Berliner Sozialgericht: Die DAK hat nur unzureichend über das Sonderkündigungsrecht aufgeklärt
10.08.2011
Können 4,5 Millionen Versicherte auf eine Rückzahlung des bereits gezahlten Zusatzbeitrags hoffen? Das Berliner Sozialgericht hat in drei Fällen und in erster Instanz entschieden, dass der Zusatzbeitrag der Deutschen Angestellten-Krankenkasse (DAK) unwirksam ist. In einem Anschreiben habe die Krankenkasse nicht in einer angemessenen Form auf die Möglichkeit des Sonderkündigungsrechts hingewiesen. Die DAK wies Medienberichte zurück, in denen bereits davon ausgegangen wird, dass nun alle Versicherten die Zusatzbeiträge zurück erhalten. Schließlich habe der Gesetzgeber nicht eindeutig benannt, in welcher Form die Krankenkassen informieren müssen.
Ein anderes aktuelles Urteil des Sozialgerichts in Speyer (Az: S 11 KR 226/10) kam in einem Musterstreitverfahren zu einem anderen Entschluss. Dort hatte man die Verfahrensweise der DAK gebilligt. Die Art und Weise, wie die Kasse auf das Recht der Sonderkündigung aufmerksam gemacht hatte, sei vollkommen ausreichend, so das Sozialgericht. Die Richter urteilten, dass der auf der Rückseite angebrachte Hinweis des Informationsschreibens auf das Sonderkündigungsrecht ausreichend im Sinne des § 175 Absatz 4 SGB V sei. Denn „eine Form für den Hinweis ist im Gesetz nicht vorgeschrieben. Insoweit geht das Gericht davon aus, dass ein schriftlicher Hinweis ausreichend ist“, sagte der damalige Sozialrichter.
Doch das Berliner Sozialgericht erklärte nun die Erhebung der Zusatzbeiträge in drei Fällen für unwirksam. Auch hier wurden die Versicherten nicht auf der ersten Seite des Anschreibens, sondern erst auf der Rückseite „in einer deutlich kleineren Schrift“ auf die Möglichkeit des Kassenwechsels hinwiesen. Zudem wurde auf die außerordentliche Kündigung erst ab Punkt 6. eingegangen. Demnach hätte der Hinweis übersehen werden können. (Aktenzeichen: S 73 KR 2306/10, S 73 KR 15/11)
Seit 2010 erhebt die Kasse von ihren Mitgliedern einen Zusatzbeitrag von acht Euro je Monat. Die Kläger sind aber nach Ansicht der Berliner Sozialrichter erst ab dem Zeitpunkt zur Zahlung verpflichtet, ab dem in deutlicher Form in einem Rundschreiben auf das Recht der Sonderkündigung hingewiesen wird. Das sei erst mit den im November bzw. Dezember 2010 erlassenen Widerspruchsbescheiden der Fall gewesen.
In einer Stellungnahme der DAK verweist man darauf, dass man in den Anschreiben „optisch anderes gestaltet“ als die bereits geschlossenen City BKK, zusätzlich in der Mitgliederzeitung sowie auf der hauseigenen Internetpräsenz in ausführlicher Form über den Zusatzbeitrag und über die Sonderkündigung aufgeklärt habe. Zudem hätten auch die Medien breit über das Thema berichtet. Der Chef- Justiziar Eckhard Bloch verweist deshalb auf die Einschätzungen anderer Gerichte. Über die Form der Aufklärung habe der Gesetzgeber nicht eindeutig verwiesen. Aus diesem Grund halte man die „Hinweispflicht in vollem Umfang für erfüllt", betonte der Rechtsanwalt. Auch das Bundesversicherungsamt (BVA) als zuständige Aufsichtsbehörde für die bundesweiten Krankenkassen teilt die Auffassung, dass die DAKVersicherten ausreichend über das Sonderkündigungsrecht informiert waren.
Die Krankenkasse behält sich nun das Recht vor, in Berufung zu gehen. Zunächst wolle man die Urteilsbegründung vorliegen haben und dann weitere Schritte erörtern. Schon jetzt dürfte klar sein, dass eine Bestätigung des Urteils in den oberen Instanzen zum einem herben finanziellen führen könnte. Denn nur die Krankenkassen erheben einen Zusatzbeitrag, die nicht mit den Zuweisungen des Gesundheitsfonds auskommen. Seit der Einführung des Zusatzbeitrages verließen rund 300.000 Mitglieder die Kasse (Stand erstes Quartal 2011). Müsste die DAK alle Zusatzbeiträge rückwirkend zurück zahlen, könnte dies die Situation der Kasse mindestens verschärfen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. (sb)
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