Gewichtszunahme gehört in den westlichen Ländern zu den am weitesten verbreiteten Beschwerden des Alltags. Bei gesunden Menschen ist der Grund ebenso einfach zu erkennen wie die Lösung: Wenn der Körper mehr Energie bekommt als er verbraucht, sammelt er diese in Form von zusätzlichem Körperfett. Doch ebenso wirken sich manche Psychopharmaka auf das Gewicht aus, besonders Antidepressiva und Kortison. Viele Medikamente verändern das Hungerempfinden und den Stoffwechsel.
Inhaltsverzeichnis
Auch Wasserablagerungen im Körper, so genannte Ödeme, lassen das Gewicht steigen. Die Betroffenen sammeln also nicht mehr Fett an, sondern Wasser. Bei Sportlern bedeutet zunehmen nicht fett werden – im Gegenteil: Wer seinen Körper trainiert, wirkt zwar schlanker als wenn er vorher einen Schwabbelbauch herum trug, wiegt aber auch mehr. Der Körper wandelt Fett nämlich in Muskeln um, und Muskeln sind schwerer als Fett.
Störungen des Stoffwechsels
Störungen des Stoffwechsels können dazu führen, dass wir an Gewicht zunehmen, weil der Organismus die ihm zugeführten Stoffe nicht mehr im gleichen Ausmaß verwertet wie ein gesunder Körper. Ein Mangel an Schilddrüsenhormonen zum Beispiel bremst den Stoffwechsel. In Folge nehmen wir an Gewicht zu, obwohl wir an Appetit verlieren und sogar weniger essen.
Hormonschwankungen vor der Periode führen bei Frauen zu einer Gewichtszunahme von bis zu drei Kilogramm. Bauch, Busen, Hände und Füße sammeln Wasser an. Die Pille kann ebenso dazu führen, dass Frauen Pfunde zulegen.
Stress
Stress wirkt sich auf das Gewicht in zweierlei Hinsicht aus. Zum einen essen viele Menschen mehr und unkontrollierter, wenn sie Stress empfinden. Manche stopfen sich sogar mit Schokolade und zuckerhaltigen Süßigkeiten voll, um so Glücksgefühle zu empfinden.
Zweitens stoßen wir bei Stress Cortisol oder Adrenalin aus. Bei positivem Stress rüstet sich der Körper für körperliche Aufgaben. Er produziert dann mehr Adrenalin und Noradrenalin, damit wir über viel Energie verfügen. So können wir Gewicht abnehmen.
Bei negativem Stress jedoch, aus Angst, Frust und Belastung, die sich derzeit nicht ändern lassen, produziert der Körper Cortisol und suggeriert: Ich brauche Energie. Wir essen Süßes, das sammelt sich als Fett, der negative Stress steigt. Wir essen wieder Süßes, der Stress steigt wieder.
Für einen wirksamen Stressabbau, empfiehlt sich hier dringend Sport. Laufen, schwimmen oder Kraftsport reduzieren nicht nur den Stress, sondern sie stoppen auch die durch den Stress bedingte Ablagerung von Fett und Einlagerung von Wasser.
Außerdem können „Stress-Esser“ auf ausgewogene Mahlzeiten achten. Wenn sich die Stress-Symptome zeigen, also zum Beispiel Kurzatmigkeit, erhöhter Herzschlag oder Anspannung der Muskeln lautet hier die „Therapie“: Statt Süßigkeiten zu verschlingen, Obst und Gemüse essen und um den Häuserblock joggen. Oft reicht schon ein längerer Spaziergang, um den Stress abzubauen.
Herz und Niere
Ernähren sie sich aber gesund, bzw. haben sie ihr Essverhalten nicht grundsätzlich geändert, setzen ihren Körper regelmäßig in Bewegung und nehmen trotzdem in kurzer Zeit viel zu, sollten sie einen Arzt aufsuchen.
Ist keine Ursache erkennbar, kann es sich um eine Gewichtszunahme durch Herzschwäche oder infolge einer Nierenstörung handeln. Besonders aufpassen sollten sie, wenn die Zunahme mit weiteren Symptomen verbunden ist wie Appetitlosigkeit, Schwellungen, Völlegefühl oder Schmerzen.
Die Hirnanhangdrüse
Schnell und in kurzer Zeit an Gewicht zunehmen heißt gerade nicht, dass es „krank“ ist, wenn wir mit dem Alter zunehmen. Auch wenn es uns missfällt, mit dem zunehmenden Alter nimmt auch das Gewicht zu – das ist völlig normal.
Unsere Hirnanhangdrüse produziert nämlich Somatotropin, ein Wachstumshormon, das uns hilft, Körperfett anzubauen. Biologisch dient es vor allem bei jungen Menschen dazu, das Längenwachstum des Körpers zu fördern.
Der Länge nach sind wir jedoch in unseren Teenager-Jahren ausgewachsen, und je älter wir werden, desto weniger des Hormons stellt unser Körper bereit – ab dem 40. Lebensjahr steht uns kaum noch etwas davon zur Verfügung.
Wenn also Teenager „fressen wie Scheunendrescher“ und zwar in die Höhe schießen, aber kein Fett einsetzen, kehrt sich dies mit dem Alter um: Wir brauchen weniger Nahrung, um unser Gewicht zu halten, und, was in Industrieländern die Regel ist – wir nehmen schnell zu, wenn wir mehr als das Minimum verzehren.
Allerdings können wir auch in fortgeschrittenem Alter die Somatotropin-Produktion ankurbeln. Der Körper produziert nämlich „auf Nachfrage“. Wenn wir Sport treiben oder uns positivem Stress aussetzen, wird mehr von dem Hormon freigesetzt.
Normales Pendeln
Wenn wir ein paar Kilo zu- oder abnehmen, ist das völlig normal. Unser Körpergewicht schwankt nämlich, auch wenn wir völlig gesund sind und keine Gefahr laufen, zu verfetten. Solche Schwankungen können bis zu zehn Kilo betragen. Wichtig ist, die Entwicklung über einen Zeitruam von mindestens sechs Monaten zu betrachten.
Kohlenhydrate binden Wasser. Wenn wir uns also morgens auf die Waage stellen und am Abend vorher reichlich Kartoffeln, Nudeln oder Vollkornbrot gegessen haben, können wir ohne weiteres drei Kilo mehr wiegen als zuvor. Das geht aber vorbei.
Manche geraten in Panik, weil sie trotz gesunder Ernährung zunehmen. Dabei bedeutet gesund nicht immer kalorienarm. Hier gilt das eherne Gesetz: Wenn Sie mehr Kalorien zu sich nehmen, als sie verbrauchen, dann nehmen Sie zu. Sie nehmen zwar gesund zu, aber Sie nehmen zu.
Herzschwäche
Dramatischer ist hingegen eine Herzschwäche. Falls Sie sich viel bewegen und auf eine ausgewogene Ernährung achten, deutet das auf dieses Problem.
Die schnelle Gewichtszunahme liegt hier an Ödemen im Gewebe. Diese entstehen, weil das Blut, das zum Herzen zurück fließt, vom geschwächten Herzmuskeln nicht mehr weiter gepumpt werden kann; es bildet sich ein Rückstau vor dem Herz.
Dieser kann sich bis in den Bauch und die Füße ausdehnen und den Druck auf die Adern erhöhen. Dort drückt dann Flüssigkeit in das Gewebe und bleibt dort als Wasser eingelagert. Der Körper kann dieses Wasser nicht automatisch abbauen, und so steigt das Gewicht.
Sie sollten kritisch werden, wenn Sie in drei Tagen oder weniger zwei Kilogramm zunehmen, empfiehlt die Europäische Gesellschaft für Kardiologie (ESC).
Wiegen Sie sich dabei, ohne vorher gegessen oder getrunken zu haben und denken daran, ob Sie Stunden zuvor viele Kohlehydrate aufgenommen haben.
Insulin und Diabetes
Insulintherapien gelten als Dickmacher schlechthin. So einfach ist das aber nicht. Wenn Ty-2-Diabets Patienten sich Insulin spritzen, nehmen sie nicht zu, weil sie krank sind, sondern weil sich ihr Stoffwechsel gerade verbessert. Führen sie sich jetzt noch viele Kalorien über die Nahrung zu, leiden sie bald unter Übergewicht.
Das Diabetes Journal 1 / 2014 zeigt im Beitrag „Macht Insulin dick“ folgende Faktoren auf:
- Wer auf eine Insulintherapie umstellt, nimmt häufig durchschnittlich 2 bis 4 kg zu. Aber: Insulin als Hormon selbst macht nicht dick, was man ja auch an den vielen schlanken Typ-1-Diabetikern sehen kann. Eine Gewichtszunahme kann Insulin allein also nicht bewirken. Hierfür muss immer ein Zuviel an Kalorien in Form von Fetten, Eiweiß und Kohlenhydraten mit der Nahrung aufgenommen werden.
- Insulin führt dazu, dass sich das Körperwasser, das bei einem entgleisten Diabetes durch häufiges Wasserlassen vermindert ist, wieder normalisiert. Einige der Pfunde sind nicht auf eine Zunahme an Körperfett zurückzuführen, sondern auf eine Normalisierung des Wasserhaushaltes.
- Bei einem entgleisten Diabetes wird Zucker über den Urin ausgeschieden, sobald die Blutzuckerwerte die Nierenschwelle von etwa 180 mg/dl (10 mmol/l) überschreiten. So gehen viele Kalorien über die Niere und den Urin verloren. Dieser Mechanismus fällt natürlich weg, wenn mit Insulin eine bessere Blutzuckerstoffwechsellage erreicht wird. Die zuvor ausgeschiedenen Kohlenhydrate stehen jetzt dem Körper zur Verfügung. Die Folge: Man nimmt zu. Jetzt heißt es, Kalorien zu sparen.
- Wer zu viel Insulin spritzt, bekommt öfter Unterzuckerungen. Auf leicht erniedrigte Blutzuckerwerte reagieren viele, indem sie häufiger und mehr essen als nötig – und so die niedrigen Blutzuckerwerte vermeiden. Auch hier die Folge: Man nimmt zu.
- Leichte Unterzuckerungen können aber auch direkt den Appetit steigern. Dies zeigen auch neuere Untersuchungen, die belegen, dass auch bei Patienten mit einer neu begonnenen Insulinbehandlung eine überhöhte Kalorienzufuhr der Hauptfaktor für ein zunehmendes Körpergewicht ist.
Was tut der Arzt?
Eine generelle Therapie, um Gewichtszunahme zu korrigieren, gibt es nicht, denn die Ursachen sind höchst unterschiedlich.
Die Patienten selbst sollten Buch führen, seit wann sie wie viel zunahmen, was ihnen sonst auffiel, zum Beispiel exzessives Essen, reichhaltiger Alkoholgenuss, etc. und welche Symptome hinzu kamen wie Übelkeit, Kurzatmigkeit oder Antriebslosigkeit.
Ist die Ursache falsche Ernährung und mangelnde Bewegung, dann hilft ein Plan, die Ernährung umzustellen und sich körperlich zu betätigen. Ernährungsberater können ihnen weiter helfen.
Bei Medikamenten als „Übeltätern“ kann der Facharzt ihnen raten, ob Sie das Medikament umstellen können oder aber die Dosis verändern.
Bei einer Schilddrüsenunterfunktion helfen Tabletten mit dem Hormon Thyroxin, das den Stoffwechsel anregt.
Vorbeugen
Um einer Gewichtszunahme vorzubeugen gilt bei Menschen, die nicht unter Herzschwäche, einer gestörten Schilddrüse oder anderen organischen Krankheiten leiden: Schränken Sie die Kalorien ein, nehmen Sie gesunde Mischkost zu sich und bewegen Sie sich. Reduzieren Sie Alkohol, damit reduzieren Sie auch den Heißhunger auf Süßes, Salziges und Fettiges.
Lange Spaziergänge, joggen, klettern, Fahrrad fahren oder schwimmen sind gleichermaßen geeignet.
Alte Menschen, die „von Natur aus“ leichter Fett ansammeln und sich weniger bewegen, können täglich mindestens eine halbe Stunde leichte Wanderungen einplanen.
Wenn Sie Sport treiben und ihre Muskeln aufbauen, nehmen Sie zu, ohne aber fettleibig zu werden. Möchten Sie trotzdem weniger wiegen, fit und schlank sein, konzentrieren Sie sich auf Ausdauersport und nicht auf Muskeltraining.
Kurz gesagt: Laufen Sie Langstrecke statt in die Mucki-Bude zu gehen.
Gewichtszunahme bei Ex-Rauchern
Viele Menschen nehmen zu, wenn sie das Rauchen aufgeben. Andere wiederum fürchten sich, mit dem Rauchen aufzuhören, weil sie genau davor Angst haben.
Was sind die Gründe für die Gewichtszunahme? Zum einen beruhigt Nikotin, und viele Raucher reduzieren damit Stress. Fehlt die Zigarette, greifen sie nach einem Ersatz, zum Beispiel in Form von Süßigkeiten. Die enthalten aber im Gegensatz zu Zigaretten viele Kalorien.
Die Faustregel lautet: Je mehr Zigaretten ein Mensch zuvor konsumierte, umso größer ist die Versuchung, zu Haribo zu greifen.
Zweitens dämpft Rauchen den Hunger. Ex-Raucher haben deshalb das Bedürfnis zu essen, wenn sie zuvor eine Zigarette rauchten. Nikotin erhöht den Grundumsatz im Stoffwechsel, Ex-Raucher nehmen also an Gewicht zu, auch wenn sie die gleiche Nahrung verzehren wie zuvor.
Ex-Raucher sind hungriger und verbrennen zugleich weniger Energie als vorher.
Was tun gegen Gewichtszunahme nach Rauchstopp?
Herzlichen Glückwunsch, wenn sie es schaffen mit dem Rauchen aufzuhören. Leider ist das noch nicht alles. In der ersten Zeit sollten Sie genau auf ihr Essverhalten achten. Nehmen Sie ungefähr 150 Kalorien pro Tag weniger zu sich als vorher.
Am besten, Sie haben immer kalorienarme Snacks parat, die ersetzen auch gut die Zigaretten: Apfelringe statt Kartoffelchips, Kohlrabistifte statt bunte Tüten und geviertelte Birnen statt Schokolade.
Statt in Süßes können Sie auch bisweilen in eine Chillischote beißen: Wie die Zigarette drosseln Sie so ihren Appetit, der „Schmerzreiz“ ist stärker. Nehmen Sie immer zuckerfreie Kaugummis oder Fisherman’s friend mit – als Nothilfe, wenn Sie schwach werden. (Dr. Utz Anhalt)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Journal of the American Dietetic Association (1996; 11:1150-1155)
- American Journal of Public Health (1996; Volume 86, Number 7)
- American Journal of Clinical Nutrition (1986; Volume 43, 486 – 494)
- American Journal of Clinical Nutrition (1982; Volume 35, 366 – 380)
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.