Experten erwarten enormen Anstieg der Krankenkassenbeiträge
Die gesetzlichen Krankenkassen planen drastische Erhöhungen ihrer Beiträge. Nach Ansicht einiger Experten könne sich der Zusatzbeitrag eines durchschnittlich verdienenden Arbeitnehmers im nächsten Jahr verdoppeln.
Ausgaben steigen stärker als Einnahmen
Die gesetzliche Krankenversicherung in Deutschland wird immer teurer. Erst kürzlich erklärte die Chefin des GKV-Spitzenverbands, Doris Pfeiffer, in einer Mitteilung: „Wir haben die Realität, dass es auch in den nächsten Jahren steigende Zusatzbeiträge geben wird.“ Der Anstieg der Beiträge sei unter anderem auf Ärzte- und Klinikreformen zurückzuführen, ebenso würden die Kassen zu wenig Geld für Hartz-IV-Empfänger erhalten, so Pfeiffer. „Die Ausgaben steigen weiter weit stärker als die Einnahmen“, sagte die Verbandschefin.
Zusatzbeiträge könnten höher ausfallen als erwartet
Dass die gesetzlichen Krankenkassen die Beiträge erhöhen werden, ist schon länger bekannt. Nach Einschätzung von Experten könnten die Zusatzbeiträge in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) künftig allerdings noch viel höher ausfallen als bisher erwartet. Wie „Spiegel online“ berichtet, könnte der durchschnittliche Zusatzbeitrag nach einer Berechnung des Gesundheitsökonomen Jürgen Wasem von der Universität Duisburg-Essen, von heute 1,1 Prozent auf 2,4 Prozent im Jahr 2020 steigen. Dies wäre deutlich mehr als die gesetzlichen Kassen selbst erwarten.
Modell mit Zusatzbeiträgen als unsinnig eingestuft
Die GKV rechnet bislang bis 2019 mit einem Anstieg des Zusatzbeitrags auf durchschnittlich 1,8 Prozent. Der gesetzlich festgelegte Kassenbeitrag liegt seit einem Beschluss der großen Koalition von Union und SPD bei 14,6 Prozent des monatlichen Bruttoeinkommens, wovon Arbeitgeber und Arbeitnehmer jeweils die Hälfte bezahlen. Den variablen Zusatzbeitrag, der von der jeweiligen Kasse individuell festgelegt wird, müssen die Mitglieder aber alleine tragen.
Bei Mehrausgaben steigen in der Regel nur die Zusatzbeiträge und damit die Belastungen der Arbeitnehmer. Selbst manche Krankenkassen kritisieren dieses Modell. So hatte der DAK-Chef den Zusatzbeitrag als unsinnig eingestuft. Dieser führe zu einem unsinnigen Preiswettbewerb und schleichendem „Rückzug der Arbeitgeber aus der Finanzverantwortung“.
Reformen haben Kosten erhöht
Die Ausgaben der gesetzlichen Kassen steigen seit Jahren ungeachtet der Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds schneller als die Einnahmen. Die Vorsitzende des GKV-Spitzenverbandes, Doris Pfeiffer, sagte laut dem Magazin: „Die Reformen der letzten Jahre haben sich nicht mit Einsparungen beschäftigt, sondern die Kosten erhöht.“
Erst kürzlich wurde über Pläne der schwarz-roten Bundesregierung berichtet, denen zufolge die gesetzlichen Kassen aus dem Gesundheitsfonds zusätzliche Milliarden im Wahljahr erhalten sollen.
Zusatzbeitrag von über 50 Euro
Nach Wasems Berechnungen zahlt ein Durchschnittsverdiener in diesem Jahr bei einem beitragspflichtigen Einkommen von 1.960 Euro im Schnitt 21,76 Euro Zusatzbeitrag im Monat. Bis 2020 könnte sich der Beitrag mehr als verdoppeln. Bei einem Durchschnittseinkommen von 2.261 Euro könnten dann schon 54,74 Euro Zusatzbeitrag fällig werden.
Experten für eine gerechtere Kostenverteilung
Die Linkspartei warnte, dass die Zusatzbeiträge für Krankenversicherte innerhalb der kommenden Jahre zu explodieren drohten. „Die Bundesregierung fährt die öffentliche Gesundheitsversorgung vor die Wand“, kritisierte der Parteivorsitzende Bernd Riexinger. In einer Mitteilung heißt es: „Die Zusatzbeiträge der Krankenkassen, die bislang allein von den Versicherten geschultert werden, müssen in gleichen Teilen vom Arbeitgeber mitfinanziert werden.“ Riexinger machte sich erneut für die Bürgerversicherung stark, in die alle einzahlen sollen.
Auch der Sozialverband Deutschland (SoVD) forderte eine gerechte Kostenverteilung. „Der Gesetzgeber muss eingreifen, um notfalls den heute prognostizierten Anstieg von Zusatzbeiträgen für die Versicherten zu dämpfen. Die aktuellen Zahlen zeigen erneut den dringenden Handlungsbedarf. Werden die Arbeitgeber nicht bald verpflichtet, die Kostenexplosion gemeinsam mit den Versicherten zu stemmen, so hat dies eine tiefgreifende Gerechtigkeitslücke zur Folge“, so Verbandspräsident Adolf Bauer. (ad)
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