.
Demnach haben zwar im Jahr 2016 erstmals alle Bundesländer bei der ersten Masernimpfung die Impfquote von 95 Prozent erreicht. Bei der entscheidenden zweiten Masernimpfung ist die bundesweite Impfquote jedoch nur geringfügig auf 92,9 Prozent gestiegen.
Bundesgesundheitsminister kritisiert Impfgegner
„Es ist verantwortungslos, Kinder nicht gegen Masern impfen zu lassen oder eigene Impflücken hinzunehmen“, kritisiert Bundesgesundheitsminister Jens Spahn.
„Wir brauchen bundesweit eine Impfquote von 95 Prozent für die 2. Impfung, damit diese ansteckende Virus-Erkrankung ausgerottet wird“, so der Politiker.
„Ärzteschaft, Schulen, Kitas, Betriebe, Behörden und natürlich die Eltern müssen noch besser zusammenarbeiten. Niemand muss heute noch an Masern erkranken oder gar sterben.“
Deutlicher Anstieg der Masernerkrankungen
Wie es in der Mitteilung heißt, wurden dem RKI für 2017 insgesamt 929 Masernerkrankungen übermittelt, fast dreimal mehr als die 325 Erkrankungen in 2016. Für die ersten zwölf Wochen dieses Jahres wurden dem RKI 92 Krankheitsfälle gemeldet.
„Eine Infektion mit Masernviren ist keineswegs harmlos. Etwa ein Viertel der gemeldeten Fälle muss im Krankenhaus behandelt werden. Wir sehen im Durchschnitt drei bis sieben Todesfälle im Jahr aufgrund von Masern oder der Masernfolgeerkrankung SSPE“, erklärt Lothar H. Wieler, Präsident des RKI.
Oft wird auch zu spät geimpft, wie die interaktive Online-Karte „VacMap“ veranschaulicht. Bei dieser können Masern-Impfquoten unter anderem für das Alter von 15 und 24 Monaten abgerufen werden.
Das sind die Altersgruppen, in denen ein Kind die erste beziehungsweise zweite Impfung erhalten haben sollte. 24 Monate alte Kinder des Geburtsjahrgangs 2014 waren nur zu 73,9 Prozent zweimal geimpft, nur geringfügig mehr als der Jahrgang 2013.
Die Quoten für die zeitgerechte Impfung sind auch für alle Stadt- und Landkreise verfügbar. Seit kurzem können bei „VacMap“ zusätzlich Impfquoten der Säuglingsimpfung gegen Rotaviren abgerufen werden.
Häufig, aber noch nicht oft genug, werden Impfungen bis zum Schulanfang nachgeholt. Neben den Masern-Impfquoten sind bei Schulanfängern auch die Impfquoten für Windpocken und Meningokokken leicht gestiegen.
Alle anderen Impfquoten, etwa für Diphtherie und Tetanus, sind dagegen geringfügig gesunken.
Einstellung zum Impfen hat sich gebessert
Dr. Heidrun Thaiss, Leiterin der BZgA, erläutert: „Trotz bestehender Impflücken in der Bevölkerung hat sich die Einstellung zum Impfen erkennbar gebessert. Lediglich fünf Prozent der befragten 16- bis 85-Jährigen haben eine (eher) ablehnende Haltung, wie die Ergebnisse der bundesweiten Repräsentativbefragung der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung zeigen.“
Und weiter: „Wir sind grundsätzlich auf einem guten Weg, allerdings ist eine konsequente und zielgerichtete Impfaufklärung weiterhin notwendig. Denn wer geimpft ist, schützt nicht nur sich selbst, sondern auch die Gemeinschaft.“
Die BZgA bietet umfassende Informationen rund um den Masern-Impfschutz an und ruft regelmäßig zum Impfcheck auf.
Anlässlich der Europäischen Impfwoche stellt sie ein neues Erklärvideo mit Tipps zum stress- und schmerzarmen Impfen zur Verfügung.
Das Video basiert auf den aktuellen Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und der Ständigen Impfkommission (STIKO).
Regelungen zur Verbesserung des Impfschutzes
Wie es in der Pressemitteilung heißt, sehen die seit Mitte 2015 geltenden Regelungen zur Verbesserung des Impfschutzes beispielsweise vor, dass alle Gesundheits-Routineuntersuchungen bei Kindern und Erwachsenen dazu genutzt werden, den Impfstatus zu überprüfen.
Auch Betriebsärzte können Impfungen vornehmen. Ungeimpfte Kinder und Jugendliche können vorübergehend vom Besuch einer Kita oder Schule ausgeschlossen werden, um einen Krankheitsausbruch zu verhindern.
Eltern müssen vor dem Kita-Eintritt ihres Kindes eine verpflichtende ärztliche Impfberatung nachweisen. Kitas müssen Familien, die die Impfberatung verweigern, dem Gesundheitsamt melden. Diese können in hartnäckigen Fällen auch Bußgelder verhängen. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
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Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.