Ischias: eingeklemmter Nerv am Rücken
Häufig werden Schmerzen im unteren Rücken, Gesäß und hinteren Bein allgemein als Ischiasschmerzen bezeichnet. Diese können durch einen eingeklemmten Ischiasnerv hervorgerufen werden. Es gibt mehrere Ursachen, warum ein Ischiasnerv eingeklemmt wird – der häufigste Grund ist ein Bandscheibenvorfall. Dabei kommt es durch herausgetretenes, gallertartiges Gewebe aus den Bandscheiben zu einem Druck auf den Nerv. Aufgrund der ähnlichen Symptomatik werden durch einen eingeklemmten Ischiasnerv ausgelöste Ischiasschmerzen auch oft mit einem Hexenschuss verwechselt.
Inhaltsverzeichnis
Kurzübersicht – Ischiasnerv eingeklemmt
Definition: Wenn der Ischiasnerv eingeklemmt ist
Der Ischiasnerv (Nervus ischiadicus) ist der stärkste und längste Nerv des menschlichen Körpers und übernimmt eine zentrale Funktion für die Weiterleitung von Befehlen und Empfindungen zwischen dem Gehirn und den Beinen. Über das Rückenmark leitet der Ischiasnerv des peripheren Nervensystems entsprechende Reize vom Bein an das Gehirn weiter, beziehungsweise gibt er Bewegungsimpulse aus dem Gehirn an die Beinmuskulatur weiter.
Der Ischiasnerv hat seinen Ursprung im „unteren“ Rückenmark (lumbale und sakrale Rückenmarkssegmente), zwischen den letzten Lendenwirbeln und dem Kreuzbein. Von hier ausgehend zieht sich der Nerv durch das Gesäß und an der Rückseite des Oberschenkels entlang bis in die Kniekehle. Dort teilt er sich in die zwei Hauptäste, den Wadenbeinnerv (Nervus fibularis communis) und den Schienbeinnerv (Nervus tibialis), welche beide den Unterschenkel entlang bis zum Fuß verlaufen.
Kommt es aufgrund verschiedener Ursachen zu einem Druck und folglich zu einer Einengung des Ischiasnervs, wird dieser in seiner Funktion eingeschränkt. Zudem löst dies in der Regel plötzliche und heftige Schmerzen im Versorgungsgebiet des Nervs aus. Weitere Symptome, wie Empfindungsstörungen, können je nach Schweregrad der Kompression hinzukommen.
Ischias: Symptome
Schmerzen die aufgrund eines eingeklemmten Ischiasnervs auftreten, werden unter dem Begriff Ischiasschmerzen (Ischialgie) – oder kurz gesagt: Ischias – zusammengefasst. Begleitend können auch verschiedene neurologische Ausfälle auftreten. Bei starken und länger andauernden beziehungsweise sich wiederholenden Schmerzen und bei neurologischen Störungen sollte unbedingt ein Arztbesuch erfolgen, um die genaue Ursache und die entsprechenden Behandlungsoptionen zu bestimmen.
Ischiasschmerzen
In der Medizin spricht man bei einer Ischialgie auch von neuropathischen Schmerzen (Neuralgie). Gemeint sind damit Nervenschmerzen, die sich auf den Bereich der jeweils betroffenen Nerven begrenzen.
Betroffene klagen häufig im Fall eines eingeklemmten Ischiasnervs über ziehende Schmerzen an der Rückseite des Oberschenkels, die sich nach längerem Liegen (insbesondere morgens nach dem Aufstehen) oder im Sitzen verschlimmern. Meist lassen sie durch einfache Bewegung wieder etwas nach. Sobald es jedoch zu mehr körperlicher Belastung kommt (etwa durch langes Stehen oder Laufen), kehren die Schmerzen zurück. Auch kommt es allgemein zu einer Verstärkung der Schmerzen, wenn Betroffene husten, niesen oder pressen.
In vielen Fällen wird von einem akuten Schmerzauftreten berichtet, seltener entwickeln sich die Schmerzen schleichend. Typische Schonhaltungen oder bestimmte Entlastungspositionen werden oftmals eingenommen, um die Schmerzen zu lindern. Diese Kombination führt auch zu Muskelverspannungen und Bewegungseinschränkungen und damit assoziierten Schmerzen.
Neben dem ziehenden Schmerz, zeigt sich häufig auch ein punktueller Schmerz am Gesäß. Dabei handelt es sich um eine Stelle neben dem Kreuzbein, an der häufig auch eine schmerzhafte Verdickung ertastet werden kann.
Die Intensität der Schmerzen aufgrund des eingeengten Nervs wird von den Betroffenen jedoch unterschiedlich stark empfunden und auch die genaue Lokalisation ist individuell verschieden. Die häufigsten Schmerzen in diesem Zusammenhang genannten werden sind die folgenden:
- Gesäßschmerzen,
- Kreuzschmerzen,
- Kreuzbeinschmerzen,
- Rückenschmerzen,
- Oberschenkelschmerzen (Rückseite),
- Wadenschmerzen,
- Beinschmerzen.
Da der Schmerz aufgrund der entstehenden Nervenkompression meist plötzlich „einschießt“, kommt es häufig zu Verwechslungen mit einem Hexenschuss. Der wesentliche Unterschied zwischen den beiden Symptomen liegt in der Schmerzausstrahlung – denn bei einem Hexenschuss strahlen die Schmerzen nicht in die Beine aus, sondern konzentrieren sich auf den Bereich des unteren Rückens. Handelt es sich um eine Kombination aus Hexenschuss und Ischiasschmerzen, werden diese in der Fachwelt als Lumboischialgie bezeichnet.
Neurologische Symptome
Die Nervenschmerzen können je nach Ursache und Ausmaß der Nervenkompression auch zu neurologischen Ausfällen und entsprechenden Funktionsstörungen führen. Dazu zählen Sensibilitäts- und Empfindungsstörungen sowie Lähmungserscheinungen. Diese werden manchmal als Kribbeln in den Beinen beschrieben oder als Taubheitsgefühle in den Beinen wahrgenommen werden.
In schwerwiegenden Fällen kann die Symptomatik auch zu Problemen beim Wasserlassen und beim Stuhlgang (Inkontinenz) führen.
Ursachen: Wie es zu einem eingeklemmten Ischiasnerv kommt
Die Ursachen für einen eingeklemmten Ischiasnerv sind vielfältig. In den meisten Fällen entstehen die Schmerzen jedoch durch einen Bandscheibenvorfall (oder eine Bandscheibenvorwölbung). Dabei übt die verschobene Bandscheibe Druck auf den Ischiasnerv aus, was schließlich zu einer Einklemmung und Mangelversorgung führt.
Eine weitere Ursache für einen eingeklemmten Ischiasnerv ist das so genannte Piriformis-Syndrom. Hier klemmt der Piriformis-Muskel (ein innerer Hüftmuskel) den Ischiasnerv oder einen seiner Äste beim Übertritt vom Becken zum Oberschenkel ein. Die Ursachen sind nicht eindeutig identifiziert. Häufig ist aber ein Trauma mit einer anschließenden Entzündung, die zu einer Nerveneinengung führt, der Auslöser. Eine solche Verletzung des Piriformis-Muskels kann beispielsweise aufgrund von Überbelastung (intensives Laufen oder Krafttraining), langen Sitzpositionen oder auch größeren Sturz- und Unfallverletzungen entstehen.
Ein erhöhtes Risiko dafür, dass der Ischiasnerv eingeklemmt werden kann, besteht zudem für Läufer. So ist der Laufsport zwar auf der einen Seite eine gute Vorbeugung gegen Rückenbeschwerden jeglicher Art, dennoch bereitet der Ischiasnerv einigen Aktiven mitunter große Probleme. Durch das Anheben der Beine im Zuge der Laufbewegung kann es zu Verspannungen der Muskeln kommen, was zumeist von Muskelverkürzungen infolge unzureichender Dehnübungen der Oberschenkelrückseiten herrührt. Eine Muskelverkürzung hat wiederum häufig eine fehlerhafte Laufhaltung zur Folge, welche schließlich dazu führen kann, dass der Ischiasnerv eingeengt wird.
Weitere Ursachen für einen eingeklemmten Ischiasnerv können zudem Wirbelkörperverletzungen oder strukturelle und degenerative Veränderungen der Wirbelsäule sein. Dazu zählen unter anderen Wirbelsäulenleiden das Wirbelgleiten (Spondylolisthesis), die Osteochondrose und die Spondylose.
Seltener sind entzündliche (Spondylodiszitis) oder rheumatische Erkrankungen der Grund für die Nervenkompression. Weitere Verursacher für einen schmerzhaften Druck auf den Ischiasnerv können Hämatome, Abszesse oder Tumore sein.
Diagnose: Eingeklemmter Ischiasnerv
Oft ist es nicht einfach, Schmerzen und mögliche andere Beschwerden, die tatsächlich von einem eingeklemmten Ischiasnerv kommen, von Diagnosen mit einer ähnlichen Symptomatik klar abzugrenzen. Eine eindeutige Diagnosestellung ist aber Voraussetzung für eine effektive Behandlung.
Um sicher zu gehen, dass die Beschwerden tatsächlich mit dem Ischiasnerv in Zusammenhang stehen und nicht durch andere Ursachen hervorgerufen werden, ist eine genau Patientenbefragung zur Art und zum Auftreten der Symptome unerlässlich. Im Anschluss daran erfolgt eine klinische Untersuchung.
Im Rahmen der Diagnostik werden auch Röntgen- und Ultraschalluntersuchungen sowie Bilder der Computer- und Kernspintomografie herangezogen – insbesondere wenn ein Bandscheibenvorfall vermutet wird.
Liegen schwerwiegende neurologische Begleiterscheinungen vor und ist die Ursachenbestimmung noch nicht abgesichert, können auch Untersuchungen von Blut sowie von Hirn- und Rückenmarksflüssigkeit (Liquor) eingesetzt werden.
Behandlung von Ischias Symptomen und Ursachen
Je nach Ursache und Beschwerdegrad kommen unterschiedliche Behandlungsmethoden in Betracht. Diese reichen von konservativen, schmerzlindernden Maßnahmen bis hin zu medizinischen Eingriffen, um schwerwiegende Ursachen zu beheben.
Ischias konservativ behandeln
Als Sofortmaßnahme bei akuten Schmerzen durch einen eingeklemmten Ischiasnerv hilft in vielen Fällen zunächst die sogenannte Stufenlagerung. Hierbei werden in der Rückenlage die Unterschenkel im neunzig Grad Winkel zu den Oberschenkeln auf einer entsprechenden Erhöhung abgelegt. Diese Entspannungshaltung sollte aber nur über einige Minuten eingenommen und mit leichter Bewegung kombiniert werden. Dazu eignen sich beispielsweise kurze Spaziergänge oder auch behutsame Rückenübungen, welche allerdings in der Regel einer vorherigen professionellen Untersuchung und Anleitung bedürfen.
Eine längere Bettruhe sollte bei einem eingeklemmten Ischiasnerv vermieden werden, ebenso intensivere körperliche Aktivität oder auch schweres Heben und Tragen, um um falsche Bewegungen und eine Verschlimmerung der Symptome zu vermeiden.
Wärmebehandlungen können zur Entspannung der Muskeln beitragen und die Beweglichkeit fördern, was auch häufig eine Linderung der Schmerzen mit sich bringt.
Halten die Schmerzen trotz dieser Maßnahmen dennoch über einen längeren Zeitraum an oder verstärken sie sich sogar, sollte ein Arztbesuch erfolgen, um eine fundierte Diagnose zu stellen und schwerwiegendere Ursachen wie einen Bandscheibenvorfall abzuklären. Auf Basis der ärztlichen Empfehlung können dann eventuell weitere Maßnahmen ergriffen werden.
Wird bei der genauen Untersuchung ein Piriformis-Syndrom festgestellt, bleibt die konservative Therapie mit krankengymnastischen Übungen im Zentrum der Behandlung. Ergänzend kommen unter Umständen auch physikalische Therapieanwendungen wie die Elektrotherapie zum Einsatz.
Medikamente und operative Eingriffe bei Ischiasbeschwerden
Ist der Ischiasnerv aufgrund eines Bandscheibenvorfalls oder einer Bandscheibenvorwölbung eingeklemmt, muss dieser entsprechend behandelt werden. Gleiches gilt für die ursächliche Behandlung anderer möglicher Ursachen. Ob diese Behandlungsmaßnahmen ausschließlich einer Bewegungstherapie und gegebenenfalls einer Schmerztherapie mittels entsprechender Medikamente bedürfen oder aber auch eine Operation notwendig ist, wird von Fall zu Fall zu entschieden.
Zur Schmerzlinderung kommen bei einem Bandscheibenvorfall meist gleich zu Anfang geläufige schmerz- und entzündungshemmende Arzneimittel zum Einsatz. Nur bei sehr starken Schmerzen finden auch örtlich betäubende Medikamente oder Kortison Anwendung.
Eine Schmerzfreiheit oder zumindest eine Schmerzlinderung unterstützt die Betroffenen bei der schrittweisen Kräftigung der Rückenmuskeln durch geeignete krankengymnastische Übungen oder Bewegungstherapien, beispielsweise Aqua-Gymnastik. Dies ist auch nach einer erfolgten Operation ein wichtiger Baustein in der (Nach-) Behandlung. Im Anschluss an eine Operation wird meistens eine ambulante oder stationäre Weiterbehandlung in Form einer Rehabilitation („Reha“) empfohlen.
Naturheilkunde und ganzheitliche Medizin bei Ischias
Die ganzheitliche Medizin bietet weitere Ansätze zur Ursachenfindung bei einem eingeklemmten Ischiasnerv und – je nach Fall – alternativ oder ergänzend eine Reihe therapeutischer Herangehensweisen. Wichtig ist, vorab einen behandlungsbedürftigen Bandscheibenvorfall oder anderweitige schwere Erkrankungen auszuschließen. Weiterhin bedingen viele individuelle Faktoren einen möglichen aber nicht immer eintretenden Behandlungserfolg.
Therapiemaßnahmen, um Schmerzen zu lindern, können beispielsweise Massagen und verschiedene Entspannungsmethoden umfassen.
Die Osteopathie bezieht im Sinne des ganzheitlichen Ansatzes bei einem eingeklemmten Ischiasnerv eine Verbindung zum Kreuzbein-Darmbein-Gelenk (Iliosakralgelenk) mit ein. Die Therapiemöglichkeiten konzentrieren sich nicht nur auf die Beschwerdestelle, sondern bei der manuellen Behandlung werden alle Körperstrukturen berücksichtigt. Das Konzept der Triggerpunkte (mittels Daumendruck oder dem sogenannten Dry Needling) kommt beispielsweise häufig zum Einsatz, ebenso wie das Rolfing.
Darüber hinaus bietet die Naturheilkunde weitere Anwendungen bei Ischiasschmerzen, wie zum Beispiel Verfahren nach Sebastian Kneipp oder Hildegard von Bingen. (nr, cs)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Pschyrembel: Klinisches Wörterbuch. 267., neu bearbeitete Auflage, De Gruyter, 2017
- Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie (Hrsg.): S2k Leitlinie zur konservativen und rehabilitativen Versorgung bei Bandscheibenvorfällen mit radikulärer Symptomatik, Stand Juli 2014, AWMF-Registernr: 033/048, Abruf: 24.09.2019, awmf.org
- Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz (Hrsg.): Öffentliches Gesundheitsportal Österreichs www.gesundheit.gv.at, Krankheiten - Bewegungsapparat - Schmerzsyndrome - Ischias (Abruf: 24.09.2019), gesundheit.gv.at
- Mayer, H. Michael und Heider, Franziska C.: Der lumbale Bandscheibenvorfall, in: Orthopädie und Unfallchirurgie up2date, Ausgabe 06/2016, thieme-connect.de
- Gesinform (Hrsg.): Medizinische Informationsplattform Deximed https://deximed.de, Patienteninformationen - Piriformis-Syndrom, Abruf: 25.09.2019, deximed.de
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.