Anlaufschmerzen, auch „Loslaufschmerzen“ genannt, sind Schmerzen, die zu Beginn einer Bewegung, nach langem Stehen, Sitzen oder Liegen entstehen. Die Ursachen dafür sind die degenerative Erkrankung Arthrose und die entzündliche Erkrankung Arthritis.
Inhaltsverzeichnis
Arthrose
Arthrose gehört weltweit zu den häufigsten Gelenkerkrankungen. Dies ist eine degenerative Erkrankung, bei der es zum Abbau der Knorpelsubstanz kommt. Der Knorpel ist eine Art Schutzschicht, die das Ende den Knochens umgibt, damit die beiden Knochenenden innerhalb eines Gelenks nicht aufeinander reiben.
Auch wirkt die Knorpelsubstanz als eine Art Stoßdämpfer, wodurch die Belastung gleichmäßig verteilt werden soll. Baut sich jedoch diese Substanz immer mehr ab, so reiben die Knochen aneinander und dies verursacht Schmerzen, die unterschiedlich stark auftreten können.
Eine Arthrose kann sich an den kleinen oder auch großen Gelenken des Körpers, mit inklusive der Wirbelgelenke, bilden. Am häufigsten tritt die Arthrose an den Knien, der Hüfte, an Händen, Fingern und Füßen auf.
Leitsymptome einer Arthrose sind vor allem die Anlaufschmerzen. Und diese sind auch der Grund dafür, dass sich die Betroffenen immer weniger bewegen, das Gelenk dadurch immer steifer wird, was wiederum noch mehr Schmerzen bereitet.
Durch die mangelnde Bewegung nimmt auch die Durchblutung im Gelenk ab, was bedeutet, dass der noch vorhandene Knorpel immer schlechter durchblutet wird und weiter abbaut. Die Schutzfunktion verringert sich zunehmend und die Schmerzen werden immer mehr.
Arthrose – Leitsymptome
Wie bereits erwähnt, gehören zu den Leitsymptomen der Arthrose die Anlaufschmerzen und dazu noch eine sogenannte Morgensteifigkeit. Nach einer längeren Ruhephase verursachen die ersten Bewegungen Schmerzen.
Die Morgensteifigkeit zeichnet sich dadurch aus, dass die Gelenke steif und schlecht beweglich sind. Beides hält jedoch nicht lange an. Und wenn sich die Patienten dann „eingelaufen“ haben, vergehen die Beschwerden. Dann haben sich die Gelenke „warmgelaufen“.
Kälte, Nässe und auch körperliche Belastungen können jedoch bei Arthrose die Schmerzen verstärken, zum Beispiel bei einer Kniearthrose (Gonarthrose) durch Treppensteigen.
Arthroseschmerzen können sich im Laufe der Zeit auf das umliegende Gewebe, wie Sehnen und Muskulatur ausbreiten und dort sogenannte Belastungsschmerzen verursachen.
Differentialdiagnose Arthritis
Bei einer Arthritis, einer Gelenkentzündung, treten auch Anlaufschmerzen auf. Jedoch ist hierbei der Begriff eigentlich nicht richtig. Denn bei den wirklichen Anlaufschmerzen vergehen diese nach kurzer Zeit, bei einer Arthritis vergehen diese nicht und sind auch in Ruhe vorhanden.
Bei Arthritis kommen noch Beschwerden, wie Überwärmung, Rötung, Schwellung und Ergussbildung hinzu. Zu Beginn können auch Fieber, Unwohlsein, Müdigkeit und Appetitlosigkeit mit dabei sein.
Bei der Diagnosestellung werden Arthritis und Arthrose voneinander unterschieden. Jedoch kann aus einer Arthrose eine entzündlich aktivierte Arthrose werden. Diese hat ebenso, wie die Arthritis, Schwellung, Rötung und Überwärmung als Begleitsymptome.
Bei einer entzündlich aktivierten Arthrose treten der degenerative Abbau und die Entzündung gleichzeitig auf, was den Abbau des Knorpels beschleunigenden kann.
Ruheschmerzen und nächtliche Schmerzen deuten auf eine Arthritis hin.
Anlaufschmerzen die recht schnell wieder vergehen, sind ein Leitsymptom der Arthrose.
Ursachen Arthrose
Ursachen für eine Arthrose:
- Leistungssport,
- zurück liegende Verletzungen (Meniskusschäden, Frakturen und so weiter),
- außergewöhnliche, einseitige Belastungen (zum Beispiel die Fliesenleger-Kniearthrose),
- zunehmendes Alter,
- familiäre Häufung,
- Übergewicht,
- Bewegungsmangel,
- Diabetes und
- Gicht.
Generell entsteht eine Arthrose durch ein Ungleichgewicht zwischen Belastbarkeit und Belastung. Dabei entstehen feinste Risse und Spalten. Der Knorpel kann sich selbst nicht regenerieren und so entsteht mit der Zeit ein Verschleiß. Dadurch wird die Knorpelsubstanz zunehmend reduziert.
Die Folge ist, dass der Körper mit einer vermehrten Knochenbildung reagiert, wodurch Deformierungen entstehen können. Auch knotige Verdickungen sind möglich. Eine weitere Folge ist eine Entzündung. Dies ist dann die bereits oben erwähnte aktivierte Arthrose.
Diagnose
Wer unter Anlaufschmerzen leidet, sollte unbedingt eine orthopädische Praxis aufsuchen. Anlaufschmerzen sind in der Regel Hinweis auf eine bestehende Arthrose. Diese ist zwar nicht heilbar, jaber es ist möglich, dass der Abbauprozess verlangsamt wird oder auch zeitweise stagniert.
Jedoch ist es in der Regel so, dass Betroffene den Gang zur Arztpraxis lange hinauszögern, da die Anlaufschmerzen immer wieder verschwinden. Somit ist die Arthrose häufig schon ziemlich fortgeschritten und deshalb schlecht behandelbar.
Nach einer Anamnese untersucht der Arzt das betroffene Gelenk. Hinzu kommen Ultraschall und Röntgen. Ultraschall zeigt die Beschaffenheit von umliegendem Gewebe, wie Schleimbeutel, Gelenkkapseln und auch entzündliche Strukturen.
Das Röntgen macht ein Bild der knöchernen Strukturen möglich. Eventuell wird ein Bluttest angeordnet, um Entzündungsparameter und Rheumawerte abzuklären. In manchen Fällen ist zusätzlich noch eine Magnetresonanztomographie (MRT) nötig.
Behandlung
Bei Anlaufschmerzen wird die Arthrose behandelt. Dies ist nicht heilbar, jedoch können die Schmerzen gelindert, der Abbauprozess entschleunigt werden. An erster Stelle stehen konservative Behandlungen, eine Operation sollte nur die allerletzte Option sein.
Zu den konservativen Therapiemethoden gehören folgende:
- Krankengymnastik,
- Physiotherapie,
- Massagen,
- Kälte – oder Wärmeanwendungen,
- Hydrotherapie,
- Reizstromtherapie,
- Bewegungstherapie,
- Reduktion von Übergewicht,
- die Vermeidung von falscher Belastung und Überlastungen,
- Ergotherapie,
- Hilfe durch Gehstützen,
- Bandagen,
- Sitzerhöhungen,
- Schuheinlagen und
- Schmerztherapie, die oral, per Injektionen, als Pflaster oder Salbe/Gel erfolgen kann.
Operative Maßnahmen
Helfen die konservativen Maßnahmen nicht, ist der Leidensdruck sehr groß, die Anlaufschmerzen und weitere Beschwerden massiv, stehen operative Maßnahmen zur Verfügung:
- Arthroskopien: Dabei werden minimalinvasiv die Knorpelflächen geglättet,
- Knorpeltransplantationen: Dafür werden zuerst per Arthroskopie aus einem nicht belasteten Areal des Gelenks Knorpelzellen entnommen. Diese werden dann in einem Speziallabor weiter „gezüchtet“.
Nach sechs bis acht Wochen sind die Zellen kultiviert. Dann wird per Arthroskopie zuerst das geschädigte Knorpelgewebe abgetragen und dann die „neuen“ Zellen injiziert.
- Gelenkversteifungen: Diese wird nur bei einer sehr ausgeprägten Arthrose, zum Beispiel bei einer Fingerarthrose durchgeführt. Die Gelenkfunktion ist damit verloren. Die Gelenkenden werden in einer Operation fest miteinander verbunden, eventuell durch Schraube und Platten. Beispiel dafür ist auch eine Versteifung im Wirbelbereich.
- endoprothetischer Ersatz (künstliches Gelenk): Wenn keine andere Behandlungsmöglichkeiten mehr infrage kommt (vor allem bei Hüfte und Knie kann das betroffene Gelenk durch ein künstliches ersetzt werden) und
- Achskorrektur-Operationen oder auch Umstellungsosteotomie: Insbesondere bei betroffenen Kniegelenken, wird durch eine Achskorrektur die Belastung auf die Gelenke reduziert.
Prävention
Um Anlaufschmerzen, beziehungsweise einer Arthrose vorzubeugen, sollten Sie sich regelmäßige moderat bewegen, aber keinen Leistungssport treiben. Die Bewegung hilft, Muskeln aufzubauen und dies wiederum schützt die Gelenke.
Zudem sollten Sie übermäßige Belastungen und Fehlbelastungen vermeiden. Schwimmen, Wassergymnastik, Radfahren, Spaziergänge auf weichem Boden sind gelenkschonende Möglichkeiten, sich zu bewegen.
Eine gesunde Ernährung ist ebenfalls wichtig. Unter andrem sollten Sie Fleisch reduzieren und dafür mehr Gemüse und Obst essen.
Tipps, wenn bereits eine Arthrose vorhanden ist
Bei bestehender Arthrose in Verbindung mit Anlaufschmerzen gilt als Erstes:
Bewegen, bewegen, bewegen – auch wenn bei Anlaufschmerzen dies nicht immer so einfach ist.
Bewegung fördert die Durchblutung. Und der Knorpel, der bei der Arthrose schon geschädigt ist, benötigt diese Durchblutung um so mehr. Vor allem, damit nicht noch weitere Knorpelsubstanz abgebaut wird.
Wenn Sie Anlaufschmerzen verspüren, dann sollten Sie sich bitte bald in ärztliche Behandlung begeben, damit dieser mit Ihnen einen Therapieplan erstellen kann, denn es gilt die Arthrose zu stoppen und damit auch gegen die Anlaufschmerzen vorzugehen.
Ernährung
Eine gesunde Ernährung ist immer wichtig. Jedoch spätestens, wenn die Diagnose Arthrose steht, sollten die Ernährungsgewohnheiten überdacht werden.
Obst und Gemüse stehen an erster Stelle. Dies sollte saisonal und frisch sein. Damit nicht noch zusätzliche Entzündungen entstehen, sind antientzündlich wirkende Nahrungsmittel zu bevorzugen. Dazu gehören zum Beispiel:
- Beeren,
- Hülsenfrüchte (nicht bei Gicht geeignet),
- Knoblauch,
- Zwiebeln,
- dunkler Kakao,
- Vollkornprodukte,
- Leinöl,
- Chiaöl,
- Walnussöl,
- Leinsamen und
- Fisch.
Süßes, Weißmehl und Fleisch ist weitgehendst zu meiden und Milchprodukte zu reduzieren. Auf eine ausreichende Trinkmenge in Form von stillem Wasser oder Kräutertee ist zu achten. Ebenso sollte mit dem Rauchen aufgehört und der Akoholkonsum eingeschränkt werden.
Nahrungsergänzungen
Bei Arthrose werden mittlerweile auch Nahrungsergänzungen empfohlen, die den Knorpelabbau hemmen sollen. Diese Mittel enthalten zum Beispiel:
- Vitamin D, C und E,
- Korallenpulver,
- Grünlippmuschelkonzentrat,
- Hyaluronsäure,
- Collagen,
- Mangan und
- Selen.
Lassen Sie sich diesbezüglich beraten. Auch sollten hier unbedingt die Omega-3-Fettsäuren erwähnt werden. Leider enthält unsere Ernährung viel zu viel Omega-6-Säuren und genau dies kann dann auch Entzündungen begünstigen. Omega-3-Fettsäuren dagegen sind wichtig für die Gelenkflüssigkeit, die wiederum den Knorpel versorgt.
Hilfe aus der Naturheilkunde
Anlaufschmerzen werden in der Naturheilkunde ganzheitlich behandelt. Ein Patient, der Arthrose hat, wird genau befragt nach seinen Lebensumständen, seinem Bewegungsprofil, seiner Arbeit, seiner Ernährung, seiner familiären Disposition und seinen eventuell vorliegenden chronischen Erkrankungen.
Gerade Gicht- oder Diabetespatienten neigen eher dazu eine Arthrose zu entwickeln, da diese beide Erkrankungen ja zu den Stoffwechselerkrankungen gehören. Und auch im Gelenk findet ein Stoffwechsel statt.
Therapien bei Arthrose sind
- Akupunktur,
- Fußreflexzonenmassagen,
- Moxa-Therapie,
- Baunscheidttherapie,
- orthomolekulare Medizin (OM),
- Homöopathie,
- Schüßler Salze und
- Anthroposophische Medizin.
Eine Studie in Jena hat die Wirksamkeit der Fußreflexzonenmassage bei Kniearthrose (Gonarthrose) und somit auch bei Anlaufschmerzen belegt. Aber auch Injektionen rund um das betroffene Gelenk mit naturheilkundlichen Mitteln wirken in der Regel recht schnell schmerzlindernd.
Die Patienten werden dazu angehalten, sich gesund zu ernähren und sanft, aber regelmäßig die umliegende Muskulatur zu stärken. Beim Thema Anlaufschmerzen wird ebenso das regelmäßige Bewegen angesprochen. Bei Schmerzen in den Fingern hilft zum Beispiel das Bewegen in warmem Wasser. (sw)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Graninger, W., Herold, M. et al.: Praktische Rheumatologie, Springer, 2012
- Beise, U., Heimes, S. et al.: Gesundheits- und Krankheitslehre, 2. Auflage, Springer, 2013
- Uhlemann, C.: Wirksamkeit der Fußreflexzonentherapie bei Gonarthrose belegt. Uniklinik Jena, Kompetenzzentrum Naturheilverfahren, Klinik für Innere Medizin II, 2006 , Uniklinik Jena
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.