Was tun bei Hyperventilation?
Die Hyperventilation kann als Begleiterscheinung verschiedener Erkrankungen auftreten, ist im akuten Fall jedoch meist psychogen bedingt. Obwohl sie subjektiv als Atemnot wahrgenommen wird, handelt es sich bei der Hyperventilation wörtlich übersetzt um eine „Überbelüftung“, bei der die Atmung deutlich stärker, vertiefter und/oder beschleunigter stattfindet als notwendig. Häufige Auslöser sind seelische Konflikte, Angst und Panik. In den meisten Fällen sind die Symptome einer akuten psychogenen Hyperventilation nicht gefährlich und können durch beruhigendes Einwirken vermindert werden.
Inhaltsverzeichnis
Hyperventilation – ein kurzer Überblick
Hyperventilieren ist oft „nur“ eine Überreaktion des Körpers auf empfundene Atemnot, Aufregung oder Angst. In manchen Fällen kann das Symptom aber auf eine psychische oder körperliche Erkrankung hindeuten. Hier ein kurzer Überblick:
- Definition: Gesteigerter Bedarf an Belüftung der Lungen (als Reaktion auf psychische oder körperliche Gründe), der mit einer Abnahme des Kohlenstoffdioxids im Blut und einem Anstieg des Blut-pH-Wertes einhergeht.
- Symptome: Tachypnoe (beschleunigte Atmung), Beklemmungsgefühle in der Brust, Hustenreiz, Schwindel, Übelkeit, Zittern, Taubheit, Kribbeln in den Gliedern, Verkrampfungen der Lippen und Hände (Pfötchenstellung), kalte und feuchte Haut, Angstzustände, Ohnmacht.
- Psychische Ursachen: Reaktion auf Angst, Panik, Erregung, Schmerzen oder auch bei psychischen Erkrankungen wie Depression oder Herzneurose.
- Körperliche Ursachen: Asthma, Schilddrüsenüberfunktion, Pneumothorax, Herzschwäche oder Elektrolytstörungen, Hirnentzündung, Hirntumor, Schädel-Hirn-Trauma, Schlaganfall, Vergiftung, Infektionskrankheiten u.a.
- Therapie: Bei körperlichen Ursachen muss die zugrundeliegende Erkrankung therapiert werden. Bei psychischen Ursachen zeigen psychotherapeutische Atem- und Entspannungstechniken gute Wirkung.
Was passiert beim Hyperventilieren im Körper?
Anfangs empfinden Betroffene oft ein Beklemmungsgefühl in der Brust. Mit diesem kann auch ein Hustenreiz einhergehen. Dadurch entsteht ein Bedürfnis, tiefer oder schneller einzuatmen. Durch schnelles und flaches Atmen, bei dem mehr Kohlendioxid entweicht als neu gebildet werden kann, gerät das Sauerstoff-Kohlendioxid-Verhältnis im Blut aus dem Gleichgewicht und der ph-Wert steigt an. Hält dieser Zustand an, sinkt der Kalziumspiegel und es kann zu Schwindel, Übelkeit, zitternden Händen, Taubheit und Kribbeln in Händen und Füßen sowie Verkrampfungen der Lippen und Hände (sogenannte „Pfötchenstellung“) kommen. Weitere mögliche Begleiterscheinung sind:
- Muskelschmerzen,
- Kopfschmerzen,
- innere Unruhe,
- kalter Schweiß,
- Angstzustände bis hin zur Panikattacke,
- Bewusstlosigkeit.
Hyperventilation als Krankheitssymptom
Die Hyperventilation kann stoffwechselbedingt nach Schädigung des zentralen Nervensystems auftreten oder eine Reaktion auf Sauerstoffmangel sein, zum Beispiel bei Asthma. Daneben kann sie auch hormonell (beispielsweise bei Schilddrüsenüberfunktion) oder medikamentös ausgelöst werden. Zur Beseitigung der Symptome muss die zugrundeliegende Erkrankung erkannt und behandelt werden. Eine chronische Form des Syndroms kann durch falsche Atemtechnik entstehen. Hilfe ist hier durch eine Atemtherapie zu erwarten, die unter anderem von speziell ausgebildeten Heilpraktikern, Sprachheilpädagogen oder Atem-Sprech- und Stimmlehrern angeboten wird.
Angst und Aufregung als häufigste Ursachen
In den meisten Fällen handelt es sich um eine sogenannte psychogene Hyperventilation, der keine organische Ursache zugrunde liegt. Ausgelöst werden kann sie durch Schreckerlebnisse, Angst, Aufregung oder auch durch empfundene Atemnot.
Kann Hyperventilation gefährlich werden?
Zwar sind diese Erscheinungen recht harmlos, die Betroffenen empfinden sie jedoch als sehr bedrohlich. Der Versuch, durch vermehrte „Schnappatmung“ die wahrgenommene Luftnot auszugleichen, mündet dann in einer Verschlimmerung der Symptome, wobei letztere sich teilweise mit denen einer Panikattacke bei Angststörungen decken. Dadurch gilt die Hyperventilation auch als ein Faktor, der Panikattacken begünstigt.
Hilfe bei akuter psychogen bedingter Hyperventilation
Die Symptome können schnell gelindert und aufgelöst werden, indem Betroffene langsam und ruhig zu atmen beginnen. Gelingt dies nicht mehr, weil die Aufregung bereits zu groß geworden ist, sollte der Hyperventilierende in eine Papier- oder Plastiktüte atmen. Dabei wird das ausgeatmete Kohlendioxid wieder eingeatmet, sodass sich der ph-Wert im Blut regulieren kann. Zur Not genügt es auch, die gewölbte Hand vor Mund und Nase des Betroffenen zu halten.
Was tun, wenn andere einen Hyperventilation-Anfall haben
Erklärende und beruhigende Worte können Betroffene dabei unterstützen, aufkommende Angst- und Panikgefühle zu vermindern. Wichtig ist es, dabei selbst ruhig zu bleiben und sich nicht von der Panik anstecken zu lassen. Dabei sollte man den Blickkontakt zu der betroffenen Person suchen und mit ruhiger Stimme die Aufmerksamkeit auf die Atmung lenken. Man sollte Betroffene dazu animieren, durch den Mund ein- und über die Nase auszuatmen.
Ab wann sollte man einen Arzt kontaktieren?
Falls sich die Beschwerden durch die hier beschriebenen Maßnahmen nicht bessern, sollte schnell ein Arzt kontaktiert werden. Dieser kann gegebenenfalls mit einem Beruhigungsmittel einwirken und abklären, ob eine körperliche Ursache wie beispielsweise ein Pneumothorax, Asthma, eine Herzschwäche oder Elektrolytstörung hinter den Anfällen steckt. Des Weiteren können auch psychische Erkrankungen wie Depressionen oder eine Herzneurose in Betracht kommen.
Entspannungstechniken
Neben einer Psychotherapie, in der bestimmte Atemtechniken erlernt werden, können auch verschiedene Methoden zum Stressabbau zur Entspannung beitragen. Neben Autogenen Training bietet sich hier die Progressive Muskelrelaxation an. Zudem können Meditation, Tai Chi oder Yoga helfen, aufkeimende seelische Konflikte besser zu kontrollieren. (jvs, vb)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie u.a. (Hrsg.): Leitlinien zur Diagnostik und Therapie von psychischen Störungen im Säuglings-, Kindes- und Jugendalter, Deutscher Ärzte Verlag, 3. überarbeitete Auflage 2007
- Noah Lechtzin: Hyperventilationssyndrom, MSD Manual, (Abruf 15.08.2019), MSD
- Daniela Caldirola, Giampaolo Perna: Toward a personalized therapy for panic disorder: preliminary considerations from a work in progress, Neuropsychiatric Disease and Treatment, (Abruf 15.08.2019), PubMed
- Torsten Hendrik Sassinek: Effekte lang anhaltender, willkürlicher Hyperventilation auf Blutgase, Hirnperfusion und Bewusstsein, Bender Institute of Neuroimaging der Justus-Liebig-Universität Giessen, (Abruf 15.08.2019), Uni
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.