Der Begriff Bindegewebsschwäche wird häufig in Verbindung mit Orangenhaut und Dehnungsstreifen erwähnt. Vor allem Frauen klagen über dieses Phänomen. Bindegewebsschwäche trifft vermehrt auf Frauen zu, jedoch ist dies in Wirklichkeit weniger ein kosmetisches als vor allem ein medizinisches Problem, das die Grundlage vieler Erkrankungen darstellt.
Inhaltsverzeichnis
Grundlagen: Bindegewebe
Das Bindegewebe ist vor allem an der Formgebung und Formerhaltung des Körpers beteiligt. Es besitzt eine Gleit- und Verschiebefunktion, was zum Beispiel äußerst wichtig für das reibungslose Arbeiten der Muskeln ist. Das Bindegewebe enthält Blutgefäße, Nerven, Schweißdrüsen und Tastkörperchen und dient zur Polsterung von Knochen und Sehnen. Eingeteilt wird diese Gewebeart in lockeres, straffes, retikuläres Bindegewebe und das Fettgewebe.
Das lockere Bindegewebe dient dem Körper als Gerüst, indem es Hohlräume zwischen Organen und Organteilen ausfüllt. Dies trägt zur Erhaltung der Körperform und der Organe bei. Das lockere Bindegewebe bildet einen Wasserspeicher und besitzt wichtige Abwehraufgaben, da in ihm viele Entzündungs- und Abwehrzellen beherbergt sind.
Das straffe Bindegewebe besteht aus geflechtartigem und parallel faserigem Bindegewebe. Der geflechtartige Anteil kommt vor allem in der Lederhaut des Auges, der Hirnhaut und in den Organkapseln vor. In den Muskelsehnen befindet sich parallel faseriges Bindegewebe.
Im Knochenmark und in den lymphatischen Organen ist hauptsächlich retikuläres Bindegewebe vorhanden. Dieses ist äußerst zugfest und bildet ein dreidimensionales Netz. Das Fettgewebe ist eine Sonderform des Bindegewebes und dient zur Wärmeisolation und als Nahrungsspeicher.
Das Bindegewebe hat eine elementare Stellung im Körper. Bei normalgewichtigen Erwachsenen nimmt dies circa 18 Kilogramm des Körpergewichtes ein. Das faserige Bindegewebe ist für die Elastizität verantwortlich. Den lockeren Anteil, welcher viel Wasser enthält, braucht der Organismus für den Stofftransport zwischen Blut und Zellen.
Auf diese Art und Weise gelangen auch Stoffwechsel- und Umweltgifte in das Bindegewebe und werden dort zwischengespeichert. Ist jedoch dieser Speicher überfüllt oder das Bindegewebe in seiner Funktion überfordert, können sich hier durchaus auch Abfallstoffe ablagern.
Vor allem Säuren, die nicht mehr richtig ausgeschieden werden können, verbleiben im sogenannten Pischinger Raum, genannt nach dem Histologen A. Pischinger. Diese behindern den Stoffwechsel und können verschiedenen Erkrankungen nach sich ziehen.
Bindegewebsschwäche kann überall auftreten
Die Bindegewebsschwäche kann nicht nur äußerlich sichtbar, sondern überall im Körper in den verschiedensten Organen vorkommen. Ein schwaches Bindegewebe kann seiner Aufgabe Form und Halt zu geben, nicht mehr richtig nachkommen und verliert an Elastizität. Ebenso nimmt die Gleit- und Verschiebefunktion ab.
Jede Frau wünscht sich ein straffes Bindegewebe, jedoch kommt gerade bei Frauen die Bindegewebsschwäche häufiger vor als bei Männern. Dies liegt an der weiblichen körperlichen Konstitution und deren Hormonsystem.
Die etwas schwach gewordenen Fasern im Bindegewebe können zur Erschlaffung der äußeren Haut, der Blutgefäße, aber auch zur Lockerung der Verankerung innerer Organe führen. Äußerlich sichtbar wird dies durch Dehnungsstreifen.
Erweiterte Gefäße lassen Krampfadern entstehen und die nachlassende Stützfunktion führt dazu, dass sich Organe nicht mehr exakt an ihrem eigentlich Ort halten können und sich deshalb senken oder verlagern, wie zum Beispiel bei einer Gebärmuttersenkung.
Zuviel an Stoffwechselgiften führen mitunter zu einer Verhärtung im Bindegewebe , begleitet von Schmerzen in Gelenken, Myogelosen (tastbare Verhärtung, Verdickung im Muskel), wiederkehrenden Verspannungen und Allergien.
Ursachen für eine Bindegewebsschwäche
Generell neigen Frauen eher zu einer Bindegewebsschwäche als Männer. Das liegt an der unterschiedlichen Anordnung der Bindegewebsstrukturen. Bei der Frau liegen diese parallel. Die Fettzellen können, wenn sie größer werden, das Gewebe nach oben ausdehnen, was zu sichtbaren Dellen führen kann. Dies wird Cellulite genannt.
Das Östrogen der Frau verleiht ihr eine weichere Gewebestruktur, wodurch leichter Formveränderungen des Bindegewebes entstehen können, wie zum Beispiel sichtbar während und nach einer Schwangerschaft. Bei Männern hingegen ist das Bindegewebe längs und quer miteinander vernetzt, was zu einer festeren und elastischeren Struktur beiträgt.
Unabhängig vom Geschlecht können Übergewicht, Bewegungsmangel und ungesunde Kost das Entstehen einer Bindegewebsschwäche fördern.
1. Hormonelle Veränderungen
Östrogen und Progesteron sorgen zusammen für ein festes Bindegewebe. In Folge einer Hormonstörung oder -veränderung kann daraus eine Bindegewebsschwäche entstehen, was zum Beispiel häufig in den Wechseljahren der Fall ist. Hier ist vor allem das Sinken des Östrogenspiegels die Ursache.
Auch eine Hormonveränderung, wie sie in der Schwangerschaft vorkommt, führt mitunter zu einem schwachen Bindegewebe, vor allem, wenn die Frau schon genetisch vorbelastet ist. Bei pubertierenden Mädchen können, gerade wenn sie schnell wachsen, teilweise schon Dehnungsstreifen entstehen. Auch hier spielen die hormonellen Veränderungen eine große Rolle. Hinzu kommen auch Ernährung, Bewegungsmangel und genetische Disposition.
2. Gendefekte
Ein hier erwähnenswerter Gendefekt ist das Marfan-Syndrom. Dabei entsteht eine massive Bindegewebsschwäche. Die Betroffenen bekommen sehr lange Knochen, Gelenke springen leicht aus deren Pfannen und die Patienten sind permanenter Lebensgefahr ausgesetzt, da auch die Hauptschlagader von der Erkrankung befallen sein und platzen kann.
3. Medikamente
Viele Medikamente führen, wenn über einen längeren Zeitraum hinweg eingenommen, zu einer Übersäuerung des Körpers. Diese wiederum wirkt sich negativ auf das Bindegewebe aus. Bekannt dafür ist vor allem das Kortison, das neben anderen Nebenwirkungen, eine Bindegewebsschwäche bedingen kann.
4. Ernährung
Im Bindegewebe findet zwischen Zellen und Blut eine ständiger reger Austausch statt. So werden Nährstoffe an die Zellen und Abfallstoffe, zu denen auch Säuren gehören, ans Bindegewebe abgegeben. Von hier aus sollen vor allem die sauren Bestandteile zur Neutralisation gelangen.
Ist jedoch das Maß schon übervoll, das heißt das Gewebe überladen, bleiben die Säuren hier zurück. Daraus entsteht eine Art Übersäuerung, die sich auf Dauer in vielen verschiedenen Unpässlichkeiten, aber auch Krankheiten, unter anderem auch der Bindegewebsschwäche, bemerkbar machen kann.
Der häufigste Grund für eine Übersäuerung des Bindegewebes ist eine zu saure Kost. Zugeführtes tierisches Eiweiß, in Form von Fleisch, Wurst, Fisch und Milchprodukten wird im Körper als „sauer“ verstoffwechselt, das heißt, dass Säuren frei werden.
Der Körper ist normalerweise in der Lage, diese Säuren abzupuffern beziehungsweise zu binden, zu neutralisieren und dann auszuscheiden. Fallen jedoch zu viel Säuren im Organismus an, ist dieser bald erschöpft und muss die Säuren einlagern, was auf Dauer das Bindegewebe schwächt.
Folgen einer Bindegewebsschwäche
Cellulite
Cellulite ist eine sogenannte Dellenbildung der Haut, bei der Fettzellen bis an die Oberfläche der Haut gelangen. Dies kommt fast ausschließlich bei Frauen vor, ist hormonell bedingt und wird durch eine Bindegewebsschwäche noch zusätzlich unterstützt.
Dehnungsstreifen
Dehnungsstreifen werden in der Fachsprache Striae cutis distensae genannt. Diese entstehen durch starke Dehnung der Haut, zum Beispiel einer größeren Zunahme an Gewicht. Dehnungsstreifen sind auch bei Männern möglich.
Besenreiser
Besenreiser kommen vor allem bei Frauen vor und sind sichtbare kleine Venen unter der Haut. Sie sind erkennbar in Form von kleinen dünnen Ästen, sogenannten Gefäßbäumchen oder rötlichen Flecken. Besenreiser sind ungefährlich können jedoch auf eine Veranlagung für Varizen (Krampfadern) hinweisen
Varizen (Krampfadern)
Varizen, besser bekannt als Krampfadern, sind erweiterte, oberflächliche, geschlängelte Venen, vor allem an den Beinen. Durch die Bindegewebsschwäche sind meist auch die Venenklappen betroffen, was Dicke Beine mit Wassereinlagerungen und Blutstauungen bedingen kann. Sitzende Tätigkeit, Bewegungsmangel und Übergewicht unterstützen das Entstehen der Krampfadern.
Hämorrhoiden
Eigentlich sind Hämorrhoiden nichts pathologisches, sondern knotenförmige Erweiterungen des Schwellkörpers um den Darm nach außen abzudichten. Jedoch wird dieser Begriff immer dann gebraucht wenn die Hämorrhoiden vergrößert sind, sich vorwölben und Beschwerden machen.
Hernie
Eine Hernie ist ein Eingeweidebruch, bedingt durch Schwäche in der Bauchwand und des Bindegewebes. Am bekanntesten ist hier die Hiatus Hernie, der Zwerchfellbruch, bei dem Anteile des Magens nach oben durch das Zwerchfell gelangen.
Bindegewebe stärken
Die Bindegewebsschwäche wird in der Naturheilkunde stets von außen und von innen behandelt. An erster Stelle steht hier eine basenreiche Kost mit viel frischem Obst und Gemüse. Auch sollte die Ernährung ballaststoffreich sein. Hirse und Hafer enthalten große Mengen an Silizium, was sehr wichtig für ein straffes und elastischeres Bindegewebe ist.
Hinzu kommt eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr in Form von stillem Wasser. Davon sollten mindestens zwei Liter am Tag getrunken werden. Tägliche Bewegung ist ebenso unerlässlich, um gegen eine Schwäche des Bindegewebes anzugehen. Eventuelles Übergewicht sollte unbedingt abgebaut werden. Tägliches Wechselduschen mit anschließenden Bürstenmassagen tragen zur Gesundheit des Gewebes bei.
In der Schüßler-Salze Therapie werden die Salze Nr. 1 Calcium fluoratum und Nr. 11 Silicea angewandt, um sowohl innerlich als auch äußerlich das Bindegewebe zu stärken. Damit sie ihre Wirkung entfalten, müssen die beiden Salze über einen längeren Zeitraum eingenommen werden. Äußerlich können zusätzlich noch die Schüßler Salben Nr. 1 und Nr. 11 zum Einsatz kommen. Insbesondere wenn Dehnungsstreifen, Cellulite, Besenreiser oder Varizen gemildert werden sollen.
In der Phytotherapie werden zum Beispiel die Rosskastanie bei Venenproblemen sowie Schachtelhalm und Bärlauch zur allgemeinen Stärkung des Bindegewebes mit Erfolg verwendet.
In der Naturheilpraxis stellen häufig Ausleitverfahren, wie das Schröpfen, zusammen mit einer Entgiftungskur, eine Säule der Therapie dar. Hinzu kommen meist ein Ernährungsplan und eine Kombination von Mitteln aus der Homöopathie, Phytotherapie oder Schüßler-Salz Therapie. Den Betroffenen wird eine Ernährungsumstellung und regelmäßige Bewegung angeraten.
Zur Vorbeugung gegen Bindegewebsschwächen sollte so früh wie möglich damit begonnen werden, sich regelmäßig sportlich zu betätigen, sich basenreich zu ernähren, auf das Gewicht zu achten und die Haut mit Wechselduschen und Bürstenmassagen zu kräftigen. Liegt eine Veranlagung vor, so kann mit diesen Maßnahmen die Bindegewebsschwäche nicht komplett verhindert, jedoch zumindest gemildert werden. (sw)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Karl W Ratschko; Sylvia Thoms: Die Medizinische Fachangestellte Anatomie und Physiologie leicht gemacht!: Grundlagen. Übungen, Schlütersche, 2007
- Robert Kopf: Bindegewebsschwäche - Behandlung mit Homöopathie, Schüsslersalzen und Naturheilkunde: Ein homöopathischer und naturheilkundlicher Ratgeber, Independently published, 2019
- Volker Diehl et al.: Medizinische Therapie in Klinik und Praxis, Springer, 2003
- Osvaldo Contreras et al.: "Connective tissue cells expressing fibro/adipogenic progenitor markers increase under chronic damage: relevance in fibroblast-myofibroblast differentiation and skeletal muscle fibrosis", in: Cell and Tissue Research, Volume 364 Issue 3, 2016, Springer Link
- Frans van den Berg: Angewandte Physiologie, Band 1, Thieme, 2003
- Heike Fabry: Die ganzheitliche Hausapotheke: Natürliche Selbsthilfe mit dem Besten aus Homöopathie, Anthroposophischer Medizin und Naturheilkunde, Books on Demand, 2019
- Guido F. Meert: Das Becken aus osteopathischer Sicht: Funktionelle Zusammenhänge nach dem Tensegrity-Modell, Urban & Fischer Verlag, 2012
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.