Rolfing oder Strukturelle Integration
Der Name „Rolfing SI“ geht auf die Begründerin dieser Therapiemethode, Dr. Ida Rolf, zurück. SI steht für „Strukturelle Integration“. Rolfing setzt bei den Faszien an, einer bindegewebigen Struktur, die den ganzen Körper durchzieht. Durch manuelle, massageähnliche Berührungen sollen Verklebungen oder Verfilzungen der Faszien gelöst und dadurch hervorgerufene Beschwerden wie Verspannungen oder chronische Rückenschmerzen gelindert werden.
Inhaltsverzeichnis
Ergänzende Haltungs- und Bewegungsübungen vermitteln beim Rolfing ein Gefühl für den eigenen Körper, für eine gesunde Körperhaltung und harmonische Bewegungsabläufe. Sie sollen das Körperbewusstsein verbessern und dabei helfen, den Körper auch nach Abschluss der Behandlung immer wieder in eine entspannte, aufrechte Haltung zu bringen.
Was sind Faszien?
Der Begriff „Faszie“ stammt vom lateinischen Wort „fascia“, was so viel wie „Band“ oder „Bandage“ bedeutet. Faszien sind im gesamten Körper zu finden. Alle kollagenen, faserigen Teile des Bindegewebes wie zum Beispiel Muskeln, Bänder und Sehnen bestehen aus Faszien beziehungsweise werden von ihnen durchzogen und umhüllt. Faszien spielen somit eine wichtige Rolle in der Struktur des Körpers: Sie geben ihm Halt und Form und ermöglichen im gesunden Zustand fließende, schmerzfreie Bewegungen.
Durch verschiedene Faktoren können sich Probleme an den Faszien entwickeln. Dazu zählen Über- oder Unterlastung durch zu viel, zu wenig oder falsche Bewegung, Stress, Unfälle oder Operationen. So entstehen Verspannungen, Verklebungen oder Verfilzungen der Faszien, die sich zum Beispiel durch Schmerzen oder eingeschränkte Beweglichkeit äußern.
So funktioniert Rolfing
Die Rolfing-Methode versteht sich als eine Form ganzheitlicher Körperarbeit. Ziel ist es, eine entspannte, aufrechte Haltung mit einer guten Beweglichkeit des Körpers zu erreichen. Der Körper soll ins Gleichgewicht gebracht werden, damit Beschwerden wie Verspannungen, Blockaden oder Schmerzen verschwinden und der gesamte Organismus optimal funktionieren kann. Dabei wird auch das Bewusstsein für den eigenen Körper verbessert.
Rolfing beinhaltet zwei wichtige Komponenten: Die eingehende Betrachtung der individuellen Körperhaltung und Bewegungsabläufe mit Ortung von Blockaden, Verspannungen und sonstigen Beeinträchtigungen und ihren Ursachen sowie deren Behebung durch manuelle Therapie der Faszien im Anschluss.
Zunächst befassen sich Patientin und Behandlerin gemeinsam damit, wie etwa das Gehen oder Stehen sich anfühlt; sie benennen Ungleichheiten im Seitenverhältnis, beispielsweise eine auf einer Seite hochgezogene Schulter, oder Gleichgewichtsprobleme beim Gehen. Dabei werden auch mögliche Ursachen besprochen. Wie gestaltet sich der Alltag? Eher bewegungsarm? Welche Haltung wird während der Arbeit eingenommen? Gibt es einseitige Belastungen oder Verspannungen durch Stress? Gab es in der Vergangenheit Operationen, Knochenbrüche oder Bettlägerigkeit, die sich möglicherweise langfristig auf den Zustand der Faszien in einem Bereich und damit auf das gesamte Körpersystem ausgewirkt haben?
Durch eine Bearbeitung der Faszien mit massageähnlichen Techniken werden anschließend Verspannungen, Verklebungen oder Verfilzungen der Faszien im ganzen Körper gelockert und gelöst. Dazu setzt der Therapeut oder die Therapeutin Hände, Fäuste und Unterarme ein.
Eine Rolfing-Therapie umfasst normalerweise zehn Sitzungen. Sitzungen eins, zwei und drei werden als Auftaktsitzungen bezeichnet. Hier sollen äußere Spannungsmuster erkannt und aufgelöst werden. In den Sitzungen vier, fünf, sechs und sieben befasst sich die Therapie mit den tieferen Schichten der Faszien und der Aufrichtung des Körpers. Dieser Teil der Behandlung wird Kernsitzungen genannt. Sitzungen acht, neun und zehn werden als integrative Sitzungen bezeichnet, in denen das Zusammenspiel der Körperstrukturen im Vordergrund steht. Dem Patienten oder der Patientin wird dabei ein Gespür dafür vermittelt, wie der eigene Körper entlang der sogenannten vertikalen Schwerkraftlinie ausgerichtet ist. So soll es möglich sein, auch nach dem Ende der Therapie selbstständig den Körper immer wieder leicht in eine entspannte und aufrechte Haltung zu bringen.
Entstehung der Rolfing-Methode
Der Begriff Rolfing geht auf den Namen seiner Erfindern Dr. Ida P. Rolf (1896 – 1979) zurück, die diese ganzheitliche Behandlungsmethode Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts entwickelte. Dr. Ida Rolf erforschte am Rockefeller-Institut als Doktorin der Biochemie das menschliche Bindegewebe. Sie beschäftigte sich zudem intensiv unter anderem mit Osteopathie und Yoga und tauschte sich mit den Begründern der Feldenkrais-Methode und der Alexander-Technik aus. Erkenntnisse daraus sind ins Rolfing eingeflossen. Sie selbst nannte ihre Methode „Strukturelle Integration“. Erst später ging dann Dr. Rolfs Name in die Benennung der Methode ein. Heute findet man die Bezeichnungen „Rolfing SI“, „Rolfing Strukturelle Integration“ oder auch einfach „Rolfing“.
Im Rolfing wird der Körper ganzheitlich betrachtet. Es wird das Wissen darüber berücksichtigt, wie Verspannungen entstehen und wie eine Verspannung oder Blockade an einer Körperstelle auch auf andere Körperregionen wirkt. Beispielsweise kann eine Nackenverspannung ihre Ursache in verschiedenen Hüftproblemen haben. Die Schwerkraft spielt dabei aus Ida Rolfs Sicht eine elementare Rolle: Sie war der Überzeugung, dass bestimmte Voraussetzungen gegeben sein müssen, damit die Struktur des menschlichen Körpers sich in harmonischer Übereinstimmung mit der Schwerkraft befindet. Dies war ihrer Meinung nach die Grundlage dafür, dass der gesamte Mensch „optimal und ergonomisch funktionieren kann“. Eine Rolfing-Behandlung soll den Körper entlang einer vertikalen Linie aufrichten, sodass die Schwerkraft wieder als „positive, auftriebgebende Kraft“ genutzt werden kann.
Bis ins hohe Alter gab Dr. Ida P. Rolf ihr Wissen und ihre Methode der Strukturellen Integration an zahlreiche Schülerinnen und Schüler des von ihr gegründeten „Rolf Institute of Structural Integration“ in Boulder, Colorado, weiter.
Für wen ist Rolfing hilfreich?
Rolfing wird eingesetzt, um Verspannungen zu lösen, beispielsweise im Schulter- und Nackenbereich. Auch bei chronischen Rückenschmerzen, Schmerzen in der Hüfte, den Füßen oder Knien kann Rolfing hilfreich sein. Alle Beschwerden des Bewegungsapparates, die durch einseitige Belastungen oder Schonhaltungen ausgelöst werden, können gut auf eine Rolfing-Therapie ansprechen.
Wann darf Rolfing nicht angewendet werden?
Bevor Sie eine Rolfing-Therapie beginnen, sollten Sie Rücksprache mit Ihrem Hausarzt oder Ihrer Hausärztin halten. Denn bei einigen Krankheitsbildern sollte Rolfing nicht angewendet werden. Dazu zählen Aneurysma, entzündliche Erkrankungen und Phlebitis. Bei Arteriosklerose, Krebserkrankungen, Osteoporose, dauerhafter Einnahme von Cortison sowie bestimmten psychischen Erkrankungen sollten Sie ebenfalls vorher klären, ob eine Rolfing-Therapie für Sie geeignet ist.
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Hans Georg Brecklinghaus: Rolfing - Strukturelle Integration, Lebenshaus Verlag, 6. Auflage, 2015
- Internetauftritt European Rolfing® Association e.V., (Abruf 11.10.2019), rolfing.org
- Internetauftritt Rolfing® Verband Deutschland e. V., (Abruf 11.10.2019), rolfingverband.de
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.