Forscher entschlüsseln den Zusammenhang zwischen Autoimmunität und Infektionen
Bislang sind die verschiedenen Formen der Autoimmunkrankheiten nur unzureichend erklärt und am Ende bleibt die Frage offen, weshalb das Immunsystem sich bei manchen Menschen gegen die eigenen Körperzellen richtet. Wissenschaftler der Universität Basel habe nun einen möglichen Zusammenhang zwischen dem Auftreten von Autoimmunkrankheiten und vorherigen Infektionen entdeckt, der einen neuen Erklärungsansatz liefert.
Aus früheren Untersuchungen war bereits bekannt, dass Autoimmunreaktionen mit Infektionen zusammenhängen können, doch blieb der zugrundeliegende Mechanismus bislang unklar. Die Wissenschaftler der Universität Basel haben hier nun eine mögliche Erklärung entdeckt. „Wenn die Abwehrzellen bestimmte Proteine aus den Erregerzellen aufnehmen, können Fehler auftreten“, berichten die Forscher. Dies verursacht nach einer Infektion mitunter das Phänomen der Autoimmunität. Ihre Studienergebnisse haben die Wissenschaftler in den „Proceedings of the National Academy of Sciences“ (PNAS) veröffentlicht.
Neuer Erklärungsansatz für Autoimmunität
Autoimmunität, also die Unfähigkeit eines Organismus, seine Teile als körpereigen zu erkennen, kann zu schweren gesundheitlichen Problemen führen. Die Ursachen des Beschwerdebildes sind bis heute weitgehend unklar. Zwar gilt neben dem Zusammenhang mit Infektionen auch ein Zusammenhang mit der übertriebenen alltäglichen Hygiene als gegeben, doch die zugrundeliegenden Mechanismen blieben bislang unklar. Gemeinsam mit Wissenschaftlern des Whitehead Institute in Cambridge (USA) sind die Forscher um Professor Tobias Derfuss von der Universität Basel nun einer neuen Hypothese nachgegangen.
Fehler bei der Proteinaufnahme
Basierend auf der speziellen Fähigkeit der Immunzellen, bestimmte Proteine auf der Oberfläche benachbarter Zellen zu erkennen und sie aus der Zellmembran aufzunehmen, kamen die Forscher zu der Vermutung, dass hierbei auch Fehler auftreten können. Werden Proteine der körpereigenen Zellmembrane dabei aufgenommen, sei dies eine mögliche Erklärung für die anschließend auftretende Autoimmunität.
B-Lymphozyten nehmen unterschiedliche Proteine auf
In ihren Untersuchungen stellten die Forscher fest, dass spezielle Immunzellen, die sogenannten B-Lymphozyten, nicht nur das Protein eines Grippevirus aufnehmen, auf das sie spezialisiert sind, sondern auch geringe Mengen anderer benachbarter Membranproteine. So zum Beispiel ein als Autoantigen bekanntes Protein aus der Zellmembranschicht im zentralen Nervensystem. Im Tiermodell führte die Immunreaktion gegen dieses Membranprotein zu einer autoimmunen Entzündung im Gehirn, berichten die Forscher. Beim Menschen könne es wahrscheinlich ebenfalls zu einer solchen Entzündung beitragen.
Aktivierung autoaggressiver T-Lymphozyten
Laut Aussage der Forscher aktivierten B-Lymphozyten, die mit Zellen kultiviert wurden, welche sowohl das Grippevirus-Protein als auch das Membranprotein integriert hatten, nicht nur andere Immunzellen (bestimmte T-Lymphozyten) gegen das Virus, sondern es wurden auch T-Lymphozyten gegen das körpereigene Membranprotein aktiviert. „Somit könnte eine Virusinfektion über einen Fehler bei der Proteinaufnahme von B-Lymphozyten zu einer Aktivierung von autoaggressiven T-Lymphozyten führen“, berichtet die Universität Basel. Dies könne eine autoimmune Entzündung des Gehirns auslösen. Damit liefern die Forscher einen neuen Erklärungsansatz für das Auftreten der Autoimmunität. (fp)
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