Schmerzen an den Lendenwirbeln
Da der untere Bereich der Lendenwirbelsäule im Alltag den meisten Belastungen ausgesetzt ist, entstehen dort die häufigsten Beschwerden, die sogenannten Lendenwirbelschmerzen. Meist wird dies als Lendenwirbelsäulensyndrom oder Lumbago bezeichnet. Diese Schmerzen stellen zwar keine eigenständige Krankheit dar, sie weisen jedoch darauf hin, dass im Bereich der Wirbelsäule irgendetwas nicht in Ordnung ist.
Der Ursprung der Beschwerden kann sich auch an einer anderen Stelle im Körper befinden. Bei Erkrankungen der Nieren, der Genitalien, der Bauchspeicheldrüse und der Gallenblase sind ausstrahlende Schmerzen in den Bereich der Lendenwirbelsäule möglich. Die „wirklichen“ Rückenschmerzen jedoch, sind zu einer Volkskrankheit geworden. Leider werden die davon betroffenen Personen immer jünger und häufig sind bereits Kinder betroffen.
Inhaltsverzeichnis
Anatomie der Wirbelsäule
Die gesamte Wirbelsäule besteht insgesamt aus dreiunddreißig beziehungsweise vierunddreißig Wirbeln und ist in fünf Abschnitte eingeteilt. So sitzt der Kopf auf der Halswirbelsäule, die aus sieben Halswirbeln besteht. Sie stellt den beweglichsten Teil der Wirbelsäule dar. Daran schließt sich der Brustwirbelbereich, bestehend aus zwölf Brustwirbeln, an. Darauf folgt die Lendenwirbelsäule (LW) mit ihren fünf Wirbeln, welche die größten Wirbel des Menschen darstellen.
Die LWS geht in das Kreuzbein über, das aus fünf zusammengeschmolzenen Wirbelkörpern besteht. Diese Fusion beginnt zwischen dem sechzehnten und achtzehnten Lebensjahr und ist in etwa mit Fünfundzwanzig abgeschlossen. Das Kreuzbein ist die Mitte des Beckens und mit beiden Hüftknochen gelenkig verbunden, obwohl dieses Gelenk seinem Namen keine Ehre macht, da es nahezu unbeweglich ist. Das Ende der Wirbelsäule bildet das Steißbein, bei dem die drei bis fünf Wirbelrudimente ebenso verschmolzen sind.
Die Wirbelsäule sorgt für ein aufrechtes Gehen, bildet die Säule des menschlichen Körpers, lässt Bewegungen zu, dämpft mit Hilfe der Bandscheiben Stöße und Erschütterungen ab und gibt dem Rückenmark Schutz.
Ursachen für Lendenwirbelschmerzen
Schmerzen im unteren Bereich des Rückens sind weit verbreitet. Diese Beschwerden können sowohl akut als auch chronisch auftreten. Oft sind Kreuzschmerzen chronischer Natur, wobei die Gründe vor allem falsche Haltung, einseitige Belastung und Bewegungsmangel sind.
Umgangssprachlich wird auch der Begriff „Hexenschuss“ für Lendenwirbelschmerzen gebraucht. In der Fachsprache ist jedoch von Lumbago oder akutem LWS-Syndrom die Rede.
Das LWS-Syndrom ist kein eigenständiges Krankheitsbild sondern fasst verschiedene Symptome im Bereich der Lendenwirbelsäule zusammen. Zwei Arten werden unterschieden, nämlich das akute Lendenwirbelsyndrom, oft auch als Lumbago bezeichnet und das chronische Lendenwirbelsyndrom. In beiden Fällen sind Lendenwirbelschmerzen im Vordergrund, die jedoch auch auf andere Körperregionen übergreifen können. Die Schmerzen, die dabei auftreten, sind dumpf, ziehend oder einschießend, lokal begrenzt oder strahlen in die Beine aus.
Plötzlich einsetzende, massive Schmerzen, sind bei dem akuten LWS-Syndrom anzutreffen. Eine unachtsame Bewegung, das Tragen beziehungsweise Hochheben schwerer Lasten und ein schon länger bestehender Verschleiß sind die häufigsten Ursachen. Falsche Haltung, zu langes Stehen oder Sitzen, falsches Tragen oder Heben von schweren Gegenständen führt über längere Zeit hinweg zu Verspannungen, woraus Schmerzen resultieren. Diese bedingen dann eine Schonhaltung, die wiederum zur Verspannung der Muskulatur und anschließenden Schmerzen in der Lendenwirbelgegend führen. Somit beginnt der sogenannte Teufelskreis.
Nicht selten entsteht ein Lendenwirbelsäulensyndrom auf Grund eines Bandscheibenvorfalls. Bandscheiben sind sogenannte Puffer zwischen den Wirbeln. Sie bestehen aus einem Faserring und einem Gallertkern. Dieser Kern hat die Aufgabe, den Druck auf den Faserring zu verteilen und somit abzufedern. Bandscheiben neigen dazu, schon relativ früh zu altern.
Die Fähigkeit des Gallertkerns, nachts in Ruhe wieder etwas an Flüssigkeit aufzunehmen, nimmt im Laufe des Lebens immer mehr ab. Somit wird dieser immer trockener, die Elastizität reduziert sich und der Faserring verschleißt zunehmend. Durch schon längere Zeit bestehende Fehlbelastung kann er einreißen, wobei sich der Gallertkern über den Rand hinaus vorwölbt. Diese Vorwölbung, die dann auf verschiedene Nerven drücken kann, wird Bandscheibenvorfall genannt. Dabei können Sensibilitätsstörungen, aber auch Lähmungen entstehen. Übergewichtige und Schwangere zählen zu den Risikogruppen für einen Bandscheibenvorfall.
Das chronische LWS-Syndrom entsteht durch Abnutzung. Langsamer Verschleiß der Bandscheiben oder Wirbel führt zu den unterschiedlichsten Krankheitsbildern der Lendenwirbelsäule. Eine Ursache für eine solche Abnutzung ist zum Beispiel die Skoliose. Dies ist eine seitliche Abweichung der Wirbelsäule von der normalen Form. Sie entsteht meist in Zeiten des Wachstums. Weitere Ursachen für das LWS Syndrom und damit verbundenen Schmerzen an der Lendenwirbelsäule sind Blockaden der Wirbelkörper, arthrotische oder knöcherne Veränderungen, entzündliche Erkrankungen, angeborene Fehlstellungen, Wirbelgleiten, Wachstumsstörungen, Tumore oder Metastasen, Unfälle und Osteoporose.
In vielen Fällen treten die Beschwerden durch Fehlen einer Rückenmuskulatur, die vor allem den Lendenwirbelbereich schützen soll, auf. Ein schwacher Rumpf kann Stöße und Fehlbelastungen nicht abfangen und führt umso schneller zu Problemen im Bereich der LWS. Eine gut ausgebildete Rückenmuskulatur kann hingegen, auch wenn schon Erkrankungen vorliegen, den Rumpf so schützen und stützen, dass keine, oder nur wenig Schmerzen entstehen. Jedoch reicht eine gute Rückenmuskulatur nicht aus, um Beschwerden gänzlich zu vermeiden. Das Gegenüber – der Bauch – sollte ebenfalls trainiert sein und beides in einem gesunden Gleichgewicht stehen. Ein Zuviel an Bauchmuskulatur könnte ebenso Fehlbelastungen bewirken.
Muskeln, die nicht gefordert werden bilden sich zurück, die Gegenspieler-Muskeln jedoch werden überstrapaziert und verspannen sich. Dadurch entsteht in diesem Bereich eine Minderdurchblutung, weshalb die örtlichen Schmerzrezeptoren Alarm schlagen. Der Schmerzkreislauf beginnt.
Lendenwirbelschmerzen, die einhergehen mit Symptomen, wie Fieber, Abgeschlagenheit, Gelenkschmerzen und Nervenstörungen sind eine akute Angelegenheit, die so schnell wie möglich ärztlich abgeklärt werden muss.
Stoffwechselerkrankungen als Ursache
Unter anderem kommen Rachitis und Osteomalazie als mögliche Ursachen für Lendenwirbelschmerzen in Betracht. Beide Erkrankungen bezeichnen eine Knochenerweichung bei der die Härte des Skeletts abnimmt. Rachitis ist eine kindliche Erkrankung, wogegen Osteomalazie das Erwachsenenalter betrifft. Bei beiden Formen gilt Vitamin-D-Mangel als Ursache. Vitamin D ist unerlässlich für den Calciumeinstrom in den Knochen. Der Mangel an diesem Vitamin führt in jungen Jahren zu Wachstumsstörungen und bei Erwachsenen zu Verformungen des Brustkorbs und der Wirbel. Sowohl die Rachitis als auch die Osteomalazie gehen mit Schmerzen im Bereich der Lendenwirbelsäule einher.
Eine weitere Erkrankung, die mit Lendenwirbelschmerzen verbunden sein kann, ist die Osteoporose. Dabei ist das Gleichgewicht zwischen Aufbau und Abbau der Knochen gestört und der Abbau überwiegt. Die Knochen neigen dazu, leichter zu brechen. Hiervon sind unter Umständen auch die Wirbel betroffen sein, was massive Rückenschmerzen zur Folge haben kann.
Diagnose bei LWS-Schmerzen
Um die Ursachen für die Beschwerden abzuklären sind eine gründliche Anamnese sowie körperliche und neurologische Untersuchungen wichtig. Meist wird, um zum Beispiel einen Bandscheibenvorfall auszuschließen, ein MRT angeordnet. Weitere bildgebende Verfahren, die bei der Diagnose angewendet werden, sind CT, Ultraschall und Röntgen. Eventuell ist auch die Überweisung an einen Neurologen angezeigt.
Behandlung von Schmerzen in der Lendenwirbelsäule
Hier steht die Behandlung der Ursache im Vordergrund. Bei akuten Lendenwirbelschmerzen werden anfangs etwas Schonung und orale Schmerzmittel verordnet oder aber Injektionen mit Lokalanästhetika oder Analgetika (schmerzstillende Medikamente) durchgeführt. Auch kommen Antiphlogisitka (Medikamente, die anti entzündlich wirken), wie zum Beispiel Cortison zum Einsatz.
Liegt eine massive Muskelverspannung vor, so helfen Muskelrelaxantien (Medikamente, die die Muskeln entspannen). Die kurzfristige Einnahme eines Schmerzmittels unterbricht den Schmerzkreislauf, der Patient kann sich besser entspannen und verlässt seine Schonhaltung, wodurch die Muskulatur entlastet wird. Auch wird bei Schmerzen an der Lendenwirbelsäule Wärme meistens als wohltuend empfunden. Spezielle Wärmepflaster können hier Linderung verschaffen.
Die sogenannte Stufenbettlagerung entlastet die Lendenwirbelsäule. Dabei sollte der Rücken ganz flach auf einer Unterlage und Unterschenkel dazu parallel, das heißt Ober- und Unterschenkel zueinander im rechten Winkel, liegen. Dies wird am besten mehrmals täglich, mithilfe von Kissen oder zusammengefalteten Decken, durchgeführt. Ruhe entlastet zwar die Wirbelsäule, doch längeres Liegen kann mitunter die Beschwerden noch verschlimmern, da die Muskulatur Bewegung braucht.
In den meisten Fällen wird bei Lendenwirbelschmerzen eine individuell angepasste Physiotherapie verordnet. Massagen, Elektrotherapie und manuelle Therapie gehören ebenso dazu. Den Patienten wird moderater Sport empfohlen, vor allem der gezielte Aufbau von Rücken- und Bauchmuskulatur. Viele gesetzliche Krankenkassen bieten Kurse an, in denen gezielt etwas für die Schwachstelle Rücken getan werden kann. In manchen Fällen, zum Beispiel bei Vorliegen einer schont fortgeschrittenen Osteoporose, ist ein Stützmieder eine gute Hilfe. In seltenen Fällen wird eine Operation nötig, vor allem, wenn bereits Lähmungen eingetreten sind.
Naturheilkunde bei Lendenwirbelschmerzen
Meist stehen bei Schmerzen im Lendenwirbelbereich Muskelverspannungen an erster Stelle. Schröpfen und die Baunscheidttherapie regen die Durchblutung an und steigern den Gewebestoffwechsel, wirken den Verspannungen entgegen und können so die Schmerzen lindern. Auch eine Schröpfmassage mit durchblutungsfördernden und wärmenden Ölen trägt zur Linderung der Beschwerden bei.
Die anthroposophische Medizin verfügt in ihrem Portfolio ebenfalls über eine große Anzahl geeigneter Präparate, die sowohl innerlich als auch als Injektion bei Lendenwirbelschmerzen verabreicht werden können. Die Homöopathie bietet ebenfalls Möglichkeiten zur Behandlung des LWS-Syndroms. Um das richtige homöopathische Mittel zu finden, muss jedoch ausreichend repertorisiert (Technik der homöopathischen Mittelwahl) werden. Dazu sind vor allem die Art und Dauer der Schmerzen, die Tageszeit und dessen Ausbreitungsgebiet mit ins Kalkül zu ziehen. Homöopathische Mittel, wie Aconitum, Bryonia Colocynthis, Rhus toxicodendron werden bei Schmerzen an der Lendenwirbelsäule häufiger eingesetzt.
Auch durch gezielte Griffe der Chiropraktik oder Osteopathie können Blockaden gelöst und damit die Beschwerden gelindert werden. Gerade bei akuter Symptomatik ist der Einsatz der Neuraltherapie oft hilfreich. Dabei wird ein Lokalanästhetikum infiltriert, wodurch der Schmerz gemildert, die Durchblutung verstärkt und somit die Gelenke auch beweglicher werden.
Die Fußreflexzonenmassage behandelt fern ab dem Beschwerdegebiet, kann den Patienten mit LWS-Syndrom jedoch gerade in akuten Phasen große Erleichterung bringen. Gleiches gilt für Methoden der Traditionellen Chinesischen Medizin, wie beispielsweise die Akupunktur.
Äußerliche Einreibungen mit Arnikaöl, Johanniskrautöl oder Rosmarinöl runden die naturheilkundliche Therapie der Lendenwirbelschmerzen ab.
Die aktive Mitarbeit des Patienten gehört in der Naturheilkundlichen Praxis zu einer erfolgreichen Therapie. Gerade bei Rückenschmerzen sollten Betroffene selbst durch regelmäßige, gezielte Bewegung ihre Muskulatur stärken. Haltungsfehler sind zu korrigieren und im Zweifelsall ist der gesamte Tagesablauf zu überdenken. Das richtige Tragen und Hochheben eines schweren Gegenstandes muss mit der Zeit verinnerlicht werden. Tägliche gezielte Gymnastik, ausreichend Bewegung und der Abbau von Körpergewicht unterstützen die Therapie.
Lendenwirbelschmerzen vorbeugen
Rückenfreundliches Aufstehen, sowohl aus dem Liegen als aus dem Sitzen will gelernt sein. Die Bauchmuskulatur sollte dabei stets angespannt und Arme und Beine zum Abstützen mit einbezogen werden. Das Aufstehen aus der Liegeposition erfolgt durch ein Drehen auf die Seite, seitliches Aufrichten mit Hilfe der Arme, sodass zuerst die Sitzposition eingenommen wird, bevor sich die Betroffenen in die Vertikale begeben. Das Hochheben eines Gegenstandes geschieht stets aufrecht aus der Hocke heraus. Niemals wird in gebückter Haltung eine Arbeit verrichtet, der Rücken sollt stets gerade sein.
Wichtig ist auch, auf gutes, bequemes Schuhwerk zu achten. Des Weiteren wird empfohlen nie länger als dreißig Minuten in der selben Haltung zu verharren. Lockerungsübungen sollten in den Alltag integriert werden, denn sie helfen, Verspannungen zu vermeiden. Übergewicht ist – wenn möglich – anzubauen, damit der Rücken diese Last nicht tragen muss. Darüber hinaus wird regelmäßiger, moderater Sport und gezielter Muskelaufbau angeraten. (sw)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Bundesärztekammer (BÄK), Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF): Nationale Versorgungsleitlinie Nicht-spezifischer Kreuzschmerz – Langfassung, 2. Auflage, Version 1, 2017, (Abruf 02.09.2019), AWMF
- Jan Hildebrandt, Michael Pfingsten: Rückenschmerz und Lendenwirbelsäule, Urban & Fischer Verlag, Elsevier GmbH, 2. Auflage, 2011
- Hans-Dieter Kempf: Die Neue Rückenschule, Springer Verlag, 2. Auflage, 2014
- Jürgen Krämer, Joachim Grifka: Orthopädie, Unfallchirurgie, Springer-Verlag Berlin Heidelberg, 9. Auflage, 2013
- Bernhard Greitemann et al.: S2k-Leitlinie zur konservativen und rehabilitativen Versorgung bei Bandscheibenvorfällen mit radikulärer Symptomatik, Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie (DGOOC), (Abruf 02.09.2019), AWMF
- Dietmar Wottke: Die große orthopädische Rückenschule, Springer Verlag, 1. Auflage, 2004
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.