Nächtliches Herzrasen – schneller Herzschlag nachts
Herzrasen (Tachykardie) nachts bezeichnet einen zu schnellen Schlag des Herzens. Einige unmittelbare Auslöser sind keine Erkrankungen, sondern eine normale Reaktion. Wenn der Kreislauf mehr arbeiten muss, pumpt das Herz schneller, zum Beispiel, wenn wir beim Langstreckenlauf „aus der Puste kommen“ oder uns „das Herz bis zum Hals schlägt“, weil wir dem Menschen unserer Träume gegenüber stehen. Herzrasen in der Nacht ist ein häufiges Phänomen, das organische wie psychische Ursachen haben kann. Im weiteren beleuchten wir die Ursachen und zeigen auf, wann und wie Betroffene selbst aktiv werden können.
Inhaltsverzeichnis
Wann zum Arzt?
Gibt es solche Auslöser aber nicht und steigt die Herzfrequenz auf 140 oder mehr Schläge pro Minute in der Nacht an, dann sollten wir einen Arzt aufsuchen. Die Ursachen sind vielfältig, von Rauchen über Alkohol bis zu Angststörungen. Doch Herzrasen kann auch gefährliche, sogar tödliche Erkrankungen anzeigen, zum Beispiel Krankheiten des Herzens und der Schilddrüse. Ein Hinweis auf solche ernsten Probleme können weitere Symptome sein wie Herzstolpern, Atemnot, Kurzatmigkeit oder Schwindel.
Wie entsteht Herzrasen?
Unter bestimmten Umständen setzt ein „Reentry-Kreislauf“ ein. Das heißt, eine elektrische Erregung des Herzens kehrt zu ihrem Ausgang zurück und löst erneut den Herzschlag aus. Ursache ist zum Beispiel eine Narbe im Herzmuskel. Einige Menschen haben von Geburt an Bahnen zwischen Herzkammern und Vorhöfen, und diese führen bisweilen ebenfalls zu einem Reentry-Prozess. Typisch für diesen wiederkehrenden Impuls ist ein zwar beschleunigter, aber regelmäßiger Herzschlag.
Vorsicht ist bei einem unregelmäßigen Herzrasen in der Nacht angesagt. Dann wechseln sich kleinere Erregungsprozesse ab; es kann sich um ein Vorhofflimmern oder ein Kammerflimmern handeln. Kammerflimmern stoppt den Herzkreislauf – eine sofortige Wiederbelebung ist notwendig, ansonsten sterben die Betroffenen.
Gesteigerte Automatie
Ein anderer Auslöser ist die gesteigerte Automatie auf den Sinusknoten. Der Sinusknoten steuert die Pulsfrequenz. Veränderungen im vegetativen Nervensystem wirken sich ebenso auf ihn aus wie Koffein, Alkohol und Medikamente.
Vorhofflimmern
Vorhofflimmern geht mit beschleunigten Herzschlag einher. Hier ist der Blutstrom in den Vorhöfen des Herzens gestört, und es bilden sich Blutgerinnsel. Allein deshalb sollten Menschen, die unter Herzrasen leiden, einen Arzt aufsuchen. Die Blutgerinnsel können in das Gehirn gelangen und einen Schlaganfall auslösen.
Herzinfarkt
Sofort zu einem Arzt sollten Sie, wenn das Herzrasen nachts zusammen mit folgenden Symptomen auftritt: Atemnot, Brustenge, Brustschmerzen, Schwindel und Übelkeit. Dann kann es sich um einen anbahnenden Herzinfarkt handeln.
Ursachen des nächtlichen Herzrasens
Die meisten Ursachen des nächtlichen Herzrasens sind jedoch weniger dramatisch und können sowohl psychisch wie physisch bedingt sein. Dazu zählen:
1) Schlafstörungen und oder Schlafmangel
2) Eine Abnormalität der Elektrolyte
3) Angstzustände, Panikattacken, insbesondere aber klinische Angststörungen. Hier löst die Angst im Körper einen dauerhaften Alarmzustand aus, der Blutkreislauf fährt durch das Signal „Gefahr im Verzug“ auf Hochtouren.
Ängste aktivieren sofort die Stress-Reaktion des Körpers. Dabei gibt es keine Grenze zwischen physisch und psychisch, und die Reaktion hat nichts damit zu tun, ob die Reaktion objektiv berechtigt ist. Die Stress-Reaktion verursacht sofortige physiologische, psychologische und emotionale Veränderungen im Körper aus, um den Körper zu befähigen, unmittelbar auf eine Bedrohung zu reagieren – zu fliehen oder zu kämpfen (fight or flight).
Der beschleunigte Herzschlag ist hier kein Zeichen einer Erkrankung (auch wenn die Angsstörung selbst eine solche darstellt). Vielmehr braucht der Körper eine stärkere Durchblutung, um auf eine Bedrohung akut zu reagieren.
4) Exzessiver Konsum von Alkohol
5) Wassermangel
6) Bestimmte Nahrungsergänzungsmittel wie Ginseng, Bitterorange oder Weißdorn
7) Körperliche Anstrengung, harte Arbeit und Leistungssport
8) Erregung, Euphorie und Wut
9) Fieber
10) Hormonschwankungen, zum Beispiel in der Schwangerschaft, Menstruation oder Menopause
11) Hyperventilieren
12) Kaffee, Schokolade, Diätpillen und Energy-Drinks
13) Geringer Blutzuckerspiegel (oft bei Anorexie-Patienten)
14) Geringer Sauerstoffgehalt im Blut
15) Nikotin
16) Plötzliches Aufstehen oder Aufschrecken
17) Alpträume
18) Asthmamittel wie Betamimetika (Bronchienerweiternde Sprays)
19) Kokain und Metaamphetamine
20) Stress
Alkohol
Alkohol, in Mengen genossen, führt zu Herzrasen in der Nacht, Bluthochdruck und Unterzuckerung. Die beiden letzten allein lösen ebenfalls einen beschleunigten Herzschlag aus.
Wenn Sie also nach einer berauschten Partynacht aus dem Schlaf aufschrecken und ihr Herz rast, ist die Ursache wahrscheinlich im Bier, Wein und Schnaps zu finden. Falls Sie nicht unter chronischem Alkoholismus leiden, ist das starke Herzklopfen durch den Alkohol gewöhnlich im Laufe von 24 Stunden vergangen.
Besonders junge Männer leiden nach dem „Komasaufen“ oft unter dem „Holiday-Heart-Syndrom“, einem Vorhofflimmern, bei dem das Herz zu schnell und zugleich unregelmäßig schlägt. Geschieht ihnen das häufiger, ist die Therapie eindeutig: Hände weg vom Alkohol.
Schneller Herzschlag nachts durch Stress
Stress wirkt sich auf das vegetative Nervensystem aus. Dieses können wir nicht mit unserem Willen steuern. Stress aktiviert den Sympathikus. Jetzt wird Noradrenalin und Adrenalin ausgeschüttet, und diese sorgen dafür, dass das Herz schneller schlägt und mehr Blut in den Kreislauf pumpt. Die Blutgefäße verengen sich, die Verdauung bremst ab.
Bei dauerhaftem Stress wird das Herz chronisch überlastet. Dann kommt es nicht nur zu nächtlichem Herzrasen, sondern das Risiko steigt, eine Koronare Herzkrankheit zu entwickeln oder eine Herzschwäche, vielleicht sogar einen Herzinfarkt zu erleiden.
Die Schilddrüse
Die Schilddrüse produziert die Stoffwechselhormone Thyroxin (T4) und Trijodthyronin (T3). Diese unterstützen die Leistung des Herzens. Zugleich potenzieren sie die Wirkung von Noradrenalin und Adrenalin. Beide beschleunigen den Herzschlag und stärken die Herzmuskeln. Durch den schnelleren Puls muss das Herz mehr Volumen gegen größeren Druck pumpen und braucht mehr Energie.
Nächtliches Herzrasen kann auf eine Überfunktion der Schilddrüse hinweisen. Diese führt zu einem überhöhten Spiegel von T4 und T3. Die Folge: Zuviel Adrenalin sorgt dafür, dass das Herz einen viel stärkeren Antrieb erhält als nötig. Es kommt zu Herzrasen und bisweilen sogar zu Vorhofflimmern.
Der Verdacht auf eine solche Schilddrüsenüberfunktion verdichtet sich bei anderen Leitsymptomen: Gesteigerte Reflexe, rapider Gewichtsverlust, hervortretende Augen und hoher Blutdruck.
Blutarmut
Blutarmut kann ebenfalls einen verstärkten Herzschlag in der Nacht auslösen. Hier fehlt es dem Körper an Blut und somit an Sauerstoff. Der Organismus versucht jetzt, den fehlenden Sauerstoff durch schnelles Pumpen des Blutes aufzufüllen.
Was tun bei nächtlichem Herzrasen?
Stellt der Arzt eine koronare Herzerkrankung, Herzschwäche oder eine Überfunktion der Schilddrüse fest, erreichen Sie mit Hausmitteln wenig. Folgen Sie der Behandlung der Mediziner. Anders sieht es aus bei zu schnellem Herzschlag und Herzklopfen als Folge von Angstverhalten und sonstigen Auslösern von Stress, bei Alkohol, Nikotin, Kokain oder bestimmten Medikamenten.
Bei Stress bedingtem Herzrasen vergehen die Beschwerden völlig, wenn der Stressmodus endet. Bei chronischem Stress können Sie sowohl die Symptome wie die Ursache beseitigen. Sind übersteigerte Ängste der Auslöser? Dann hilft eine Psychotherapie, die Ängste unter Kontrolle zu bekommen. Ist der Stress durch Termindruck und Überforderung im Beruf entstanden? Dann sehen Sie den erhöhten Herzschlag als Warnsignal an, dass sich an dieser Struktur etwas ändern muss.
Generell können Sie bei Stress Entspannungstechniken anwenden, um die Belastung zu reduzieren. Diese reichen von Verhaltenstherapie über Yoga und autogenes Training bis hin zu Massagen.
Bewegung an der frischen Luft senkt den Stress, Wandern oder Fahrradfahren sind eine Wohltat – nicht aber Leistungssport, da dieser wiederum den Blutdruck erhöht und das Herzrasen nachts verstärkt.
Checkliste bei Herzrasen
Die deutsche Herzstiftung empfiehlt bei beschleunigtem Herzschlag, selbst eine Checkliste zu erstellen, damit der Arzt oder die Ärztin die entsprechenden Symptome schnell einordnen kann.
1) Wann hatten Sie das erste Mal Herzrasen?
2) Wann zum letzten Mal?
3) Wie häufig treten die Symptome auf?
4) Beginnt es plötzlich oder allmählich?
5) Gibt es bestimmte Auslöser wie Anstrengung oder Aufregung oder erst in einem zeitlichen Abstand dazu?
6) Wie oft schlägt während des Herzrasens der Puls?
7) Schlägt der Puls regelmäßig oder unregelmäßig?
8) Wie lange dauert der Zustand?
9) Fühlen Sie anderes während des Herzschlagens? Druck auf der Brust, Schwindel oder Atemnot, Kopfschmerzen oder Übelkeit?
10) Waren Sie schon einmal bewusstlos? Wenn ja, hatten Sie danach Herzrasen?
11) Können Sie das Herzrasen in der Situation selbst stoppen? Durch Verhalten oder Medikamente? Haben Verwandte von ihnen ein ähnliches Problem?
(Dr. Utz Anhalt)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Karl Eberius: Herzrasen: Ursache mit Herzstiftungs-Checkliste klären, Deutsche Herzstiftung e. V., (Abruf 04.09.2019), DH
- National Institute of Diabetes and Digestive and Kidney Diseases (NIDDK), National Institutes of Health (NIH): Diabetes, Heart Disease, and Stroke, (Abruf 04.09.2019), niddk
- Thomas Paul et al.: Leitlinie Pädiatrische Kardiologie: Tachykarde Herzrhythmusstörungen im Kindes-, Jugend- und jungen Erwachsenenalter (EMAH-Patienten), Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Kardiologie, (Abruf 04.09.2019), AWMF
- Thomas Lambert, Clemens Steinwender: Kardiovaskuläre Medizin, Trauner Verlag, 1. Auflage, 2019
- Dhein S., Hindricks G. (2004) Herzrhythmusstörungen. In: Pharmakotherapie. Springer-Lehrbuch. Springer, Berlin, Heidelberg
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.