Eine Muskelschwäche zeigt sich, wenn wir uns nicht mehr so bewegen können, wie wir wollen, weil unsere Muskelkraft und Muskelspannung nachlassen. Mediziner sprechen von Myasthenie.
Inhaltsverzeichnis
Gestörte Nervenimpulse
Leiden Sie unter Muskelschwäche? Dann funktioniert die Übertragung der Signale vom Nerv auf den Muskel nicht mehr so, wie sie es soll.
Im Normalfall wird Acetylcholin (ACh) ausgeschüttet, wenn ein Nervenimpuls das Nervenende erreicht. Der Stoff dockt an Ach-Rezeptoren im Muskeln an. Dadurch zieht sich der Muskel zusammen. Darauf löst sich das ACh von den Rezeptoren, die Cholinesterase baut den Überträgerstoff ab, und die Nervenenden nehmen ihn auf. ACh baut sich wieder auf, und der Vorgang wiederholt sich.
Bei einer Myasthenia gravis entstehen Antikörper, die sich an den Rezeptor im Muskel binden, so wie der Überträgerstoff. Doch diese Antikörper können keine Kontraktion des Muskels auslösen, versperren aber die Rezeptoren für das ACh.
Das ACh wird abgebaut, doch die Antikörper bleiben. Resultat: Die Kraft der Muskeln sinkt. Bildet sich das ACh neu, können die Muskeln wieder voll arbeiten.
Der Thymus
Der Thymus ist ein Organ des Immunsystems hinter dem Brustbein. Muskelschwäche hängt häufig mit Störungen des Thymus zusammen. Immerhin 15 % der an Muskelschwäche Leidenden haben Tumore am Thymus, so genannte Thymone.
Symptome
Typisch ist eine Muskelschwäche, die am Abend stärker wird und dann vorüber geht – ohne Schmerzen. Weit verbreitet ist eine okuläre Myasthenie, bei der die Betroffenen Doppelbilder sehen oder ihnen ein Augenlid herab hängt.
Schwerer wiegt eine generalisierte Myasthenie. Hier können sämtliche Muskeln des Skeletts beteiligt sein, vor allem die Muskeln an Armen und Beinen, aber auch die Muskeln, die das Sprechen und Schlucken ermöglichen.
Wer darunter leidet, hat Probleme, aus dem Bett aufzustehen, Treppen zu steigen oder die Wäsche aus der Maschine zu holen.
Betrifft die Myasthenie den Schlund oder die Atemmuskeln, dann führt das zu Problemen beim Kauen, zu häufigen Verschlucken und zu Nuscheln, zu einer tonlosen Stimme, leichtem Husten oder hastigem Atmen während des Sprechens. Im Ernstfall kann es zu einer Atemlähmung und schweren Schluckstörungen kommen.
Die Beschwerden zeigen sich sehr unterschiedlich: Manche fühlen sich nur etwas schwächer als gewöhnlich, andere sind so kraftlos, als seien sie gelähmt.
Eine generelle muskuläre Schwäche zeigt sich entweder als dauernde Schlappheit oder durch sehr schnelle Ermüdung bei körperlicher Arbeit.
Die spezifischen Symptome verweisen auf die Ursache. Tritt die Myasthenie plötzlich auf, dann liegt vermutlich eine akute Infektion oder ein Schlaganfall vor. Eine Muskelschwäche, die sich langsamer anbahnt, legt einen anderen Verdacht nahe: Mineralstoffmangel, rheumatische Erkrankungen oder Nebenwirkungen von Medikamenten. Werden die Beschwerden hingegen immer stärker, dann verweist das auf für genetisch bedingte Erkrankungen der Muskeln oder für Krankheiten des Stoffwechsels.
Symptome für Muskelschwäche sind: Muskelzittern, Muskelschmerzen, Lähmungen, Gangstörungen, Sehstörungen, Sprach-, Schluck- und Bewusstseinsstörungen.
Ursachen
Muskelschwäche kann ebenso harmlose Ursachen haben wie lebensbedrohliche. Eine muskuläre Schwäche kann viele Ursachen haben. Zu den harmlosen Auslösern gehören eine ungesunde Ernährung und daraus folgender Mineralstoffmangel, Bewegungsmangel oder Alter.
Hinzu kommen Infektionen, Krankheiten des Nervensystems und der Muskeln oder ein Schlaganfall sowie genetisch bedingte Erkrankungen und psychische Störungen.
Die häufigste Ursache ist eine Überlastung der Muskeln, der Muskelkater oder ein Muskelfaserriss.
Erkrankungen der Nerven oder Muskeln, die Muskelschwäche auslösen, sind Muskelentzündung, Muskleschwund, Amyotrophe Lateralsklerose, schwere Muskelschwäche, beschädigte Nerven bei Diabetikern und Alkoholikern, Kinderlähmung, Borreliose, Multiple Sklerose, Parkinson, Bandscheibenvorfall, Schlaganfall, Weichteilrheuma, Down-Syndrom, Hirnhautentzündung, Gehirnentzündung, Hirn- und Rückenmarkstumor.
Dazu kommen Krankheiten, die nicht spezifisch die Nerven oder Muskeln betreffen: Infektionserkrankungen wie Grippe, Blutarmut, Schilddrüsen-Unterfunktion, Thrombosen, Depression.
Magnesiummangel
Magnesium ist notwendig für den Elektrolysehaushalt, und wenn dieser nicht funktioniert, können die Muskeln nicht arbeiten. Wenn dem Körper Magnesium fehlt, sorgt das deshalb für Muskelschwäche.
Ein wichtiges Symptom für Magnesiummangel sind Muskelkrämpfe, die die Muskelschwäche begleiten. Sie treten meist nachts auf, das dann der sowieso schon niedrige Magnesiumspiegel weiter sinkt. Weil Magnesium nötig ist, um Muskeln zu entspannen, verkrampfen sie sich, wenn zu wenig davon da ist.
Vorsorge
Liegt keine schwere Grunderkrankung vor, lässt sich Muskelschwäche mit einfachen Mitteln vorbeugen: Reduzieren Sie ihren Zigaretten- wie Alkoholkonsum und schlafen Sie ausreichend. Wenn Sie bereist unter Muskelschwäche leiden, hilft ein Krafttraining für den Muskelaufbau.
Chronische Krankheiten wie Multiple Sklerose lassen sich nicht durch Vorbeugung bekämpfen. Trotzdem hilft auch hier eine gesunde Ernährung dabei, die Muskelschwäche einzugrenzen.
Liegt die Myasthenie an zu starker Belastung der Muskeln, dann hilft Erholung. Legen Sie regelmäßig Ruhepausen ein.
Diagnose
Wenn Sie ihre Schwäche nicht erklären können zum Beispiel als Folge von Sport, harter körperlicher Arbeit oder Bettlägerigkeit, dann sollten sie unbedingt zu einem Arzt, weil eine schwere Erkrankung sich so ausdrücken kann. Treten die Beschwerden plötzlich auf, sollten Sie sofort in ein Krankenhaus – es könnte sich um einen Schlaganfall handeln.
Der Hausarzt befragt Sie zunächst nach der Krankengeschichte, betrachtet Sie, tastet Sie ab, hört Sie ab, klopft Sie ab und prüft die lebenswichtigen Funktionen. Liegt der Verdacht auf eine Basiserkrankung vor, folgen spezifische Untersuchungen, um diese Krankheit zu erkennen.
Der Arzt fragt, wann die Muskelschwäche zuerst auftrat und zu welchen Zeiten sie erscheint, welche Muskeln betroffen sind, ob sie plötzlich oder allmählich kam, ob Sie sich an einen möglichen Auslöser erinnern können wie an Symptome nach übermäßigem Kraftsport.
Weiter interessiert für die Diagnose, ob Sie an Vor- oder Begleiterkrankungen leiden, ob Sie Operationen oder Unfälle hinter sich hatten, ob in ihrer Familie ähnliche Beschwerden auftraten.
Reagieren Sie allergisch auf bestimmte Dinge, nehmen Sie Medikamente ein, sind Sie im Beruf viel körperlichem oder psychischem Stress ausgesetzt? Bewegen Sie sich ausreichend, ernähren Sie sich ausgewogen, schlafen Sie genug, trinken Sie viel Kaffee, rauchen Sie, nehmen Sie Alkohol oder Drogen? All dies ist wichtig, um ein Krankheitsbild zu erstellen.
Der Arzt prüft jetzt mit seiner eigenen Kraft, wie stark einzelne Muskeln des Patienten sind, zum Beispiel, indem der Betroffene den Arm im Ellbogen beugt. Ob die Muskelschwäche von Belastung abhängig ist, lässt sich nachprüfen, indem der Patient zum Beispiel immer wieder Papier zusammen knüllt.
Übungen wie Aufstehen aus der Hocke, Schreiben, Stehen oder Gehen zeigen, ob die Skelettmuskeln gestört sind.
Der Arzt prüft außerdem Nervenfunktionen, Reflexe, Berührungen und den Bewegungsablauf. Hinzu kommen bei Verdacht auf spezifische Erkrankungen eine Blutuntersuchung, ein Messen der Nervenleitgeschwindigkeit, indem der Arzt die Nerven elektrisch reizt, ein Messen der Muskelströme, dass belegt, ob die Muskeln intakt sind, es sich also um ein Nervenproblem handelt. Gewebeproben und Gen-Untersuchungen, sowie Computertomographie kommen eventuell hinzu.
Therapie bei Muskelschwäche
Bei Basiserkrankungen müssen diese in Angriff genommen werden. Der Facharzt entfernt zum Beispiel Thymome in einer Operation oder Strahlentherapie.
Medikamente, die das Immunsystem bremsen, verhindern, dass sich Antikörper bilden. Dazu zählen Corticosteroide mit Azathioprin. Ist die Muskelschwäche „nur“ ein Symptom, dann empfiehlt es sich dennoch, dieses Symptom zu lindern. Pyridostigmin und Neostigmin stoppen den Abbau von ACh zwischen Muskel und Nerv. Eine Plasmapherese säubert das Blut von Antikörpern.
Behandlung der Basiserkrankung
Diese ist abhängig von der Krankheit. Bei Bandscheibenvorfall ist eine Operation angesagt, bei Mineralstoffmangel zum Beispiel ein Eisen- oder Vitaminpräparat. Bei Muskelentzündungen sollten entzündungshemmende Medikamente zum Einsatz kommen.
Erbliche Muskelerkrankungen lassen sich in der Regel nicht an der Ursache bekämpfen. Hier dient die Behandlung dazu, die Muskelschwäche selbst zu lindern.
Krankengymnastik
Krankengymnastik begleitet sämtliche Therapien von Muskelschwäche, unabhängig von der Ursache. Auch Massagen, Wärmebehandlungen und Wechselbäder verbessern den Zustand der Muskeln.
Das Lambert-Eaton-Syndrom
Das Lambert-Eaton-Syndrom entsteht durch Antikörper am Nervenende, die das Ausschütten von ACh verhindern.
Es handelt sich nicht um eine eigenständige Krankheit, sondern um eine Begleiterscheinung von Krebs, insbesondere von Bronchialtumoren. Oft zeigt sich die Muskelschwäche an den Beinen. Als Medikament hat sich 3,4-Diaminopyridin als erfolgreich erwiesen.
Medikamente
Wer unter Muskelschwäche leidet, sollte prüfen, ob er Medikamente einnimmt, die seine Beschwerden verstärken. Das sind unter anderem Aminoglykoside, Betablocker, Entwässerungsmittel und Muskelrelaxanzien. (Dr. Utz Anhalt)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Deutsche Myasthenie Gesellschaft e.V.: Lambert-Eaton Syndrom, (Abruf 09.09.2019), DMG
- Christoph Raschka, Stephanie Ruf: Sport und Ernährung, Thieme Verlag, 3. Auflage, 2017
- Michael Benatar: Myasthenia Gravis and Myasthenic Disorders, Neurology Jul 2013, 81 (1) 99; DOI: 10.1212/WNL.0b013e318297ef4d, (Abruf 09.09.2019), neurology
- D. Heuß et al.: Diagnostik und Differenzialdiagnose bei Myalgien, Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN), (Abruf 09.09.2019), DGN
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.