Weitere Zusatzbeiträge wegen höheren Ärzte-Honoraren?
(sb, 06.10.2010) Der Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler dementierte Berichte, wonach sich die Versicherten durch die hohen Steigerungen der Ärztehonorare auf weitere Zusatzbeiträge für das kommende Jahr 2011 einrichten müssten. Ärzteverbände hatten am Mittwoch Honorarsteigerungen von rund einer Milliarde Euro für 2011 ausgehandelt.
Gestern handelten der Bundesverband der Kassenärzte sowie der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung ein Rekordhonorar von sagenhaften 33 Milliarden Euro für die 150.000 niedergelassenen Ärzte in Deutschland aus. Nach Angaben des Krankenkassenverbandes steigen die Ärztehonorare im Vergleich zu 2010 um rund eine Milliarde Euro. Nach Angaben der Vereinigung der Kassenärzte sei diese Summe zu hoch gegriffen, hier beziffert man die Mehrausgaben mit maximal 675 Millionen Euro.
Die geplante Erhöhung der Ärztehonorare wird nicht dazu führen, dass Krankenkassen weitere Zusatzbeiträge erheben müssen, sagte Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) gegenüber dem Deutschlandradio Kultur. Es werde dadurch kein Defizit in den Kassen im Gesundheitsfond entstehen, denn die Krankenkassen erheben ab dem ersten Januar einen erhöhten Beitragssatz von 15,5 Prozent. Dieser gleiche das entstandene Defizit von rund 11 Milliarden Euro aus, so der Minister. Die Kassen würden daher nicht gezwungen sein, "einen zusätzlichen Zusatzbeitrag zu nehmen". Andererseits forderte Rösler die Ärzteschaft dazu auf, ebenfalls einen Sparbeitrag zu leisten. 3,5 Milliarden Euro der insgesamt einzusparenden neun Milliarden Euro "müssten von ihnen erbracht werden", so der Gesundheitsminister.
Nach Angaben des Vorsitzenden des Ärzteverbandes, Andreas Köhler, hätten die Krankenkassen für das kommende Jahr die zu erwartenden höheren Ärztehonorare bereits mit eingerechnet. Er geht daher davon aus, dass die gesetzlichen Krankenkassen aufgrund der gestiegenen Honorare keine weiteren Zusatzbeiträge erheben würden. “Wir haben am gestrigen Tage eine Zuwachssituation geschaffen, die sich auf 675 Millionen Euro beziffert und nicht auf eine Milliarde“, sagte KBV-Chef Andreas Köhler dem Sender n-tv. Der Zuwachs der Honorare sei gebremst, so Köhler.
Doch der Verband der Krankenkassen beklagt, dass die Mehrausgaben von rund einer Milliarde Euro zu Lasten der Versicherten gehe. Denn die Krankenkassenbeiträge müssten nicht derart steigen, wenn an anderer Stelle gespart wird. Ursprünglich wollte sich der Bundesverband der gesetzlichen Krankenversicherung dafür einsetzen, dass die Ärzte im kommenden Jahr eine Nullrunde erfahren.
Der Ärzteverband „Hartmannbund“ wirft hingegen den Krankenkassen vor, Stimmung zu machen. Die Kassen würden sog. "Propagandafeldzüge" gegen ansteigenden Arzthonorare führen. Diese zusätzlichen Gelder seien notwendig, um beispielsweise die medizinische Versorgung weiter auszubauen. In den letzten 20 Jahren sei das System völlig unter finanziert gewesen.
Die Opposition kritisierte die Rekordhonorare der Ärzte. Der parlamentarische Geschäftsführer der SPD, Thomas Oppermann, kritisierte die Honorarentwicklung der Ärzte. Es gebe keine politische Kontrolle mehr darüber. Zudem bezeichnete der SPD Politiker die geplante Ausweitung der Kostenerstattung als „hoch problematisch“. Er gehe davon aus, dass ein solches Modell zukünftig zur Voraussetzung wird, um „überhaupt noch einen Arzttermin zu bekommen.“
Auch der Präsident der Berliner Ärztekammer rechtfertigt die ansteigenden Ärztehonorare. So sagte Günther Jonitz gegenüber dem Fernsehsender ZDF, dass von dem „vielen Geld“ kaum was bei den Ärzten ankomme. Ein Hausarzt würde von einem Betrag von 100 Euro Krankenkassenbeitrag gerade einmal 7 Euro erhalten. “Die medizinischen Ansprüche steigen, die Ansprüche des Patienten steigen“, sagte Jonitz. “Und wer mehr arbeitet, hat Anspruch auf mehr Geld.“
Anfang Oktober warnte der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenkassen (GKV) vor weiteren Zusatzbeiträgen. Entgegen der Schätzungen des Bundesversicherungsamts seien weitere Zusatzbeiträge im Jahr 2011 nicht ausgeschlossen. Es sei zwar durch die Beitragserhöhung von einer entspannten Situation auszugehen, allerdings könnten durch die hohen Krankenhauskosten vor allem in Städten für die Kassen weitere ungeplante Mehrausgaben folgen. Für eine solche Lücke würde dann ein Zusatzbeitrag benötigt werden.
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