Unzählige Mythen kursieren darüber, wie wir gesund durch den Winter kommen. Einige davon sind wahr, andere basieren auf falschen Schlüssen aus richtigen Beobachtungen. Wieder andere haben einen wahren Kern und einen fantastischen Überbau, manche sind falsch. Wir nehmen einige gängige Mythen rund um die kalte Jahreszeit unter die Lupe.
Inhaltsverzeichnis
Mythos 1) Der Körper verliert Wärme über den Kopf, deshalb brauchen wir eine Mütze
Diese Vorstellung hat einen wahren Kern. Wenn wir den restlichen Körper warm halten, durch eine Winterjacke, Handschuhe, dicke Socken und lange Unterwäsche, und auf eine Kopfbedeckung verzichten, dann gibt der Körper tatsächlich Wärme über den Kopf ab. Sind wir jedoch nackt, fließt die Wärme über den ganzen Körper ab. Eine Mütze aufzusetzen ist also richtig, als Teil angemessener Kleidung.
Mythos 2) Erfrierungen entstehen bei extremer Kälte
Diese Idee ist falsch. Bei zehn grad unter Null können bereits Haut und Gewebe erfrieren. Besondere Vorsicht gilt für die Körperteile, die außen liegen und nur wenig durchblutet werden: Nasenspitze, Ohrläppchen, Finger und Zehen.
Kalter Wind kann Erfrierungen sogar bei höheren Temperaturen auslösen. Mütze, warme Socken und Handschuhe sind deshalb ein Muss. Sie sollten vor allem auf den Schutz der Ohrläppchen und der Nase achten, da wir die Durchblutung in Fingern und Zehen durch Bewegung aktivieren können.
Mythos 3) Frauen sind Frostköddel
Dieser Mythos stimmt. Frauen frieren generell stärker als Männer, weil sie durchschnittlich mehr Fett im Körper haben und weniger Muskeln. Muskeln erzeugen erstens Wärme, zweitens haben Männer eine dickere Oberhaut. Die dünnere Haut von Frauen führt dazu, dass sich ihre Gefäße schneller verengen, und so weniger Blut fließt. Sie frieren schneller.
Mythos 4) Erkältung kommt von Kälte
Diese Weisheit kommt vermutlich aus einer Zeit, als noch niemand etwas von Viren wusste. Die Beobachtung ist erst einmal richtig: In der kalten Jahreszeit grassieren grippale Infekte und Erkältungen.
Das liegt aber nur indirekt an der Kälte. Auslöser für Erkältungen sind Viren. Diese verbreiten sich bei Kälte schnell. Der Wechsel von trockenen beheizten Räumen und feuchter kalter Außenluft trocknet die Schleimhäute aus; Viren können leicht eindringen. Frieren wir jetzt auch noch, sinkt zudem die Immunabwehr.
Im Winter sollten Sie darauf achten, dass Sie die Wohnung in der Luft befeuchten, sei es durch Wasserschalen auf der Heizung oder einen Nebler.
Mythos 5) Wind erhöht die Kälte
Das ist richtig. Auch wenn die Temperatur gleich bleibt, verdrängt der Wind die warme Luftschicht, die unseren Körper aufgrund der Körpertemperatur umgibt: Er schaltet also die „Pufferzone“ aus. Je stärker der Wind, desto kälter fühlen wir die Kälte.
Mythos 6) Alkohol wärmt
Vorsicht, unternehmen Sie keinen Selbstversuch. Schon mancher Mensch ist erfroren, nachdem er sich betrunken und mit warmem Gefühl im Bauch auf den Heimweg machte und vor der Haustür einschlief.
Wir fühlen uns „warm“, wenn wir angeschickert sind. In Wirklichkeit erweitert der Alkohol aber die äußeren Blutgefäße. Der Körper gibt zu viel Wärme ab, auch wenn die gefühlte Kälte nachlässt.
Mythos 7) Licht vertreibt die Winterdepression
Das kann richtig sein. Viele Menschen meinen, die Dunkelheit im Winter drückt auf das Gemüt. Tatsächlich entspricht der „Winter-Blues“ einem Mangel an Vitamin-D. Den kennzeichnet Antriebslosigkeit, Lustlosigkeit, Müdigkeit und depressive Stimmung. Wer zu wenig Vitamin D bekommt, der kann sich schlecht konzentrieren, reagiert gereizt, und empfindet Alltagshandlungen als Belastung.
Unsere Hauptquelle für Vitamin-D sind die UV-Strahlen der Sonne. Über Nahrung wie fettreichen Fisch können wir dieses Vitamin nur zum Teil aufnehmen. Gehen Sie deshalb, wenn die Tage kurz werden, mindestens eine Stunde am Tag im Hellen spazieren.
Auch eine Höhensonne hilft. Licht allein hilft gegen Vitamin-D-Mangel jedoch nicht; es muss sich um UV-Licht handeln. Wenn Sie unter einer Unterversorgung leiden, helfen auch Vitamin-D Präparate.
Mythos 8) Winterbabys werden häufig krank
Dies klingt erst einmal nach Küchenastrologie, nach der die Sterne unser Schicksal bestimmen. Doch es stimmte, zumindest in der Vergangenheit. Im Winter geborene Kinder litten wie ihre Mütter in unseren Breiten sehr häufig an Vitamin-D-Mangel.
Bei Babys führt das zu Problemen beim Knochenwachstum, zu genereller Immunschwäche und sogar zu ernsten Folgeerkrankungen. Deshalb ist heute eine Vitamin-D Prophylaxe für Mütter und Babys Standard.
Mythos 9) Die Selbstmordrate steigt im Winter als Folge des Winterblues
Empirisch lässt sich das nicht belegen. In nordischen Ländern wie Finnland mit hohen Selbstmordraten nehmen sich die meisten Menschen im Herbst das Leben. In Deutschland gibt es kaum Schwankungen in den Jahreszeiten, in Ungarn bringen sich die meisten Menschen im Sommer um.
Mythos 10) Vitamin C schützt vor Erkältung
Ein Einfluss von Vitamin C darauf, sich mit Erkältungsviren anzustecken, konnte nicht belegt werden. Vitamin C hat aber bei einer ausgebrochenen Erkältung eine lindernde Wirkung.
Mythos 11) Ein heißes Bad hilft gegen Unterkühlung
Das ist falsch. Ein sehr heißes Bad schwächt den Kreislauf zusätzlich und macht die Haut empfindlich. Warmes Wasser hilft hingegen, es sollte aber nicht wärmer als 38 Grad sein. Statt eines Vollbads können Sie durchgefrorene Körperstellen mit warmem Wasser einreiben.
Mythos 12) Wer erkältet ist, sollte in die Sauna gehen
Richtig ist: Saunieren beugt einer Erkältung vor, weil es die Durchblutung fördert und die Immunabwehr stärkt. Sind Sie hingegen bereits erkältet, schaden Sie sich mit dem Saunagang. Die Temperaturen sind für den geschwächten Körper zu hoch.
Mythos 13) Hühnerbrühe hilft gegen Erkältung
Das stimmt. Hühnerbrühe enthält Wirkstoffe gegen Viren und hilft sowohl, einer Erkältung vorzubeugen wie auch gegen die ausgebrochene Erkältung. Die heiße Brühe wärmt zudem den Körper auf und fördert die Durchblutung.
Mythos 14) Ein Hund braucht keinen Winterschutz
Winterpullover für Hunde gelten oft als Vermenschlichung, da ein Hund so etwas von Natur aus nicht braucht. Hund ist nicht gleich Hund: Ein Labrador oder Golden Retriever, der sich im Sommer die kältesten Stellen sucht, um sich hinzulegen, braucht eine „Jacke“ nicht, ebenso ein Husky.
Hunde mit kurzem Fell und kleinen Körper, Chihuahuas, Jack Russell Terrier oder Whippets können einen solchen Kälteschutz aber sehr gut gebrauchen.
Mythos 15) Joggen im Winter schadet dem Körper
Das Gegenteil ist der Fall. Kritisch wird es erst ab 15 Grad unter 0, dann hat der Körper Probleme, die Atemluft ausreichend zu erwärmen. Darüber gilt aber: Sport in der Winterluft regt die Durchblutung an, stärkt das Immunsystem, beugt so indirekt Erkältung vor und vertreibt bei Sonnenlicht sogar die „Winterdepression“. (Dr. Utz Anhalt)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Linsey Utami Gani; Choon How How: "Vitamin D deficiency", in: Singapore Medical Journal, Volume 56 Issue 8, 2015, (Abruf 03.09.2019), PubMed
- Fürstenberg Institut: Suizid: Zahlen, Daten, Fakten, (Abruf 03.09.2019), FI
- Harri Hemilä, Elizabeth Chalker: Vitamin C for preventing and treating the common cold, Cochrane Database of Systematic Reviews, (Abruf 03.09.2019), DOI
- S. J. Lurie et al.: Seasonal affective disorder, American family physician, (Abruf 03.09.2019), PubMed
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.