Zucker-Fett-Steuer soll Übergewicht eindämmen
22.05.2014
Menschen mit Übergewicht und Adipositas haben häufig mit schwerwiegenden gesundheitlichen Folgen zu kämpfen. Eine britische Studie zeigt, dass die Bevölkerung umso dicker ist, je mehr Fast-Food-Angebote in ihrer Umgebung zu finden sind. Da Appelle an die Vernunft gescheitert seien, fordern Experten nun eine Zucker-Fett-Steuer, um dem Problem Einhalt zu gebieten.
Nahegelegene Fast-Food-Läden machen dick
In manchen Gegenden und Straßen reihen sich Fast-Food-Läden aneinander wie Perlen auf einer Kette: Döner-Imbiss- und Pommes-Buden, zwischen Sandwich-Läden und Bäckereien, in denen man zuckrige Gebäckstücke bekommt. Auf Dauer widerstehen da nur die wenigsten und das hat Folgen. Wie eine britische Umfrage unter knapp 5.500 Bürgern ergab, sind Menschen umso dicker, je mehr Fast-Food-Läden sich in der Umgebung ihrer Wohnung oder der Arbeitsstätte befinden. Die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) meint nun, da helfe nur noch eins: eine Zucker-Fett-Steuer.
Gesundheitliche Folgen von Übergewicht
Laut der Studie, die in der Fachzeitschrift „British Medical Journal“ veröffentlicht wurde, gibt es einen eindeutigen Zusammenhang zwischen dem Fast-Food-Angebot und dem eigenen Körpergewicht: „Die Bewohner mit den meisten Imbiss-Gelegenheiten waren fast doppelt so häufig übergewichtig wie Bewohner aus Gegenden mit den wenigsten Fast-Food-Läden“, so der Präsident der DDG, Erhard Siegel. Die Daten der 2008 veröffentlichten deutschen nationalen Verzehrsstudie zeigen, dass über 58 Prozent der 20.000 Studienteilnehmer Übergewicht oder gar Adipositas hatten. Laut Siegel führt Übergewicht zu einer ganzen Reihe von schwerwiegenden Gesundheitsproblemen wie etwa Diabetes, einem erhöhten Risiko für Herzanfall oder Schlaganfall, Gelenkproblemen und einem höherem Krebsrisiko.
Appelle an die Vernunft sind gescheitert
„Das alles ist natürlich eine wahnsinnige Belastung des Gesundheitssystems“, erläuterte Siegel, der als Internist und Ernährungsmediziner am St. Josefskrankenhaus in Heidelberg arbeitet. Der Arzt wolle einen Prozess in Gang setzen, „wie man das Thema Übergewicht in den Griff bekommen kann.“ Er meint, dass Appelle an die Vernunft der Menschen längst gescheitert seien und sozial schwache Menschen damit eh nicht erreicht werden. Als ein erfolgreiches Beispiel für eine Präventionsmaßnahme nannte er die Tabaksteuer: „Indem Zigaretten sehr teuer wurden und die Packungen mit sehr deutlichen Gesundheitswarnungen versehen wurden, hat man erreicht, dass der Zigarettenkonsum etwa bei den Zwölf- bis 17-Jährigen um 50 Prozent zurückgegangen ist.“
Zucker-Fett-Steuer soll Erfolge bringen
Die DDG erhofft sich von einer Zucker-Fett-Steuer ähnliche Erfolge. Es gehe dabei unter anderem um verarbeitete Lebensmittel, bei denen für Konsumenten nicht gleich ersichtlich sei, wie viele Kalorien darin steckten. „Ein Stück Obstkuchen mit 200 Kalorien sollte günstiger zu haben sein als ein Schoko-Brownie mit 500 Kalorien.“ Der Geschäftsführer der DDG, Dietrich Garlichs, betonte, dass dies auch eine Anregung für die Lebensmittelindustrie sein könne, ihre Rezepturen zu verändern. Beispielsweise könne man Softdrinks auch mit viel weniger Zucker produzieren, ohne den Geschmack zu verändern. „Außerdem sind wir auch nicht für eine einseitige Steuererhebung, vielmehr sollen gesunde Lebensmittel gleichzeitig billiger werden“, so der Politologe.
Ministerium lehnt Strafsteuern ab
Ob die Einführung einer solchen Zucker-Fett-Steuer überhaupt Chancen hätte, müsste sich erst zeigen. Von Seiten des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft wird abgewiegelt: „Eine politische Steuerung des Konsums und Bevormundung der Verbraucher durch Strafsteuern lehnt das Ministerium ab“, teilte ein Sprecher mit. Meist würden Strafsteuern für vermeintlich ungesunde Lebensmittel nichts am Ernährungsverhalten der Menschen ändern. „So hat beispielsweise die dänische Regierung im November 2012 ihre ein Jahr zuvor eingeführte Fettsteuer wieder abgeschafft, mit der Begründung, die Steuer habe das Ernährungsverhalten nicht verändert.“
Viele Länder sind in diesem Bereich aktiv
Allerdings sind immer mehr Nationen auf diesem Feld aktiv. So hat etwa Mexiko eine Steuer für Nahrungsmittel eingeführt, die mehr als 275 Kalorien pro 100 Gramm enthalten. Und in Frankreich gibt es seit 2012 eine „Cola-Steuer“ für mit Zucker angereicherte Getränke. In Lettland sind an Schulen und Kindergärten ungesunde Lebensmittel und Getränke verboten und auch in Finnland und Ungarn existieren Steuern auf Dickmacher. Garlichs meint, dass solche Maßnahmen auch hierzulande nur eine Frage der Zeit sind: „Ich gehe fest davon aus, dass sie in den nächsten Koalitionsverträgen auf Bundesebene drinstehen werden.“ Im vergangenen Jahr hatte die DDG zudem dazu geraten, zur sogenannten Zucker-Fett-Steuer gleichzeitig auch eine steuerliche Entlastung bei gesunden Lebensmitteln vorzunehmen, um den Eindruck zu vermeiden, dass lediglich eine weitere Steuer zum Füllen der Staatskosten erhoben wird. (sb)
Bild: Gerd Altmann/Dieter Petereit / pixelio.de
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