Eine herausgesprungene Kniescheibe (Patella) oder Kniescheibenverrenkung wird als Patellaluxation bezeichnet. Dabei springt die Kniescheibe aus ihrem Gleitlager und verschiebt sich meist nach außen. Sie gehört zu den häufigsten Verletzungen des Kniegelenks und betrifft vor allem junge sportliche Menschen. Es gibt zwei Arten von Patellaluxationen, die nach ihrer Ursache unterschieden werden. Zum einen kann die Kniescheibe durch ein unfallbedingtes Trauma herausspringen; davon sind meist Jungendliche betroffen. Zum anderen kann die Kniescheibenverrenkung anlagebedingt ohne ein vorhergehendes Ereignis auftreten. Im Folgenden werden die Symptome, die Ursachen, die Diagnose und die Therapieformen bei herausgesprungener Kniescheibe erläutert.
Inhaltsverzeichnis
Definition Patellaluxation
Eine herausgesprungene Knieschreibe (Patellaluxation) bezeichnet eine Verletzung des Kniegelenks, bei der die Kniescheibe aus ihrem Gleitlager springt und sich meist nach außen verschiebt. Dabei kommt es nicht selten zum Riss oder Einriss der Innenbänder des Knies.
Kniescheibe rausgesprungen – Symptome
Die Kniescheibe ist ein flacher, V-förmiger und frei laufender Knochen vor dem Kniegelenk, der dieses schützt und die Reibung des vierköpfigen Oberschenkelmuskels einerseits mindert und andererseits dessen Hebelwirkung verstärkt, so dass die maximale Streckung des Knies ermöglicht wird. Die Kniescheibe ist durch Sehnen, Bänder und Muskeln mit der Kniegelenkkapsel verbunden. Sie gleitet bei Bewegung des Kniegelenks in einem im Normalfall passgenauen Gleitlager am Oberschenkelknochen (Femur) nach oben und unten. Aufgrund der hohen Kräfte, die im Kniescheibengelenk auftreten, und einer nur durch Sehnen, Bänder und Muskeln stabilisierten Gelenkführung, kann es durch verschiedene Ursachen zum Herausspringen der Kniescheibe kommen.
Eine Patellaluxation ist sehr schmerzhaft, wobei die Knieschmerzen meist unterhalb des Knies und an der Innenseite der Kniescheibe am stärksten sind, und unmittelbar an einer typischen Verformung des Knies erkennbar. Darüber hinaus können starke Schwellungen des Kniegelenks aufgrund eines Gelenkergusses auftreten, wenn es zu Einblutungen durch Verletzungen der Bänder kommt. In der Folge ergibt sich meist auch eine Bewegungseinschränkung des Knies. In einigen Fällen brechen kleine Knorpel oder Knochenstücke durch die Patellaluxation heraus, die sich im Gelenk einklemmen und im späteren Verlauf zu Schädigungen des Knorpels und Arthrose im Knie führen können.
Von einer traumabedingten Verrenkung der Kniescheibe sind vor allem Sportler betroffen, beispielsweise wenn Betroffene bei gestrecktem Bein und wenig oder nicht angespannter Oberschenkelmuskulatur einen kräftigen Tritt gegen das Knie erhalten. Fußballer leiden folglich häufiger an einer Patellaluxation. Manchmal können auch Aufprallunfälle zum Herausspringen der Kniescheibe führen.
Springt die Kniescheibe ohne vorhergehenden Unfall heraus, handelt es sich meist um eine anlagebedingte Ursache. Das kann beispielsweise der Fall sein, wenn das Gleitlager, in dessen „Spur“ die Kniescheibe normalerweise läuft, zu flach ausgebildet ist. Auch eine Fehlform der Kniescheibe (Patella-Dysplasie) selbst oder ein Patellahochstand, der häufig auf einen Unfall zurückzuführen ist, sind möglich. Weitere anlagebedingte Ursachen von Kniescheibenluxationen können unter anderem die X-Beine (Genu valgum), eine Kniescheibenverlagerung zur Gegenseite sowie eine allgemeine Bindegewebsschwäche sein.
Risikofaktoren
Die Risikofaktoren für das Herausspringen der Kniescheibe beziehen sich vor allem auf die anlagebedingten möglichen Ursachen. Da Frauen häufiger betroffen sind als Männer, zählt das weibliche Geschlecht zu den Risikofaktoren für Patellaluxationen. Eine allgemeine Bindegewebsschwäche, Achsefehlstellungen wie sie bei X-Beinen auftritt, Fehlbildungen der Kniescheibe oder ihres Gleitlagers, Störungen oder Schwächen der Oberschenkelstreckmuskulatur sowie unfall- oder anlagebedingter Kniescheibenhochstand zählen ebenfalls dazu. Darüber hinaus bergen Sportarten wie Fußball ein erhöhtes Risiko für Knieverletzungen.
Diagnose
Springt eine Kniescheibe aus ihrem Gleitlager, verschiebt sie sich meist nach außen. Das ist anhand einer Blickdiagnose aufgrund der typischen Verformung des Knies erkennbar. Häufig repositioniert sich die Kniescheibe spontan selbst, so dass eine Manipulation nicht mehr notwendig ist. Manchmal ist eine Erhebung der Krankengeschichte notwendig, wenn beispielsweise kein Unfall oder Trauma der Patellaluxation vorausgegangen ist. Gegebenenfalls sind Maßnahmen notwendig, um das erneute Herausspringen der Kniescheibe zu verhindern.
Nachdem die Kniescheibe entweder von selbst oder durch Manipulation wieder in ihre Ausgangsposition zurückgekehrt ist, ist häufig ein Gelenkerguss sichtbar und ertastbar. Die Bereiche am Inneren der Kniescheibe und an der Außenkante der Gleitrinne am Oberschenkel sind meist druckempfindlich und schmerzhaft. Bei einem sogenannten Apprehension-Test drückt der Arzt die Kniescheibe leicht nach außen, um eine erneute Patellaluxation zu provozieren und damit herauszufinden, ob die Kniescheibe des Patienten zuvor herausgesprungen war. Ist das der Fall, wehrt sich der Patient gegen das Drücken, da er das Gefühl bereits kennt, oder die Knischeibe lässt sich über das Gleitlager hinaus verschieben.
Weitere Untersuchen können mittels Röntgenaufnahmen, Magnetresonanztomographie (Kernspintomographie, MRT) oder Arthroskopie (Gelenkspiegelung) erfolgen. Bei Letzterer können gleichzeitig kleine Gelenk- oder Knorpelstücke entfernt und Gelenkspülungen durchgeführt werden.
Patellaluxation – Behandlung
Um Folgeschäden zu vermeiden, sollte die Behandlung einer Patellaluxation möglichst frühzeitig erfolgen. In den meisten Fällen springt die Kniescheibe von selbst in ihre Ausgangsposition zurück. Sollte die Patellaluxation jedoch anhalten, muss sie durch Manipulation eines Arztes wieder in das Gleitlager bewegt werden. Ähnlich einer Schulterausrenkung steigt mit jeder weiteren Verrenkung der Kniescheibe das Risiko einer erneuten Patellaluxation. Zwar gibt es keine ursächliche konservative Therapieform, jedoch können ein entsprechendes Muskeltraining und das Tragen bestimmter Orthesen das Risiko für weitere Vorfälle dieser Art reduzieren.
Beim Auftreten eines Gelenkergusses kann zudem eine Punktion notwendig sein, die nicht nur das Blut ableitet sondern auch zur Druckentlastung und Schmerzlinderung beiträgt.
Kommt es dennoch erneut zum Herausspringen der Kniescheibe oder liegt zudem ein Knorpel- oder Knochenschaden vor, kann ein operativer Eingriff notwendig sein. Je nach Ursache und Art der Beschwerden können dabei verschiedene Verfahren zur Anwendung kommen. Häufig wird eine Kapselraffung beziehungsweise Patellazügelung durchgeführt, so dass der Weg der Kniescheibe bei Bewegungen vorgegeben und stabilisiert wird.
Naturheilkunde und ganzheitliche Medizin
Springt die Kniescheibe einmalig oder häufiger heraus, kann ein Besuch beim Osteopathen sinnvoll sein und Aufschluss über die Ursache geben, die in der osteopathischen Sichtweise sämtliche Strukturen betreffen kann, welche Einfluss auf die Statik des Körpers haben. So werden alle Faktoren untersucht und gegebenenfalls behandelt, die zu Spannungen auf oder um die Kniescheibe herum führen können. Als Beispiel sei der Tractus iliotibialis genannt, eine Sehne, die vom äußeren Gelenkknorren des Schienbeins, wo sie eine Verbindung mit dem seitlichen Rückhalteband der Kniescheibe eingeht, und weiter am Oberschenkel verläuft. Auf dem Tractus liegen unter anderem die sogenannten Chapman-Punkte, Behandlungspunkte, die mit dem Darm korrespondieren. Da dieselben Nerven hier auch Teile des Darmes versorgen, wird in der Osteopathie von Wechselwirkungen ausgegangen. (nr)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- M. Jagodzinski, W. Petersen: Patellaluxation; in Der Unfallchirurg, Mai 2012, Volume 115, Issue 5, Seite 386–386, springer.com
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- F.J. Schneider, A. Thumfart, W.E. Linhart: Behandlung der Patellaluxation im Kindes- und Jugendalter; in Arthroskopie, Februar 2009, Volume 22, Issue 1, Seite 60–67, springer.com
Wichtiger Hinweis:
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