Bewusstlosigkeit kennt viele Namen: Ohnmacht, Blackout oder Kollaps. Betroffen sind jedes Jahr eine halbe Million Menschen in Deutschland. Ohnmächtig zu werden bedeutet für eine Zeit lang vollkommene Hilflosigkeit. Meist dauert diese weniger als 20 Sekunden, das ist aber kein Grund, sie als harmlos anzusehen. Wenn unser Gehirn nicht durchblutet wird, fallen wir nach wenigen Sekunden in Ohnmacht.
Inhaltsverzeichnis
Ohnmachten führen zu Stürzen und können Verletzungen auslösen. Zwar kündigt sich eine Bewusstlosigkeit vorher an, durch Übelkeit, Hitzegefühle, ein Bauchgefühl oder weiche Knie, doch manchmal trifft sie uns ohne jedes Signal. Wir können immer und überall in Ohnmacht fallen – am Lenkrad eines Autos bei Tempo 160 ebenso wie wenn wir eine viel befahrene Straße überqueren. Tödliche Unfälle in Folge einer Ohnmacht sind also eine reale Gefahr.
Vorzeichen
Alle Anzeichen einer Ohnmacht können auch Symptome anderer Beschwerden seien. Dazu gehört Schwindelgefühl, Benommenheit, Verlust der Orientierung, eine Sehschwäche (in der wir zum Beispiel verschwommen sehen, Sterne vor unseren Augen flackern oder wir Entfernungen nicht abschätzen können), Schweißhände und Übelkeit.
Bei diesen Symptomen sollten sie sich flach hinlegen und die Beine hochlegen. Dadurch fließt das Blut von den Beinen ins Herz und der Blutdruck erhöht sich. Sie können dabei eine Ohnmacht vermeiden oder sie zumindest verkürzen. Wenn Sie liegen, können Sie zudem nicht fallen.
Die Ursachen
Eine Ohnmacht deutet nicht notwendig auf schwere Krankheiten hin. Die Auslöser können harmlos sein: Sie springen morgens zu schnell vom Bett auf, sie sind nach körperlicher Arbeit erschöpft; ihr Körper ist überhitzt (dazu gehört auch die Ohnmacht bei einem so genannten Sonnenstich), oder sie leiden unter negativem Stress. Auch emotionale Erregung kann zu Bewusstlosigkeit führen: Beim Anblick des Traummanns oder der Traumfrau in Ohnmacht zu fallen, ist keine Erfindung von Hollywood-Regisseuren und Rettungssanitäter haben einschlägige Erfahrung mit Teenagern, die bei Konzerten von Tokio Hotel eine Black Out haben.
Ernster sind Ohnmachtsanfälle als Folge von Herzrhythmusstörungen, Drogen- und Alkoholmissbrauch, Krankheiten oder Medikamenten. Hier gilt: Plötzliche Ohnmachten, die wiederkehren, sind ein ernstes Symptom, und Sie sollten schleunigst einen Arzt aufsuchen, um schlimmeres zu verhindern.
Auch Ohnmachten mit harmlosen Auslösern können psychische Folgen nach sich ziehen: Ungefähr ein Drittel aller Menschen, die das Bewusstsein verloren, leiden unter zwanghaften Ängsten bis hin zu klinischen Depressionen. Die Betroffenen meiden Situationen, die sie an die Ohnmacht erinnern oder potenziell gefährlich sein könnten: Sie fahren zum Beispiel kein Auto mehr oder ziehen sich an den Schreibtisch zurück. Einige fürchten sich, allein zu sein, andere geraten in Panik, wenn sie Straßen überqueren.
Ernste Ursachen für Bewusstlosigkeit
Störungen der Hirndurchblutung können zwar auch durch abrupte Bewegungen, Hitze und Anstrengung ausgelöst sein, doch bisweilen liegen weit schlimmere Beschwerden vor: Hirnverletzungen oder ein Schlaganfall, Hirnblutungen oder verstopfte Blutgefäße zählen zu den ernsten Erkrankungen am Hirn, die Ohnmacht auslösen können.
Eine andere Ursache sind Störungen des Stoffwechsels: Vergiftung durch Drogen, Alkohol und Medikamente, Diabetes, Leberschwäche oder Schilddrüsen-Erkrankungen. Auch Störungen der Hirnfunktion kommen als Ursache in Frage: Das kann ein Hirntumor sein oder eine Hirnentzündung.
Ein kurzer Ohnmachtsanfall liegt meist an einer kurzfristigen Störung der Hirndurchblutung. Das heißt, eines der Nervensysteme, das die Herzfunktionen steuert, tritt vorübergehend außer Kraft, vor allem am Herz oder den Halsschlagadern. Kampfsportler lernen zum Beispiel, einen Gegner durch einen Schlag mit der Handkante gegen die Halsschlagader außer Gefecht zu setzen.
Wie zeigt sich Bewusstlosigkeit?
Das Bewusstsein schränkt sich so weit ein, dass die Sinne der Betroffenen versagen, und sie Teile ihres Körpers nicht mehr kontrollieren können. Zum Beispiel fallen sie vom Stuhl, weil sie ihre Muskeln nicht mehr steuern können, oder machen sich in die Hose, weil die Schließmuskeln versagen.
Dabei müssen Betroffene nicht bei allen Formen der Bewusstlosigkeit stürzen. In manchen Fällen behalten sie die Kontrolle über bestimmte Regionen ihres Körpers. Typisch sind Stürze bei epileptischen Anfällen, unterzuckerten Diabetikern und Patienten mit gesteigertem Hirndruck.
Epileptiker kennen aber auch Anfälle, bei denen ihr Bewusstsein „nur“ gestört ist, jedoch nicht komplett aussetzt. Auch kleine Blutgerinnsel im Gehirn führen zu einer so kurzfristigen Störung der Durchblutung im Gehirn, dass die Betroffenen zwar für einen Moment benommen sind, aber nicht gänzlich in Ohnmacht fallen. Diese Menschen sehen alles um sich herum „wie durch einen Schleier“.
Wer für einen Moment in Ohnmacht fällt, erinnert sich oft genau, wie ihm übel wurde oder plötzlich ein „Schatten vor den Augen“ auftauchte, es vor ihren Augen „flimmerte“ oder die Ränder ihres Sehfeldes sich einengten. Längere Bewusstseinsverluste gehen indessen in der Regel mit Amnesie einher.
Herzschwäche
Ohnmachten, verbunden mit chronischer Atemnnot sind ein Warnsignal für eine Herzschwäche. Dabei ist der Herzmuskel nicht in der Lage, das mit Sauerstoff angereicherte Blut in die Muskeln zu leiten.
Blutverlust
Ein hoher Blutverlust führt fast automatisch zu Bewusstlosigkeit. Hier sind nicht die Zugänge zum Gehirn versperrt, sondern es ist nicht mehr genug Blut vorhanden, dass die Gefäße füllen könnte. Es hilft nur ein umgehendes Stoppen des Blutflusses aus der Wunde und eine Bluttransfusion.
Was hilft?
Tritt die Ohnmacht wegen einer Basiserkrankung wie Diabetes, Epilepsie, Herzschwäche oder Hirnkrankheiten auf, dann muss die Krankheit selbst behandelt werden. Kurze einmalige Ohnmachten können sie indessen mit umsichtigem Verhalten gut verhindern.
Sport
Sport in Maßen stärkt den Herzkreislauf und durchblutet das Gehirn, denn das Blut erhält mehr rote Blutkörperchen und transportiert mehr Sauerstoff. Das Blut fließt besser und nimmt mehr Sauerstoff auf. Die Zellen verfügen über mehr Mitochondrien, die Energieträger in Energie umwandeln. Auch dadurch nutzt der Körper den Sauerstoff effektiver, denn die Kapillaren rund um die Lungenbläschen werden dichter, und mehr Sauerstoff kommt von der Lunge in das Blut.
Vermeiden Sie abrupte Bewegungen, vor allem, wenn Sie sich zuvor in Ruheposition befanden. Nach dem Schlaf braucht der Kreislauf einige Zeit, um „in Schwung zu kommen“. Wenn Sie zu rasant aus dem Bett springen, können Sie im schlechtesten Fall die Durchblutung des Gehirns unterbrechen.
Stress vermeiden
Kontrollieren Sie negativen Stress. Erledigen Sie Aufgaben nacheinander und versuchen Sie nicht, alles gleichzeitig zu tun. Fragen Sie sich bei überwältigenden Ängsten, wie die Wirklichkeit aussieht, entwerfen Sie ein „worst case Szenario“ und überlegen Sie, was real passieren könnte. Unterbrechen Sie Tätigkeiten in geschlossenen Räumen durch Spaziergänge an der frischen Luft. Atmen Sie tief durch, Sauerstoff ist einer der besten Trigger, um den Blutfluss in Gang zu halten.
Sonnenschutz
Bereiten Sie sich auf anstrengenden Touren in heißen Ländern systematisch vor. Bedecken Sie ihren Kopf, führen Sie ausreichend Trinkwasser mit sich und halten Sie ein Leinentuch parat, um in baumlosen Ebenen für Schatten zu sorgen. Wenn Sie körperliche Arbeit nicht gewohnt sind, sorgen Sie für ausreichende Pausen. Das beugt nicht nur Ohnmacht vor, sondern steigert die Arbeitsleistung.
Jede/r nach seinen Fähigkeiten
Vermeiden Sie Extremsport, wenn Sie nicht entsprechend trainiert sind. Wenn Sie mit Kraftsport beginnen, dann führen Sie die Übungen nur so lange durch, bis Sie die ersten Schmerzen empfinden oder nicht mehr gleichmäßig atmen können. Wenn „alte Hasen“ im Fitness-Studio sie deswegen auslachen, wechseln Sie das Studio. Jeder verantwortungsvolle Coach wird ihnen raten, sich niemals zu überlasten.
Wenn Sie erschöpft sind, lassen Sie sich nicht von Durchhalteparolen beeinflussen wie „da mussten wir alle durch“. Es ist ihr Organismus, und vielleicht landeten die „Anderen“ nach einem Kreislaufkollaps im Krankenhaus.
Gehen Sie sorgsam mit Drogen und Alkohol um: Ein leichter Rausch ist vielleicht angenehm, während einer Alkoholvergiftung das Bewusstsein zu verlieren, ist es nicht. Hüten Sie sich vor dem, im Wortsinne, „Komasaufen“.
Erste Hilfe
Wenn jemand anders in ihrem Beisein in Ohnmacht fällt, wenden Sie erste Hilfe an. Legen Sie den Menschen in die stabile Seitenlage, und bringen Sie, wenn möglich, die Beine in eine erhöhte Position, so dass das Blut in das Gehirn fließen kann. Rufen Sie in jedem Fall einen Krankenwagen. Nicht Sie entscheiden, ob es sich um einen harmlosen Auslöser oder eine ernste Krankheit handelt. (Dr. Utz Anhalt)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Michael Buchfelder; Albert Buchfelder: Handbuch der Ersten Hilfe, Schattauer, 2006
- Erland Erdmann: Klinische Kardiologie, Springer, 2009
- Hans Walter Striebel: Anästhesie - Intensivmedizin - Notfallmedizin: Für Studium und Ausbildung, Schattauer, 2012
- Claudio Bassetti; Marco Mumenthaler: Neurologische Differenzialdiagnostik: Neurologische Symptome und Zeichen richtig bewerten, abklären und einordnen, Thieme, 2012
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.