Ein Knacken im Rücken kann für Betroffene entspannend sein oder auch den Beginn von schmerzhaften Rückenschmerzen darstellen. Doch was knackt genau im Rücken und ist das Knacken gefährlich? Richtet das Knacken dauerhaft Schaden an oder ist es eher „ein Lösen“ von Blockaden und somit völlig normal?
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Fast jeder Mensch kennt das Knacken in Gelenken, wobei dies im Rücken jedoch mitunter als bedrohlicher wahrgenommen wird, als beispielsweise bei knackenden Fingern. Was von Laien auch als Gelenkknacken im Rücken oder Rückenknacken beschrieben wird, hat in der Fachwelt unterschiedliche Bezeichnungen – zumal es sich bei manchen Therapierichtungen auch um ein gewolltes Knacken im Zuge der Behandlung handeln kann, beispielsweise bei einer sogenannten Tektonischen Fixation, einer HVLA am Rücken oder der Dog-Technik. Den Rücken einrenken ist hier die umgangssprachliche Bezeichnung.
Symptome beim Knacken im Rücken
Knacken im Rücken kann einseitig oder beidseitig in allen Regionen am Rücken auftreten. Das Geräusch selbst kann ein deutlich hörbares Knacken sein, aber auch ein Plop- oder ein Reibe- beziehungsweise Schnalzgeräusch. Viele Menschen klagen zum Beispiel über Knacken am mittleren Rücken, wenn sie die Schulterblätter bewegen – dabei handelt es sich aber bei genauem Hinhören meist eher um ein Reibegeräusch. So unterschiedlich die Geräusche sind, so groß sind auch die Variabilitäten der Empfindungen: Manche Menschen empfinden es, als wenn etwas überspringt (Sehne, Band oder Muskel) oder „wieder reinspringt“ beziehungsweise „rausspringt“, während andere das Gefühl haben, etwas Verklemmtes würde sich wieder lösen.
Das Knacken kann tief im Rücken oder oberflächlich empfunden werden. Viele Betroffene schildern, dass es beim morgendlichen Strecken und Dehnen im Rücken regelmäßig knackt oder beim Aufstehen nach langem Sitzen oder beim Nach-Vorn-Beugen. Dies wird aber meist als schmerzfrei und teilweise sogar als entspannend oder lösend beschrieben. Wenn nach dem Aufstehen Rückenschmerzen oder Steifheit im Rücken bestehen, so geben viele Betroffene an, dass es im Anschluss an das Knacken eher besser ist. Teilweise kann das Knacken im Rücken in recht kurzen Zeitabständen auftreten und danach über längere Zeiträume nicht – also recht unregelmäßig und symptomlos sein. Wenn Schmerzen im Zusammenhang mit Knacken im Rücken auftreten, dann meist zeitlich direkt im Anschluss an das Knackgeräusch.
Ursachen von Rückenknacken
Es kursierten lange Zeit verschiedenen Theorien dazu, wie genau das Knacken im Rücken und in anderen Gelenken entsteht. Heute gilt es als erwiesen, dass durch einen kurzfristigen Unterdruck in der Gelenkkapsel beziehungsweise im Gelenkspalt kleine Gasbläschen entstehen und bei ihrer Entstehung das Knackgeräusch hörbar wird. Eine Studie aus dem Jahr 2015 hatte dies anhand des Beispiels knackender Finger und der Untersuchung mit MRT-Aufnahmen deutlich gemacht
Mit Knacken im Rücken ist jedoch nicht immer ein Knacken der Gelenke gemeint. Die Reibe- und Schappgeräusche haben einen anderen Ursprung, wobei hier die geläufigste Theorie von einem Geräusch beim Überspringen einer Sehne oder eines Bandes ausgeht. Die Sehnen oder Bänder rutschen dabei übereinander oder über einen Knochenvorsprung. Weiterhin könnte es sich um Sehnen handeln, die über die Gelenke laufen und bei einer Beugung oder Streckung im Gelenk etwas ihre Verlaufsrichtung ändern und beim Zurückkehren in die Neutralposition ein Geräusch erzeugen. Andere Theorien sehen zum Beispiel einen Mangel an Gelenkflüssigkeit als mögliche Ursache für ein hörbares Knochenreiben oder Knorpelreiben.
Ein Knackgeräusch kann auch entstehen, wenn ein Gelenk aus seiner „Fassung“ oder „Halterung“ springt. Dies wird von Betroffenen für den Bereich des Rückens mitunter bei einem Bandscheibenvorfall oder bei sogenanntem Wirbelgleiten (Spondylolisthesis) beschrieben. Unter Umständen kann ein solches Knackken auch Folge einer Wirbelfraktur sein.
Daneben werden von Betroffenen im Zusammenhang mit dem Rückenknacken vor allem Beschwerden wie verspannte Muskulatur, Schleudertrauma, einseitige Haltung beziehungsweise Fehlhaltungen und Überanstrengung beziehungsweise zu hohe Belastung beschrieben. Mitunter lässt sich auch ein Zusammenhang des Knackens im Rücken mit Krankheiten wie Rheuma, degenerativen Erkrankungen der Wirbelsäule (Spondylose oder Spondylarthrose), entzündlichen Erkrankungen der Wirbelsäule (Spondylitis, Spondylodiszitis), Morbus Bechterew, Gicht, Osteoporose oder auch Knochenbrüchen vermuten. Keinesfalls lässt sich das Rückenknacken hier jedoch als typisches Symptom nennen.
Bei manchen Betroffenen scheint zudem eine erbliche Veranlagung eine Rolle zu spielen, denn in der Praxis fällt nicht selten die Aussage, „das hatte mein Vater auch schon“.
Schäden durch Knacken im Rücken
Ein grundsätzliches Problem in der Medizin besteht darin, dass den meisten Therapeutinnen und Therapeuten nicht klar ist, dass sie mit Modellen arbeiten. Diese Modelle, die eine Grundlage für die praktische Arbeit (also therapeutische Intervention) liefern sollen, sind nur Annäherungen an die Wirklichkeit. Wie die Realität in einem komplizierten biologischen Mechanismus – beispielsweise dem menschlichen Körper – aussieht, kann teilweise nur anhand der therapeutischen Wirkungen angenommen werden.
Wenn also Ärztin oder Arzt, Heilpraktikerin oder Heilpraktiker, Osteopathin oder Osteopath, Chiropraktikerin oder Chiropraktiker oder FDM-Anwendende den Betroffenen ihre Erklärungen bei Fragen zum Knacken im Rücken darlegen, handelt es sich meist um Erklärungen, die Therapierende effektiv zum Beispiel zur Visualisierung bei ihrer Arbeit nutzen können oder die sie sich selbst anhand der beobachteten Effekte in der Praxis „erarbeitet“ haben. Der nächste Therapeut eine Tür weiter würde es eventuell schon wieder ganz anders erklären. Das verdeutlich auch, wieso bisher die Aussagen zu möglichen Schäden durch das Knacken im Rücken extrem variieren.
Bei den vielen unterschiedlichen und in sich stark differierenden Hypothesen ist es verständlich, dass unklar ist, welche Folgen das Knacken im Rücken haben kann. Hier gehen die Aussagen stark auseinander: Einge behaupten, dass das Knacken schädlich für die Gelenke, für die Bandscheiben, für die Sehnen und die Bänder sei, andere, dass es „total ungefährlich“ sei. Schädlich könnte es deswegen sein, weil es die Bänder oder die Gelenkkapseln „ausleiert“ oder die Sehnen „überdehnt“. Dadurch wiederum könnten die Gelenke dauerhaft labil werden und die Kraft könnte nachlassen, so die Theorie. Es wird auch häufig behauptet, dass es durch das Knacken im Rücken zu Mikrofaserschäden (Mikrotraumata) oder zu dauerhaften Folgeschäden wie Wassereinlagerungen oder Abnutzungen an den Gelenken kommen kann.
Der Internist und Allergologe Dr. Donald L. Unger aus dem kalifornischen Thousand Oaks war die Unsicherheit ebenso leid, wie auch die ständigen Aussagen seiner Mutter, dass Fingerknacken schädlich sei und Arthritis auslösen könne. In einem sechzig Jahre währenden Selbstversuch untersuchte er die Folgen des Fingerknackens und bekam 2009 hierfür den sogenannten Ig-Nobelpreis der Zeitschrift Annals of Improbable Research verliehen. Er ließ die ganzen Jahrzehnte zweimal täglich die Fingergelenke linkseitig knacken, die rechte Seite ließ er unbehelligt. Die Untersuchungen ergaben, dass er weder links noch rechts Arthritis hatte.
Raymond Brodeur, ein us- amerikanischer Ingenieur, Doctor of Chiropractic und Osteopath hatte am Ergonomics Research Laboratory (ERL, LLC) der Michigan State University (MSU) einstmals die Behauptung aufgestellt, dass nach einem Knacken im Gelenk eine Gasblase sichtbar sei. Diese kommt nach Brodeurs-Theorie zustande, wenn durch schnelles Ziehen die Gelenkkapsel sich dehnen und dazu der Druck innerhalb des Gelenks reduziert werden muss. Die Gase gehen in die Blasenform über und lassen so der Kapsel die Möglichkeit, sich weiter zu dehnen. Dann dauert es nach Brodeur eine Zeit, bis die Gase sich wieder lösen und das Knacken erneut ausgelöst werden kann. Genaus diese Theorie wurde in der bereits erwähnten Studie aus dem Jahr 2015 bestätigt. Schäden an den Gelenken wurden dabei nicht festgestellt, allerdings konnten sie auch nicht ausgeschlossen werden.
Rücken knacken lassen
Eine Vielzahl von manuellen Verfahren, wie beispielsweise die Chiropraktik oder die Osteopathie, werten das hörbare Knacken im Rücken als einen Indikator für eine erfolgreiche Technik. Im Volksmund wird das meist „Einrenken“ genannt. In der therapeutischen Fachsprache wird es „Manipulation“, „HVLA-Technik“, „Thrust“, Dog-Technik (an der Brustwirbelsäule), „Lumbar Roll“ (am unteren Rücken), „Kirksville-Crunch“ oder „Impuls-Technik“ genannt. HVLA steht für „ High Velocity, Low Amplitude“ (hohe Geschwindigkeit, geringer Ausschlag). Der Therapeut baut bei diesen Techniken durch ein Heranführen des Rückens an eine bestimmte Position, die übrigens nicht die Bewegungsgrenze ist, eine fühlbare Barriere auf. Durch einen kurzen Impuls wird diese Barriere überwunden, wobei der hörbare Knacklaut auftritt.
Manche Therapierende oder therapeutische Richtungen meinen, dass die kleinen Wirbelgelenke blockiert sind und durch die Technik kurz die Gelenkflächen wieder gelöst werden – was man hört, soll nach diesen Theorien das Eindringen von Luft, Gas oder das Lösen des Meniskus oder der Gelenkkapsel sein. Da das Aufbauen der Barriere und das Auslösen des Knacklautes innerhalb der normalen Bewegungsgrenzen der Gelenke und der umgebenden Gewebe liegt, ist es mehr als unwahrscheinlich, dass es durch solche Techniken oder das dabei entstehende Knacken im Rücken zu „Überdehnungen“ der Kapseln oder der Bänder kommt.
Der in Kanada praktizierende Schweizer Forscher Dr. Walter Herzog stellte auf dem International Fascia Research Congress (FRC) 2009 in Amsterdam die Vorabergebnisse einer Studie vor, die zeigten, dass bei Manipulationen der Halswirbelsäule weniger Stress auf die Halsschlagader gebracht wurde, als beim normalen Drehen des Kopfes. Nach dem Fasziendistorsionsmodell (FDM) des US-amerikanischen Osteopathen und Notfallmediziners Stephen Typaldos, D.O. handelt es sich bei dem „Plop-Laut“ oder „Knack-Laut“ um ein Lösen der sogenannten Faltfaszien oder von sogenannten Tektonischen Fixationen an den Gelenken.
Faltdistorsionen stellen aus Sicht des FDM eine dreidimensionale Verformung der gelenknahen Faszien dar. Durch diese Distorsionen ist das Gelenk nicht mehr gegen Druck- oder Zugkräfte geschützt, weil die Faszie ihre Aufgaben nicht mehr voll erfüllen kann. Je nach Druck- oder Zugkräften, die die Verformung bewirkt haben, wird zwischen Entfaltdistorsionen und Einfaltdistorsionen unterschieden. Typaldos hatte bei Patienten beobachtet, dass sie über Schmerzen tief im Gelenk ohne Bewegungseinschränkung klagten. Das widerspricht dem üblichen Modell einer „Gelenksblockade“, mit der immer eine Bewegungseinschränkung einhergeht.
Wenn Patienten häufig selbst den Rücken quasi „durchknacken“ und dabei Entspannung oder ein erlösendes Gefühl haben, geht man nach dem Fasziendistorsionsmodell von einer sogenannten Tektonischen Fixation aus. Die Betroffenen klagen über Steifheit und Unbeweglichkeit im Rücken, aber ohne Schmerzen. Die Faszienflächen werden als fixiert angesehen und sollen ihre Gleitfähigkeit verloren haben. Die Techniken zur Behandlung der Tektonischen Fixation, bei denen das Knacken im Rücken gewollt ist, dienen dazu, die Gleitflächen zu lösen und wieder gleitfähig zu machen.
Behandlung bei Knacken im Rücken
Wenn ein Knacken ohne Schmerzen oder Steifheit im Rücken auftritt, werden die wenigsten Menschen deswegen die Hilfe einer Ärztin beziehungsweise eines Arztes oder einer Heilpraktikerin beziehungsweise eines Heilpraktikers in Anspruch nehmen. Meist müssen erst noch andere spürbare Symptome hinzukommen. Bei akuten Geschehen werden die Betroffenen, wenn keine Hinweise auf gravierende strukturelle Hintergründe wie etwa einen Bruch oder Bandscheibenvorfall vorliegen, schulmedizinisch meist mit einer Injektion mit schmerzstillenden, muskelentkrampfenden und/oder entzündungshemmenden Mitteln versorgt. Physiotherapeutische Anwendungen sind ebenfalls häufig Bestandteil der Therapie, aber auch Operationen können bei bestimmten Ursachen des Rückenknackens erforderlich werden.
Naturheilkunde und ganzheitliche Medizin
Auch in orthopädischen oder notfallärztlichen Berufsgruppen sind heute Methoden wie die Chirotherapie, Chiropraktik oder mittlerweile auch das Fasziendistorsionsmodell, die eher der ganzheitlichen Medizin zuzuordnen sind, durchaus geläufig. Mit ihrer Hilfe können erfahrene Therapeutinnen und Therapeuten gegebenenfalls die Symptomatik mit manuellen Handgriffen behandeln.
Des Weiteren kann beispielsweise auch das Schröpfen, bei dem Gläser mit Unterdruck gezielt auf bestimmte Stellen der Haut aufgebracht werden und somit eine Mehrdurchblutung erzeugem, gegen manche Ursachen des Knackens im Rücken Anwendung finden. Auch die Neuraltherapie, bei der an den betroffenen und benachbarten Punkten Injektionen mit Lokalanästhetika zur Harmonisierung gesetzt werden, ist hier gegebenenfalls eine Option.
Aus Sicht des Fasziendistorsionsmodells muss therapeutisch dieselbe Kraft bei einer Faltdistorsion auf das betroffene Gewebe gebracht werden, wie es im auslösenden Moment der Fall war. Für eine Tektonische Fixation wird durch die Techniken, die die Gleitflächen lösen, der erste Schritt zur grundsätzlichen Behebung gemacht. Im Anschluss werden meist pumpende Techniken oder pumpende Hilfsmittel wie der Masterplumber oder Schröpfgläser benutzt. (tf, fp)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Gregory N. Kawchuk, Jerome Fryer, Jacob L. Jaremko, Hongbo Zeng, Lindsay Rowe, Richard Thompson: Real-Time Visualization of Joint Cavitation; in: PLOS ONE (veröffentlicht 15. April 2015), PLOS
- Walter Herzog: The biomechanics of spinal manipulation; in: Journal of Bodywork and Movement Therapies, Volume 14, Issue 3, Juli 2010, Seite 280-286, sciencedirect.com
- Donald L. Unger: Does knuckle cracking lead to arthritis of the fingers?; in: Arthritis & Rheumatology; Seite 949-950, Mai 1998
- Christophe Demoulin, Damien Baeri, Geoffrey Toussaint, Barbara Cagnie, Axel Beernaert, Jean-François Kaux, Marc Vanderthommen: Beliefs in the population about cracking sounds produced during spinal manipulation; in: Joint Bone Spine, Volume 85, Issue 2, Seite 239-242, März 2018, , sciencedirect.com
- Saubade, M.; Karatzios, C.; Léonard, E.; Besson, C.; Gremion, G; Gremeaux, V.: "Mes articulations craquent, c’est grave docteur ?" Les bruits articulaires en question; in Revue Médicale Suisse; 2017, Volume 13(569):1334-1338., revmed.ch
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