Innere Unruhe & Nervosität
Wer kennt sie nicht, die innere Unruhe, die uns nach einem schwerwiegenden Streit, während einer tiefgreifenden Veränderung oder vor einer wichtigen Prüfung zeitweise begleitet? Doch auch ernste körperliche Ursachen können Auslöser der Beschwerden sein. Zudem kann die innere Unruhe bei anhaltendem Auftreten zu weiteren psychischen und körperlichen Symptomen führen, die vor allem durch eine Dysbalance des vegetativen Nervensystems verursacht werden. Frauen scheinen für innere Unruhe besonders anfällig zu sein, aber auch Männer sind durchaus häufig betroffen.
Inhaltsverzeichnis
Innere Unruhe – eine kurzer Übersicht
Das Spektrum möglicher Ursachen reicht von offensichtlichen Auslösern wie bevorstehenden Prüfungen oder beruflichen Herausforderungen bis hin zu ernsten Erkrankungen, die dringend einer ärztlichen Behandlung bedürfen. Um das Beschwerdebild besser einordnen zu können, hier zunächst ein kurzer Überblick:
- Ursachen: Zu unterscheiden sind psychische Ursachen, wie extreme Stresssituationen, traumatische Erlebnisse, Angststörungen oder Depressionen, und körperliche Auslöser wie zum Beispiel:
- Schilddrüsenerkrankungen,
- hormonelle Veränderungen (beispielsweise in der Menopause),
- Unterzuckerung,
- Herzbeschwerden (beispielsweise Herzneurose, aber auch Herzinfarkt),
- Lungenembolie,
- niedriger Blutdruck (zum Beispiel bei orthostatische Dysregulation),
- Demenz,
- Fibromyalgiesyndrom
- und Magnesiummangel.
Hinzu kommen die Einnahme verschiedener Substanzen wie zum Beispiel Kaffee, Energydrinks, Alkohol und Kokain, aber auch der Entzug bei Suchterkrankungen wie der Alkoholsucht, Nikotinsucht oder Morphinsucht. Ebenso kann die Einnahme bestimmter Arzneimittel und deren Absetzung innere Unruhe hervorrufen.
- Arztbesuch erforderlich, wenn innere Unruhe ohne eindeutig erkennbare Auslöser wie bevorstehende Prüfungen auftritt, sie über einen längeren Zeitraum anhält, körperliche Beschwerden hinzukommen, Anzeichen auf eine psychische Erkrankung vorliegen bzw. weitere psychische Probleme auftreten.
- Behandlung: Abhängig von den Ursachen, gegebenfalls notfallmedizinische Versorgung erforderlich (Herzinfarkt, Lungenembolie), medikamentöse Behandlung bei vielen körperlichen Ursachen, ansonsten oft Psychotherapie oder auch das Erlernen von autogenem Training oder Yoga gegen Stress.
Innere Unruhe als Symptom
Innere Unruhe wird von den Betroffenen recht unterschiedlich empfunden und ist in der Regel von weiteren Symptomen begleitet. So wird die Unruhe häufig zusammen mit Empfindungen von Nervosität, Herzrasen sowie ständigem Gehetzt- und Getriebensein beschrieben. Innere Unruhe scheint dem Gefühl von Angst so nahe zu kommen, dass die beiden Zustände teilweise schwer voneinander abzugrenzen sind. Auf geistiger Ebene gehen mit innerer Unruhe Konzentrationsstörungen einher, mit „ständig kreisenden Gedanken“ sowie der Unfähigkeit „abzuschalten“. Abends setzen Unruhe und Nervosität sich vielfach als Schlafstörungen fort, die ihrerseits zu Müdigkeit und Erschöpfung am nächsten Tag führen. Körperliche Beschwerden können Rückenschmerzen, übermäßiges Schwitzen, Appetitlosigkeit, Magenschmerzen und weitere Verdauungsstörungen sein, bei Männern kann es zu Erektionsproblemen kommen.
Ursachen für innere Unruhe
Ein inneres Unruhegefühl betrifft Menschen beiderlei Geschlechts, am häufigsten sind jedoch Frauen betroffen. Dies wird zum einen auf hormonelle Veränderungen in den Wechseljahren zurückgeführt, die ursächlich sein können, zum anderen aber auch auf die erhöhte Belastung mit Familie und Beruf. Ständige Spannungen in der Partnerschaft oder Mobbing am Arbeitsplatz sind ebenfalls typische Situationen, die einen Menschen in Dauerstress versetzen können, der eine innere Unruhe zur Folge hat.
In den meisten Fällen ist es die Kombination aus ungünstigen äußeren Umstände und einem Mangel an inneren Bewältigungsmechanismen, die unser vegetatives Nervensystem aus dem Gleichgewicht bringt und die innere Unruhe verursacht. Doch können auch körperliche Ursachen wie eine Schilddrüsenüberfunktion, niedriger Blutdruck, Magnesiummangel, eine Herzneurose, ein Herzinfarkt oder eine Lungenembolie vorliegen. Hier ist im Ernstfall umgehend ärztliche Hilfe erforderlich und bei auftretenden Begleitsymptomen wie Atemnot, Brustschmerzen, Engegefühl im Brustkorb sollte daher der Rettungsdienst kontaktiert werden.
Störungen im Nervensystem
Das vegetative Nervensystem kann als Schnittstelle zwischen Physis und Psyche verstanden werden. Über seine Strukturen wird seelisches Erleben körperlich erfahrbar gemacht, indem glatte Muskulatur, Herzmuskel und Drüsen in eine bestimmte Richtung gesteuert werden. Dazu stehen dem vegetativen Nervensystem zwei gegensätzlich funktionierende Steuerungsmechanismen in Form von Nervenleitungssystemen zur Verfügung, die sich in ihrer Wirkung gegenseitig ergänzen. Während der Parasympathikus vor allem bei inneren Körperfunktionen wie Drüsensekretion, Ruhemodus und Verdauungsarbeit dominiert, wird der Sympathikus durch äußere Ereignisse, Arbeit und Stress angeregt. Weil beide Anteile nie gleichzeitig erregt werden können, ist eine ausgeglichene Zusammenarbeit notwendig, um gesunde Körperfunktionen zu gewährleisten.
Weil durch ständiges Empfinden von Druck, Gehetzt- und Getriebensein die Erregung des Sympathikus überwiegt, erklären sich auch körperliche Symptome, wie eine (sympathisch veranlasste) Zunahme der Herzschlagsrate, die Verminderung von Magen- und Darmbewegung und Sekretion der Verdauungssäften und die verhinderte männliche Erektion.
Behandlung bei innerer Unruhe
Grundsätzlich ist eine Symptombezogene Behandlung bei innerer Unruhe wenig erfolgversprechend. Es gilt die Ursache der Beschwerden zu ermitteln und anschließend zeitnah eine gezielte Therapie einzuleiten.
Innere Unruhe – Naturheilkunde und ganzheitliche Medizin
In der Augendiagnostik geht man davon aus, dass ca. 20 Prozent der blauäugigen Menschen die Veranlagung zu einer nervalen Schwäche besitzen, welche unter anderem an einer sehr feinen Faserung des Irisstromas zu erkennen ist. Menschen mit dieser sog. neurogenen Konstitution sollen der Erfahrung nach in höherem Maße anfällig sein für nervöse Symptome wie innere Unruhe. Verstärkt wird die Neigung zur Überforderung demnach durch einen korallroten Ring (Asthenikerring), der sich um die Pupille säumt und mit Lupe oder Irismikroskop zu erkennen ist. Schließlich ist bereits mit bloßem Auge die Großpupille sichtbar, die eine Dominanz des Sympathikus verrät.
Menschen dieser Konstitution wird in der Naturheilpraxis oft eine Schonung ihrer Kräfte angeraten und mit unterstützenden Maßnahmen versucht, die innere Ruhe, geistige Klarheit, neuen Mut und Antrieb aufzubauen. Hier können zum Beispiel auch Schüßler-Salze Anwendung finden, wobei vor allem Kalium phosphoricum, Calcium phosphoricum und Magnesium phosphoricum zur Nervenstärkung empfohlen werden. Auch Bachblütenessenzen zum Beispiel aus weißer Kastanie, Kirschpflaume oder Ulme können helfen.
Es ist weiterhin ratsam, sich kleine Ruheoasen und Entspannungsmöglichkeiten im Alltag zu schaffen, Freunde zu treffen, zu meditieren, Yoga oder Autogenes Training zu üben.
Zur Bewältigung von familiären Schwierigkeiten und ungünstiger Verhaltensmuster eignen sich die systemische Familien- und Paarberatung, während innere Konflikte gut mit selbstorganisatorischer Hypnose aufgedeckt werden können. Gleichzeitig können dabei Wege und Möglichkeiten zu einem schonenderen Umgang mit sich und anderen angebahnt werden.
Es ist es vor allem die Osteopathie, die sich auf manueller Ebene mit dem vegetativen Nervensystem auseinandersetzt. Der Hauptnerv des parasympathischen Systems ist der Vagus- Nerv. Zu seiner Aktivierung arbeitet man in der Osteopathie vor allem mit Techniken der kraniosakralen Osteopathie am Kopf. So sollen nach den Theorien der Osteopathie Verbidnungen zwischen der Muskeulatur am Hinterkopf und diesem Nerven bestehen. Entspannt sich die Muskulatur, wird der Vagus- Nerv und somit das parasympathische System nach dem Modell der Osteopathie aktiviert und Betroffene kommen wieder in einen Zustand der Entspannung. In der kraniosakralen Osteopathie wird auch ein Rhythmus gespürt, der der Primär Respiratorische Rhythmus (PRM) genannt wird. Auch er soll den Körperrhythmus wieder harmonisieren und ins Gleichgewicht bringen.
In strukturellen osteopathischen Ansätzen wird auch nach Rippen- oder Brustwirbelsäulenblockaden geschaut. Unter den Rippenköpfchen sitzen die Umschaltungen für die sympathischen Nervenleitungen und sie hofft man durch eine Wechselwirkung mit dem entspannten Gewebe zu einer geregelten Funktion bewegen zu können.
Ähnlich geht man im Rolfing vor. Das Rolfing ist eine tiefe Bindegewebsarbeit, die neben der Statik und den Spannungsmustern im Körper auch die emotionale Ebene betrachtet und sich deswegen auch bei einer funktionellen Symptomatik mit innerer Unruhe als therapeutischer Ansatz anbietet. (jvs)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Anton J. M. Loonen, Stephen M. Stahl: The Mechanism of Drug-induced Akathsia.; in CNS Spectrums, Volume 16, Issue 1, Seite 7-10, Januar 2011, cambridge.org
- DGPPN: Patientenversion der wissenschaftlichen Leitlinie „Definiti-on, Ursachen, Diagnostik und Therapie des Fibromyalgie-syndroms“ (Abruf 27.08.2019), DGPPN
- Petra Isabel Schlerit, Susanne Antonie Fischer: Stressmanagement: Ihr Weg zu mehr innerer Ruhe; Haufe; 1. Auflage 2018
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.